Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.ungern an, weil ich fürchte, die weißgetünchte Flachheit unseres modernen Maschinen- und Dampfgeistes möchte ihre Stelle einnehmen. Ein Entschluß ist schwierig. Die Gelehrsamkeit der lateinischen Schule wird freilich immer mehr in das Extrem getrieben. Früher traktirte man den Horaz, das neue Testament und einige Dialogen des Plato; die Lehrer waren Theologen, welche, ehe sie ein Vicariat hatten, auf der Schule zurückließen, so viel sie wußten. Jetzt sind es eigens zugerichtete, sogenannte Philologen, die eine Menge von Subtilitäten in die Köpfe der Jugend einschmuggeln und ihnen statt von Pompeji's Untergang zu erzählen und sie vor meinem Romane zu warnen, die ganze Geschichte der Pompejanischen Ausgrabungen hersagen und es versuchen, an etrurischen Nachtgeschirren den Sinn für die Antike zu wecken. Die Jnschriften auf den Marmordiebstählen des Lord Elgin beschäftigen diese Herren mehr, als die klassische Literatur und deren Schönheiten. Jch habe mir diese Menschenklasse auf immer erzürnt, seitdem ich auf dem Kollegium um einen Pedanten zu verspotten, in das Lokalblatt einrücken ließ: "Ergebenste Anfrage an die Herren Philologen! ungern an, weil ich fürchte, die weißgetünchte Flachheit unseres modernen Maschinen- und Dampfgeistes möchte ihre Stelle einnehmen. Ein Entschluß ist schwierig. Die Gelehrsamkeit der lateinischen Schule wird freilich immer mehr in das Extrem getrieben. Früher traktirte man den Horaz, das neue Testament und einige Dialogen des Plato; die Lehrer waren Theologen, welche, ehe sie ein Vicariat hatten, auf der Schule zurückließen, so viel sie wußten. Jetzt sind es eigens zugerichtete, sogenannte Philologen, die eine Menge von Subtilitäten in die Köpfe der Jugend einschmuggeln und ihnen statt von Pompeji’s Untergang zu erzählen und sie vor meinem Romane zu warnen, die ganze Geschichte der Pompejanischen Ausgrabungen hersagen und es versuchen, an etrurischen Nachtgeschirren den Sinn für die Antike zu wecken. Die Jnschriften auf den Marmordiebstählen des Lord Elgin beschäftigen diese Herren mehr, als die klassische Literatur und deren Schönheiten. Jch habe mir diese Menschenklasse auf immer erzürnt, seitdem ich auf dem Kollegium um einen Pedanten zu verspotten, in das Lokalblatt einrücken ließ: "Ergebenste Anfrage an die Herren Philologen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0050" n="22"/> ungern an, weil ich fürchte, die weißgetünchte Flachheit unseres modernen Maschinen- und Dampfgeistes möchte ihre Stelle einnehmen. Ein Entschluß ist schwierig. Die Gelehrsamkeit der lateinischen Schule wird freilich immer mehr in das Extrem getrieben. Früher traktirte man den Horaz, das neue Testament und einige Dialogen des Plato; die Lehrer waren Theologen, welche, ehe sie ein Vicariat hatten, auf der Schule zurückließen, so viel sie wußten. Jetzt sind es eigens zugerichtete, sogenannte Philologen, die eine Menge von Subtilitäten in die Köpfe der Jugend einschmuggeln und ihnen statt von Pompeji’s Untergang zu erzählen und sie vor meinem Romane zu warnen, die ganze Geschichte der Pompejanischen Ausgrabungen hersagen und es versuchen, an etrurischen Nachtgeschirren den Sinn für die Antike zu wecken. Die Jnschriften auf den Marmordiebstählen des Lord Elgin beschäftigen diese Herren mehr, als die klassische Literatur und deren Schönheiten. Jch habe mir diese Menschenklasse auf immer erzürnt, seitdem ich auf dem Kollegium um einen Pedanten zu verspotten, in das Lokalblatt einrücken ließ:</p> <p>"Ergebenste Anfrage an die Herren Philologen!<lb/><hi rendition="#et"> "Ein junger Gentleman, der von seinen Eltern und Hof-<lb/> "meistern eine dringende Vermahnung zum Anstande mit<lb/> "auf die Lebensbahn bekommen hat, wünscht sich dem<lb/> "Alterthume zu widmen und fordert alle Lehrer desselben<lb/> "auf, sich unter der Bedingung bei ihm zu melden, daß<lb/> „ </hi></p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0050]
ungern an, weil ich fürchte, die weißgetünchte Flachheit unseres modernen Maschinen- und Dampfgeistes möchte ihre Stelle einnehmen. Ein Entschluß ist schwierig. Die Gelehrsamkeit der lateinischen Schule wird freilich immer mehr in das Extrem getrieben. Früher traktirte man den Horaz, das neue Testament und einige Dialogen des Plato; die Lehrer waren Theologen, welche, ehe sie ein Vicariat hatten, auf der Schule zurückließen, so viel sie wußten. Jetzt sind es eigens zugerichtete, sogenannte Philologen, die eine Menge von Subtilitäten in die Köpfe der Jugend einschmuggeln und ihnen statt von Pompeji’s Untergang zu erzählen und sie vor meinem Romane zu warnen, die ganze Geschichte der Pompejanischen Ausgrabungen hersagen und es versuchen, an etrurischen Nachtgeschirren den Sinn für die Antike zu wecken. Die Jnschriften auf den Marmordiebstählen des Lord Elgin beschäftigen diese Herren mehr, als die klassische Literatur und deren Schönheiten. Jch habe mir diese Menschenklasse auf immer erzürnt, seitdem ich auf dem Kollegium um einen Pedanten zu verspotten, in das Lokalblatt einrücken ließ:
"Ergebenste Anfrage an die Herren Philologen!
"Ein junger Gentleman, der von seinen Eltern und Hof-
"meistern eine dringende Vermahnung zum Anstande mit
"auf die Lebensbahn bekommen hat, wünscht sich dem
"Alterthume zu widmen und fordert alle Lehrer desselben
"auf, sich unter der Bedingung bei ihm zu melden, daß
„
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-09-13T12:39:16Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |