Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

Coquetterie und der Verführung. Jch hielt mir die Hände vor die Augen, als ich dieß Locken und Girren betrachtete, welches meiner Nichte Lettice eine Aehnlichkeit mit den schamlosesten Schauspielerinnen, die nur je außer dem Publikum auch Männer haben locken wollen, eine wahrhaft beweinenswerthe Aehnlichkeit gab; ich wartete das Ende dieser nichtswürdigen Kunststücke nicht ab, sondern ging auf mein Zimmer, um diesen Brief an Sie, ehrwürdiger Freund und Vetter, bis hieher zu vollenden. Fünf von den abgehenden Dienstboten habe ich schon ersetzt; so wie auch noch der Hausknecht und ein passendes Bettmädchen gefunden sind, werd' ich wohl den Augenblick benutzen und aus diesem Gewühl schlechter Sitten mich wieder unter den Schutz meiner ländlichen Einfalt und Abgeschiedenheit begeben .........

Einige Tage später.

- Da bin ich nun doch noch länger geblieben, als ich wollte. Die Verwirrung im Hause meiner Schwester hat so zugenommen, daß ich Bab in ihren Nöthen unmöglich allein lassen konnte. An allen Orten fehlt Trost und Hülfe. Doch will ich, ehrwürdiger Freund und Vetter, dem Zusammenhange meiner Erzählung nicht vorgreifen und Jhnen alles in demselben Verlaufe mittheilen, wie es sich zugetragen hat.

Denken Sie sich aber nur, der häusliche Störenfried war Niemand anders als Hilary. Von ihm ging die Verbreitung der Spottschrift aus. Von ihm kam alle die Angst und Besorgniß, daß man sich nirgends mehr hingetraute,

Coquetterie und der Verführung. Jch hielt mir die Hände vor die Augen, als ich dieß Locken und Girren betrachtete, welches meiner Nichte Lettice eine Aehnlichkeit mit den schamlosesten Schauspielerinnen, die nur je außer dem Publikum auch Männer haben locken wollen, eine wahrhaft beweinenswerthe Aehnlichkeit gab; ich wartete das Ende dieser nichtswürdigen Kunststücke nicht ab, sondern ging auf mein Zimmer, um diesen Brief an Sie, ehrwürdiger Freund und Vetter, bis hieher zu vollenden. Fünf von den abgehenden Dienstboten habe ich schon ersetzt; so wie auch noch der Hausknecht und ein passendes Bettmädchen gefunden sind, werd’ ich wohl den Augenblick benutzen und aus diesem Gewühl schlechter Sitten mich wieder unter den Schutz meiner ländlichen Einfalt und Abgeschiedenheit begeben .........

Einige Tage später.

- Da bin ich nun doch noch länger geblieben, als ich wollte. Die Verwirrung im Hause meiner Schwester hat so zugenommen, daß ich Bab in ihren Nöthen unmöglich allein lassen konnte. An allen Orten fehlt Trost und Hülfe. Doch will ich, ehrwürdiger Freund und Vetter, dem Zusammenhange meiner Erzählung nicht vorgreifen und Jhnen alles in demselben Verlaufe mittheilen, wie es sich zugetragen hat.

Denken Sie sich aber nur, der häusliche Störenfried war Niemand anders als Hilary. Von ihm ging die Verbreitung der Spottschrift aus. Von ihm kam alle die Angst und Besorgniß, daß man sich nirgends mehr hingetraute,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0490" n="462"/>
Coquetterie und der Verführung. Jch hielt mir die Hände vor die Augen, als ich dieß Locken und Girren betrachtete, welches meiner Nichte Lettice eine Aehnlichkeit mit den schamlosesten Schauspielerinnen, die nur je außer dem Publikum auch Männer haben locken wollen, eine wahrhaft beweinenswerthe Aehnlichkeit gab; ich wartete das Ende dieser nichtswürdigen Kunststücke nicht ab, sondern ging auf mein Zimmer, um diesen Brief an Sie, ehrwürdiger Freund und Vetter, bis hieher zu vollenden. Fünf von den abgehenden Dienstboten habe ich schon ersetzt; so wie auch noch der Hausknecht und ein passendes Bettmädchen gefunden sind, werd&#x2019; ich wohl den Augenblick benutzen und aus diesem Gewühl schlechter Sitten mich wieder unter den Schutz meiner ländlichen Einfalt und Abgeschiedenheit begeben .........</p>
        <p rendition="#et"> <hi rendition="#g">Einige Tage später.</hi> </p>
        <p>- Da bin ich nun doch noch länger geblieben, als ich wollte. Die Verwirrung im Hause meiner Schwester hat so zugenommen, daß ich Bab in ihren Nöthen unmöglich allein lassen konnte. An allen Orten fehlt Trost und Hülfe. Doch will ich, ehrwürdiger Freund und Vetter, dem Zusammenhange meiner Erzählung nicht vorgreifen und Jhnen alles in demselben Verlaufe mittheilen, wie es sich zugetragen hat.</p>
        <p>Denken Sie sich aber nur, der häusliche Störenfried war Niemand anders als Hilary. Von ihm ging die Verbreitung der Spottschrift aus. Von ihm kam alle die Angst und Besorgniß, daß man sich nirgends mehr hingetraute,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[462/0490] Coquetterie und der Verführung. Jch hielt mir die Hände vor die Augen, als ich dieß Locken und Girren betrachtete, welches meiner Nichte Lettice eine Aehnlichkeit mit den schamlosesten Schauspielerinnen, die nur je außer dem Publikum auch Männer haben locken wollen, eine wahrhaft beweinenswerthe Aehnlichkeit gab; ich wartete das Ende dieser nichtswürdigen Kunststücke nicht ab, sondern ging auf mein Zimmer, um diesen Brief an Sie, ehrwürdiger Freund und Vetter, bis hieher zu vollenden. Fünf von den abgehenden Dienstboten habe ich schon ersetzt; so wie auch noch der Hausknecht und ein passendes Bettmädchen gefunden sind, werd’ ich wohl den Augenblick benutzen und aus diesem Gewühl schlechter Sitten mich wieder unter den Schutz meiner ländlichen Einfalt und Abgeschiedenheit begeben ......... Einige Tage später. - Da bin ich nun doch noch länger geblieben, als ich wollte. Die Verwirrung im Hause meiner Schwester hat so zugenommen, daß ich Bab in ihren Nöthen unmöglich allein lassen konnte. An allen Orten fehlt Trost und Hülfe. Doch will ich, ehrwürdiger Freund und Vetter, dem Zusammenhange meiner Erzählung nicht vorgreifen und Jhnen alles in demselben Verlaufe mittheilen, wie es sich zugetragen hat. Denken Sie sich aber nur, der häusliche Störenfried war Niemand anders als Hilary. Von ihm ging die Verbreitung der Spottschrift aus. Von ihm kam alle die Angst und Besorgniß, daß man sich nirgends mehr hingetraute,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/490
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/490>, abgerufen am 25.11.2024.