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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Unentschlossenheit, den alten Unterrichtsstoff mit dem neuen auszugleichen. Die alte und die neue Welt streiten mit einander; wir werden erst für Asien, dann für Amerika erzogen. Wenn wir wissen, wo die Griechen sich ihre Orakel holten, dann erfahren wir erst, woher wir den Zucker holen. Jch halte das Erstere für so wichtig, wie das Zweite. Man sollte es nur verbinden. Man sollte nicht erst Gelehrte machen und sie dann in Kaufleute umformen. Mühe, Zeit und Lust gehen verloren. Der Knabe hat eine schnelle Phantasie. Er versetzt sich bald von der Tiber an den Orinoko. Man brauchte den Gelehrten vom Kaufmanne nicht so entschieden zu trennen, wenn man nämlich, wie bei uns noch immer geschieht, den Kaufmann noch immer erst die Hälfte Weges auf die Gelehrsamkeit losgehen läßt. Es kömmt Alles darauf an, die Periode des Unterrichts abzukürzen, ihre Ausdehnung zusammen zu drängen und in dem Augenblicke, wo plötzlich der Funke der Erleuchtung in den menschlichen Geist fällt, ihn einen fertig Unterrichteten seyn zu lassen. Erst in dem Momente Stoff erhalten, wo man lernt, Stoff beherrschen, heißt, um die entscheidendsten Momente seines Lebens betrogen werden. Man biete bis in das sechzehnte Jahr Unterricht massenweise und nur für das Gedächtniß; späterhin aber arbeite man nur auf Ordnung und Zusammenhang!

Jch greife die gothische Physiognomie unsrer Erziehung, wie sie überall auch auf dem Continente ist,

Unentschlossenheit, den alten Unterrichtsstoff mit dem neuen auszugleichen. Die alte und die neue Welt streiten mit einander; wir werden erst für Asien, dann für Amerika erzogen. Wenn wir wissen, wo die Griechen sich ihre Orakel holten, dann erfahren wir erst, woher wir den Zucker holen. Jch halte das Erstere für so wichtig, wie das Zweite. Man sollte es nur verbinden. Man sollte nicht erst Gelehrte machen und sie dann in Kaufleute umformen. Mühe, Zeit und Lust gehen verloren. Der Knabe hat eine schnelle Phantasie. Er versetzt sich bald von der Tiber an den Orinoko. Man brauchte den Gelehrten vom Kaufmanne nicht so entschieden zu trennen, wenn man nämlich, wie bei uns noch immer geschieht, den Kaufmann noch immer erst die Hälfte Weges auf die Gelehrsamkeit losgehen läßt. Es kömmt Alles darauf an, die Periode des Unterrichts abzukürzen, ihre Ausdehnung zusammen zu drängen und in dem Augenblicke, wo plötzlich der Funke der Erleuchtung in den menschlichen Geist fällt, ihn einen fertig Unterrichteten seyn zu lassen. Erst in dem Momente Stoff erhalten, wo man lernt, Stoff beherrschen, heißt, um die entscheidendsten Momente seines Lebens betrogen werden. Man biete bis in das sechzehnte Jahr Unterricht massenweise und nur für das Gedächtniß; späterhin aber arbeite man nur auf Ordnung und Zusammenhang!

Jch greife die gothische Physiognomie unsrer Erziehung, wie sie überall auch auf dem Continente ist,

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Unentschlossenheit, den alten Unterrichtsstoff mit dem neuen auszugleichen. Die alte und die neue Welt streiten mit einander; wir werden erst für Asien, dann für Amerika erzogen. Wenn wir wissen, wo die Griechen sich ihre Orakel holten, dann erfahren wir erst, woher wir den Zucker holen. Jch halte das Erstere für so wichtig, wie das Zweite. Man sollte es nur verbinden. Man sollte nicht erst Gelehrte machen und sie dann in Kaufleute umformen. Mühe, Zeit und Lust gehen verloren. Der Knabe hat eine schnelle Phantasie. Er versetzt sich bald von der Tiber an den Orinoko. Man brauchte den Gelehrten vom Kaufmanne nicht so entschieden zu trennen, wenn man nämlich, wie bei uns noch immer geschieht, den Kaufmann noch immer erst die Hälfte Weges auf die Gelehrsamkeit losgehen läßt. Es kömmt Alles darauf an, die Periode des Unterrichts abzukürzen, ihre Ausdehnung zusammen zu drängen und in dem Augenblicke, wo plötzlich der Funke der Erleuchtung in den menschlichen Geist fällt, ihn einen fertig Unterrichteten seyn zu lassen. Erst in dem Momente Stoff erhalten, wo man lernt, Stoff beherrschen, heißt, um die entscheidendsten Momente seines Lebens betrogen werden. Man biete bis in das sechzehnte Jahr Unterricht massenweise und nur für das Gedächtniß; späterhin aber arbeite man nur auf Ordnung und Zusammenhang!</p>
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[21/0049] Unentschlossenheit, den alten Unterrichtsstoff mit dem neuen auszugleichen. Die alte und die neue Welt streiten mit einander; wir werden erst für Asien, dann für Amerika erzogen. Wenn wir wissen, wo die Griechen sich ihre Orakel holten, dann erfahren wir erst, woher wir den Zucker holen. Jch halte das Erstere für so wichtig, wie das Zweite. Man sollte es nur verbinden. Man sollte nicht erst Gelehrte machen und sie dann in Kaufleute umformen. Mühe, Zeit und Lust gehen verloren. Der Knabe hat eine schnelle Phantasie. Er versetzt sich bald von der Tiber an den Orinoko. Man brauchte den Gelehrten vom Kaufmanne nicht so entschieden zu trennen, wenn man nämlich, wie bei uns noch immer geschieht, den Kaufmann noch immer erst die Hälfte Weges auf die Gelehrsamkeit losgehen läßt. Es kömmt Alles darauf an, die Periode des Unterrichts abzukürzen, ihre Ausdehnung zusammen zu drängen und in dem Augenblicke, wo plötzlich der Funke der Erleuchtung in den menschlichen Geist fällt, ihn einen fertig Unterrichteten seyn zu lassen. Erst in dem Momente Stoff erhalten, wo man lernt, Stoff beherrschen, heißt, um die entscheidendsten Momente seines Lebens betrogen werden. Man biete bis in das sechzehnte Jahr Unterricht massenweise und nur für das Gedächtniß; späterhin aber arbeite man nur auf Ordnung und Zusammenhang! Jch greife die gothische Physiognomie unsrer Erziehung, wie sie überall auch auf dem Continente ist,

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/49>, abgerufen am 25.11.2024.