Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.hatten sie die Sitte, es mit der Länge der Zeit immer wieder auszubessern und nicht verderben zu lassen; nur die erbeuteten Waffen ließ man verwittern. Ein schöner Zug, weil in ihm die Versöhnung lag. Bei uns würde gerade das Gegentheil geschehen; die Flinten und Kanonen, die wir von unsern Feinden erbeutet haben, werden in den Arsenälen fortwährend blank wieder aufgepuzt; ja man würde selbst die zerschossenen Fahnen der Feinde wieder zusammennähen lassen, wenn man sich nicht lächerlich machte. Alle Priester durften schwören, nur der Priester Jupiters nicht; denn ist nicht jeder Eid ein Fluch? Wird nicht wenigstens Eines mit ihm verwünscht, nämlich der Meineid? Den Tempel der Ermunterung ließen die Römer beständig offen. Und um von dem Priester Jupiters noch einmal zu reden; wenn er Wittwer geworden war, so mußte er sein Amt niederlegen, ganz entgegengesezt der katholischen Lehre, wo man sein Amt niederlegen muß, wenn man sich verheirathet. Daß man auch sonst die Frauen sehr in Ehren hielt, ersieht man daraus, daß man unbestimmt ließ, ob der oberste Schutzgott Roms männlichen oder weiblichen Geschlechts war. Oder schämten sich vielleicht die Römer doch, daß man den obersten Gott der Römer mit der Erde verwechseln und ihn dem weiblichen Geschlechte zurechnen würde? Aus den Speisezimmern durfte bei den Römern kein Tisch leer weggetragen werden, sondern durchaus mußte noch etwas darauf seyn, weil es für hatten sie die Sitte, es mit der Länge der Zeit immer wieder auszubessern und nicht verderben zu lassen; nur die erbeuteten Waffen ließ man verwittern. Ein schöner Zug, weil in ihm die Versöhnung lag. Bei uns würde gerade das Gegentheil geschehen; die Flinten und Kanonen, die wir von unsern Feinden erbeutet haben, werden in den Arsenälen fortwährend blank wieder aufgepuzt; ja man würde selbst die zerschossenen Fahnen der Feinde wieder zusammennähen lassen, wenn man sich nicht lächerlich machte. Alle Priester durften schwören, nur der Priester Jupiters nicht; denn ist nicht jeder Eid ein Fluch? Wird nicht wenigstens Eines mit ihm verwünscht, nämlich der Meineid? Den Tempel der Ermunterung ließen die Römer beständig offen. Und um von dem Priester Jupiters noch einmal zu reden; wenn er Wittwer geworden war, so mußte er sein Amt niederlegen, ganz entgegengesezt der katholischen Lehre, wo man sein Amt niederlegen muß, wenn man sich verheirathet. Daß man auch sonst die Frauen sehr in Ehren hielt, ersieht man daraus, daß man unbestimmt ließ, ob der oberste Schutzgott Roms männlichen oder weiblichen Geschlechts war. Oder schämten sich vielleicht die Römer doch, daß man den obersten Gott der Römer mit der Erde verwechseln und ihn dem weiblichen Geschlechte zurechnen würde? Aus den Speisezimmern durfte bei den Römern kein Tisch leer weggetragen werden, sondern durchaus mußte noch etwas darauf seyn, weil es für <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014" n="12"/> hatten sie die Sitte, es mit der Länge der Zeit immer wieder auszubessern und nicht verderben zu lassen; nur die erbeuteten <hi rendition="#g">Waffen</hi> ließ man verwittern. Ein schöner Zug, weil in ihm die Versöhnung lag. Bei uns würde gerade das Gegentheil geschehen; die Flinten und Kanonen, die wir von unsern Feinden erbeutet haben, werden in den Arsenälen fortwährend blank wieder aufgepuzt; ja man würde selbst die zerschossenen Fahnen der Feinde wieder zusammennähen lassen, wenn man sich nicht lächerlich machte. Alle Priester durften schwören, nur der Priester Jupiters nicht; denn ist nicht jeder Eid ein Fluch? Wird nicht wenigstens Eines mit ihm verwünscht, nämlich der Meineid? Den Tempel der Ermunterung ließen die Römer beständig offen. Und um von dem Priester Jupiters noch einmal zu reden; wenn er Wittwer geworden war, so mußte er sein Amt niederlegen, ganz entgegengesezt der katholischen Lehre, wo man sein Amt niederlegen muß, wenn man sich verheirathet. Daß man auch sonst die Frauen sehr in Ehren hielt, ersieht man daraus, daß man unbestimmt ließ, ob der oberste Schutzgott Roms männlichen oder weiblichen Geschlechts war. Oder schämten sich vielleicht die Römer doch, daß man den obersten Gott der Römer mit der <hi rendition="#g">Erde</hi> verwechseln und ihn dem weiblichen Geschlechte zurechnen würde? Aus den Speisezimmern durfte bei den Römern kein Tisch leer weggetragen werden, sondern durchaus mußte noch etwas darauf seyn, weil es für </p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0014]
hatten sie die Sitte, es mit der Länge der Zeit immer wieder auszubessern und nicht verderben zu lassen; nur die erbeuteten Waffen ließ man verwittern. Ein schöner Zug, weil in ihm die Versöhnung lag. Bei uns würde gerade das Gegentheil geschehen; die Flinten und Kanonen, die wir von unsern Feinden erbeutet haben, werden in den Arsenälen fortwährend blank wieder aufgepuzt; ja man würde selbst die zerschossenen Fahnen der Feinde wieder zusammennähen lassen, wenn man sich nicht lächerlich machte. Alle Priester durften schwören, nur der Priester Jupiters nicht; denn ist nicht jeder Eid ein Fluch? Wird nicht wenigstens Eines mit ihm verwünscht, nämlich der Meineid? Den Tempel der Ermunterung ließen die Römer beständig offen. Und um von dem Priester Jupiters noch einmal zu reden; wenn er Wittwer geworden war, so mußte er sein Amt niederlegen, ganz entgegengesezt der katholischen Lehre, wo man sein Amt niederlegen muß, wenn man sich verheirathet. Daß man auch sonst die Frauen sehr in Ehren hielt, ersieht man daraus, daß man unbestimmt ließ, ob der oberste Schutzgott Roms männlichen oder weiblichen Geschlechts war. Oder schämten sich vielleicht die Römer doch, daß man den obersten Gott der Römer mit der Erde verwechseln und ihn dem weiblichen Geschlechte zurechnen würde? Aus den Speisezimmern durfte bei den Römern kein Tisch leer weggetragen werden, sondern durchaus mußte noch etwas darauf seyn, weil es für
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-09-13T12:39:16Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |