Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.erhitzt und ermüdet, alle in der nämlichen abgespannten Stimmung, die immer die Folge ihrer Ballvergnügungen war. Jch eröffnete meiner Schwester die gemachte Entdeckung und hoffte sie schon durch das bloße Faktum in Harnisch zu bringen. Allein das große Paquet war für sie und die Mädchen weit eher ein Stein, der vom Herzen, als auf's Herz fiel. Sie dankten Gott, daß Hilary den schlechten Streich begangen und nicht etwa der Herzog von Somerset, die Vicounteß vom Temple, der General Klingenspringer und andere Personen aus der fashionablen Welt, auf deren satirische Umtriebe sie bei Erklärung des Spuks gerathen hatten. Worüber ich in Ohnmacht gesunken wäre, darüber lachten sie. Sie heiterten sich ordentlich auf und brachten mich mit ihren Glückwünschungen, die sie sich unter einander abstatteten, zur Verzweiflung. Kaum daß sie mir erlaubten, Hilary am nächsten Morgen zur Rede zu stellen und nach dem Anstifter zu fragen, der ihn gedungen hätte! Jn der Hoffnung, daß ich mich überzeugen würde, Hilary hätte nur auf Einflüsterung seiner eignen Unart gehandelt, wünschten mir Schwestern und Nichten eine gute Nacht. Am folgenden Morgen war ich eben in Begriff, nach Hilary zu klingeln und ihm sein Kapitel zu lesen, als er schon hereintrat, und zwar mit dem heitersten Antlitz von der Welt. Jch hielt ihm seine Unthat vor; doch war er frech genug, in ein lautes Gelächter auszubrechen und mich mit folgender Lüge zu bedienen. Er hätte, erhitzt und ermüdet, alle in der nämlichen abgespannten Stimmung, die immer die Folge ihrer Ballvergnügungen war. Jch eröffnete meiner Schwester die gemachte Entdeckung und hoffte sie schon durch das bloße Faktum in Harnisch zu bringen. Allein das große Paquet war für sie und die Mädchen weit eher ein Stein, der vom Herzen, als auf’s Herz fiel. Sie dankten Gott, daß Hilary den schlechten Streich begangen und nicht etwa der Herzog von Somerset, die Vicounteß vom Temple, der General Klingenspringer und andere Personen aus der fashionablen Welt, auf deren satirische Umtriebe sie bei Erklärung des Spuks gerathen hatten. Worüber ich in Ohnmacht gesunken wäre, darüber lachten sie. Sie heiterten sich ordentlich auf und brachten mich mit ihren Glückwünschungen, die sie sich unter einander abstatteten, zur Verzweiflung. Kaum daß sie mir erlaubten, Hilary am nächsten Morgen zur Rede zu stellen und nach dem Anstifter zu fragen, der ihn gedungen hätte! Jn der Hoffnung, daß ich mich überzeugen würde, Hilary hätte nur auf Einflüsterung seiner eignen Unart gehandelt, wünschten mir Schwestern und Nichten eine gute Nacht. Am folgenden Morgen war ich eben in Begriff, nach Hilary zu klingeln und ihm sein Kapitel zu lesen, als er schon hereintrat, und zwar mit dem heitersten Antlitz von der Welt. Jch hielt ihm seine Unthat vor; doch war er frech genug, in ein lautes Gelächter auszubrechen und mich mit folgender Lüge zu bedienen. Er hätte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0492" n="464"/> erhitzt und ermüdet, alle in der nämlichen abgespannten Stimmung, die immer die Folge ihrer Ballvergnügungen war. Jch eröffnete meiner Schwester die gemachte Entdeckung und hoffte sie schon durch das bloße Faktum in Harnisch zu bringen. Allein das große Paquet war für sie und die Mädchen weit eher ein Stein, der <hi rendition="#g">vom</hi> Herzen, als <hi rendition="#g">auf’s</hi> Herz fiel. Sie dankten Gott, daß Hilary den schlechten Streich begangen und nicht etwa der Herzog von Somerset, die Vicounteß vom Temple, der General Klingenspringer und andere Personen aus der fashionablen Welt, auf deren satirische Umtriebe sie bei Erklärung des Spuks gerathen hatten. Worüber ich in Ohnmacht gesunken wäre, darüber lachten sie. Sie heiterten sich ordentlich auf und brachten mich mit ihren Glückwünschungen, die sie sich unter einander abstatteten, zur Verzweiflung. Kaum daß sie mir erlaubten, Hilary am nächsten Morgen zur Rede zu stellen und nach dem Anstifter zu fragen, der ihn gedungen hätte! Jn der Hoffnung, daß ich mich überzeugen würde, Hilary hätte nur auf Einflüsterung seiner eignen Unart gehandelt, wünschten mir Schwestern und Nichten eine gute Nacht.</p> <p>Am folgenden Morgen war ich eben in Begriff, nach Hilary zu klingeln und ihm sein Kapitel zu lesen, als er schon hereintrat, und zwar mit dem heitersten Antlitz von der Welt. Jch hielt ihm seine Unthat vor; doch war er frech genug, in ein lautes Gelächter auszubrechen und mich mit folgender Lüge zu bedienen. Er hätte, </p> </div> </body> </text> </TEI> [464/0492]
erhitzt und ermüdet, alle in der nämlichen abgespannten Stimmung, die immer die Folge ihrer Ballvergnügungen war. Jch eröffnete meiner Schwester die gemachte Entdeckung und hoffte sie schon durch das bloße Faktum in Harnisch zu bringen. Allein das große Paquet war für sie und die Mädchen weit eher ein Stein, der vom Herzen, als auf’s Herz fiel. Sie dankten Gott, daß Hilary den schlechten Streich begangen und nicht etwa der Herzog von Somerset, die Vicounteß vom Temple, der General Klingenspringer und andere Personen aus der fashionablen Welt, auf deren satirische Umtriebe sie bei Erklärung des Spuks gerathen hatten. Worüber ich in Ohnmacht gesunken wäre, darüber lachten sie. Sie heiterten sich ordentlich auf und brachten mich mit ihren Glückwünschungen, die sie sich unter einander abstatteten, zur Verzweiflung. Kaum daß sie mir erlaubten, Hilary am nächsten Morgen zur Rede zu stellen und nach dem Anstifter zu fragen, der ihn gedungen hätte! Jn der Hoffnung, daß ich mich überzeugen würde, Hilary hätte nur auf Einflüsterung seiner eignen Unart gehandelt, wünschten mir Schwestern und Nichten eine gute Nacht.
Am folgenden Morgen war ich eben in Begriff, nach Hilary zu klingeln und ihm sein Kapitel zu lesen, als er schon hereintrat, und zwar mit dem heitersten Antlitz von der Welt. Jch hielt ihm seine Unthat vor; doch war er frech genug, in ein lautes Gelächter auszubrechen und mich mit folgender Lüge zu bedienen. Er hätte,
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/492>, abgerufen am 06.07.2024. |