Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.sagte er, den ganzen Pack, den ich mir mit Nachschlüsseln und einer übrigens widerrechtlichen Visitation seiner Zimmer angeeignet hätte, zum Theil im Hause versteckt gefunden, zum Theil bestünde er aus den vielen Exemplaren des Pasquills, die er aus Mitleid für die Herrschaft auf Flur und Treppe, hinter Oefen und Thüren, hinter spanischen Wänden und Schränken hervorgezogen hätte, da der Satirist wie Arsenik gegen die Ratten im Hause zerstreut gewesen wäre. Bei dieser wohl erfundenen Aussage beharrte er. Sie band er auch meiner Schwester auf. Jch wurde noch dazu scheel angesehen, daß ich die Treue eines so hingebenden und sich aufopfernden Bedienten verkennen wollte, und mußte sowohl meine Anklage zurücknehmen, wie auch den schon brennenden Scheiterhaufen von Verwünschungen, den ich dem überwiesenen Verräther zugedacht hatte, wieder auslöschen. Jn dem fortan gänzlichen Unterbleiben des Spukes wurde mir die glänzendste Genugthuung; allein meine Verwandten waren zu verblendet, als daß sie sie mir hätten widerfahren lassen. Ein eigenthümlicher Zug meiner Schwester und ihrer Töchter, den ich sehr gebilligt hätte, wär' er aus einem starken und schuldlosen Herzen gekommen, war ihre leichte Aussöhnung. Jch hatte sie oft den einen Tag einen Herrn oder eine Dame aus der vornehmen Welt verwünschen hören und erfuhr Tags darauf, daß sie dort einen Besuch gemacht oder mit aller Freundlichkeit empfangen hätten. Jch war nach vielen Anzeigen sicher, daß sagte er, den ganzen Pack, den ich mir mit Nachschlüsseln und einer übrigens widerrechtlichen Visitation seiner Zimmer angeeignet hätte, zum Theil im Hause versteckt gefunden, zum Theil bestünde er aus den vielen Exemplaren des Pasquills, die er aus Mitleid für die Herrschaft auf Flur und Treppe, hinter Oefen und Thüren, hinter spanischen Wänden und Schränken hervorgezogen hätte, da der Satirist wie Arsenik gegen die Ratten im Hause zerstreut gewesen wäre. Bei dieser wohl erfundenen Aussage beharrte er. Sie band er auch meiner Schwester auf. Jch wurde noch dazu scheel angesehen, daß ich die Treue eines so hingebenden und sich aufopfernden Bedienten verkennen wollte, und mußte sowohl meine Anklage zurücknehmen, wie auch den schon brennenden Scheiterhaufen von Verwünschungen, den ich dem überwiesenen Verräther zugedacht hatte, wieder auslöschen. Jn dem fortan gänzlichen Unterbleiben des Spukes wurde mir die glänzendste Genugthuung; allein meine Verwandten waren zu verblendet, als daß sie sie mir hätten widerfahren lassen. Ein eigenthümlicher Zug meiner Schwester und ihrer Töchter, den ich sehr gebilligt hätte, wär’ er aus einem starken und schuldlosen Herzen gekommen, war ihre leichte Aussöhnung. Jch hatte sie oft den einen Tag einen Herrn oder eine Dame aus der vornehmen Welt verwünschen hören und erfuhr Tags darauf, daß sie dort einen Besuch gemacht oder mit aller Freundlichkeit empfangen hätten. Jch war nach vielen Anzeigen sicher, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0493" n="465"/> sagte er, den ganzen Pack, den ich mir mit Nachschlüsseln und einer übrigens widerrechtlichen Visitation seiner Zimmer angeeignet hätte, zum Theil im Hause versteckt gefunden, zum Theil bestünde er aus den vielen Exemplaren des Pasquills, die er aus Mitleid für die Herrschaft auf Flur und Treppe, hinter Oefen und Thüren, hinter spanischen Wänden und Schränken hervorgezogen hätte, da der Satirist wie Arsenik gegen die Ratten im Hause zerstreut gewesen wäre. Bei dieser wohl erfundenen Aussage beharrte er. Sie band er auch meiner Schwester auf. Jch wurde noch dazu scheel angesehen, daß ich die Treue eines so hingebenden und sich aufopfernden Bedienten verkennen wollte, und mußte sowohl meine Anklage zurücknehmen, wie auch den schon brennenden Scheiterhaufen von Verwünschungen, den ich dem überwiesenen Verräther zugedacht hatte, wieder auslöschen. Jn dem fortan gänzlichen Unterbleiben des Spukes wurde mir die glänzendste Genugthuung; allein meine Verwandten waren zu verblendet, als daß sie sie mir hätten widerfahren lassen.</p> <p>Ein eigenthümlicher Zug meiner Schwester und ihrer Töchter, den ich sehr gebilligt hätte, wär’ er aus einem starken und schuldlosen Herzen gekommen, war ihre leichte Aussöhnung. Jch hatte sie oft den einen Tag einen Herrn oder eine Dame aus der vornehmen Welt verwünschen hören und erfuhr Tags darauf, daß sie dort einen Besuch <hi rendition="#g">gemacht</hi> oder mit aller Freundlichkeit empfangen hätten. Jch war nach vielen Anzeigen sicher, daß </p> </div> </body> </text> </TEI> [465/0493]
sagte er, den ganzen Pack, den ich mir mit Nachschlüsseln und einer übrigens widerrechtlichen Visitation seiner Zimmer angeeignet hätte, zum Theil im Hause versteckt gefunden, zum Theil bestünde er aus den vielen Exemplaren des Pasquills, die er aus Mitleid für die Herrschaft auf Flur und Treppe, hinter Oefen und Thüren, hinter spanischen Wänden und Schränken hervorgezogen hätte, da der Satirist wie Arsenik gegen die Ratten im Hause zerstreut gewesen wäre. Bei dieser wohl erfundenen Aussage beharrte er. Sie band er auch meiner Schwester auf. Jch wurde noch dazu scheel angesehen, daß ich die Treue eines so hingebenden und sich aufopfernden Bedienten verkennen wollte, und mußte sowohl meine Anklage zurücknehmen, wie auch den schon brennenden Scheiterhaufen von Verwünschungen, den ich dem überwiesenen Verräther zugedacht hatte, wieder auslöschen. Jn dem fortan gänzlichen Unterbleiben des Spukes wurde mir die glänzendste Genugthuung; allein meine Verwandten waren zu verblendet, als daß sie sie mir hätten widerfahren lassen.
Ein eigenthümlicher Zug meiner Schwester und ihrer Töchter, den ich sehr gebilligt hätte, wär’ er aus einem starken und schuldlosen Herzen gekommen, war ihre leichte Aussöhnung. Jch hatte sie oft den einen Tag einen Herrn oder eine Dame aus der vornehmen Welt verwünschen hören und erfuhr Tags darauf, daß sie dort einen Besuch gemacht oder mit aller Freundlichkeit empfangen hätten. Jch war nach vielen Anzeigen sicher, daß
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/493>, abgerufen am 28.07.2024. |