Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.steht zu befürchten, wenn die Medisance der Weiber die Oberhand behalten sollte, daß bei den nur auf die Füße gerichteten Beschäftigungen ihrer Männer, die ganze gebildete Welt Londons von unten auf unterwühlt und jeder ehrliche Name, der noch fest zu stehen glaubte, gerade von unten auf untergraben wird." Jch war zu sehr ermüdet von der Reise, daß ich nach Lektüre dieses schändlichen Pasquills auf meine unglückliche Schwester und ihre Töchter nicht hätte einschlafen sollen. Allein so unruhig war meine Ruhe, daß mir im Traume die ganze Bosheit immer wieder vor Augen kam. Meine unglückliche Schwester tanzte im Traume in Gestalt eines Stiefels auf dem Balle, den ich nicht vergessen konnte; erst kurz gegen Morgen, als ich Mutter und Töchter zurückkommen hörte, schlief ich fester ein. Die Sonne stand bei meinem Erwachen schon hoch am Himmel, allein mein vielfaches Klingeln nach weiblicher Bedienung fruchtete nichts. Endlich trat Hilary ein und war mir mit seinem maliciösen Lächeln nicht die beste Vorbedeutung für den übrigen Tag. Er erzählte mir, daß seine Herrschaft auf dem gestrigen Balle wieder mit mancherlei Widerwärtigkeiten zu kämpfen gehabt hätte. Man hätte sie mit spöttlichen Bemerkungen überschüttet. Bald wäre Einer gekommen und hätte mit Anspielung auf die boshafte Lüge des Satiristen gesagt: "Nicht wahr, der Ball ist sehr ledern?" Ein anderer sprach zur ältesten Tochter von den Flügeln, die sie unten am Fuße beim Tanze zu haben schien. steht zu befürchten, wenn die Medisance der Weiber die Oberhand behalten sollte, daß bei den nur auf die Füße gerichteten Beschäftigungen ihrer Männer, die ganze gebildete Welt Londons von unten auf unterwühlt und jeder ehrliche Name, der noch fest zu stehen glaubte, gerade von unten auf untergraben wird.“ Jch war zu sehr ermüdet von der Reise, daß ich nach Lektüre dieses schändlichen Pasquills auf meine unglückliche Schwester und ihre Töchter nicht hätte einschlafen sollen. Allein so unruhig war meine Ruhe, daß mir im Traume die ganze Bosheit immer wieder vor Augen kam. Meine unglückliche Schwester tanzte im Traume in Gestalt eines Stiefels auf dem Balle, den ich nicht vergessen konnte; erst kurz gegen Morgen, als ich Mutter und Töchter zurückkommen hörte, schlief ich fester ein. Die Sonne stand bei meinem Erwachen schon hoch am Himmel, allein mein vielfaches Klingeln nach weiblicher Bedienung fruchtete nichts. Endlich trat Hilary ein und war mir mit seinem maliciösen Lächeln nicht die beste Vorbedeutung für den übrigen Tag. Er erzählte mir, daß seine Herrschaft auf dem gestrigen Balle wieder mit mancherlei Widerwärtigkeiten zu kämpfen gehabt hätte. Man hätte sie mit spöttlichen Bemerkungen überschüttet. Bald wäre Einer gekommen und hätte mit Anspielung auf die boshafte Lüge des Satiristen gesagt: "Nicht wahr, der Ball ist sehr ledern?" Ein anderer sprach zur ältesten Tochter von den Flügeln, die sie unten am Fuße beim Tanze zu haben schien. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0474" n="446"/> steht zu befürchten, wenn die Medisance der Weiber die Oberhand behalten sollte, daß bei den nur auf die Füße gerichteten Beschäftigungen ihrer Männer, die ganze gebildete Welt Londons von unten auf unterwühlt und jeder ehrliche Name, der noch fest zu stehen glaubte, gerade von unten auf untergraben wird.“</p> <p>Jch war zu sehr ermüdet von der Reise, daß ich nach Lektüre dieses schändlichen Pasquills auf meine unglückliche Schwester und ihre Töchter nicht hätte einschlafen sollen. Allein so unruhig war meine Ruhe, daß mir im Traume die ganze Bosheit immer wieder vor Augen kam. Meine unglückliche Schwester tanzte im Traume in Gestalt eines Stiefels auf dem Balle, den ich nicht vergessen konnte; erst kurz gegen Morgen, als ich Mutter und Töchter zurückkommen hörte, schlief ich fester ein. Die Sonne stand bei meinem Erwachen schon hoch am Himmel, allein mein vielfaches Klingeln nach weiblicher Bedienung fruchtete nichts. Endlich trat Hilary ein und war mir mit seinem maliciösen Lächeln nicht die beste Vorbedeutung für den übrigen Tag. Er erzählte mir, daß seine Herrschaft auf dem gestrigen Balle wieder mit mancherlei Widerwärtigkeiten zu kämpfen gehabt hätte. Man hätte sie mit spöttlichen Bemerkungen überschüttet. Bald wäre Einer gekommen und hätte mit Anspielung auf die boshafte Lüge des Satiristen gesagt: "Nicht wahr, der Ball ist sehr ledern?" Ein anderer sprach zur ältesten Tochter von den Flügeln, die sie unten am Fuße beim Tanze zu haben schien. </p> </div> </body> </text> </TEI> [446/0474]
steht zu befürchten, wenn die Medisance der Weiber die Oberhand behalten sollte, daß bei den nur auf die Füße gerichteten Beschäftigungen ihrer Männer, die ganze gebildete Welt Londons von unten auf unterwühlt und jeder ehrliche Name, der noch fest zu stehen glaubte, gerade von unten auf untergraben wird.“
Jch war zu sehr ermüdet von der Reise, daß ich nach Lektüre dieses schändlichen Pasquills auf meine unglückliche Schwester und ihre Töchter nicht hätte einschlafen sollen. Allein so unruhig war meine Ruhe, daß mir im Traume die ganze Bosheit immer wieder vor Augen kam. Meine unglückliche Schwester tanzte im Traume in Gestalt eines Stiefels auf dem Balle, den ich nicht vergessen konnte; erst kurz gegen Morgen, als ich Mutter und Töchter zurückkommen hörte, schlief ich fester ein. Die Sonne stand bei meinem Erwachen schon hoch am Himmel, allein mein vielfaches Klingeln nach weiblicher Bedienung fruchtete nichts. Endlich trat Hilary ein und war mir mit seinem maliciösen Lächeln nicht die beste Vorbedeutung für den übrigen Tag. Er erzählte mir, daß seine Herrschaft auf dem gestrigen Balle wieder mit mancherlei Widerwärtigkeiten zu kämpfen gehabt hätte. Man hätte sie mit spöttlichen Bemerkungen überschüttet. Bald wäre Einer gekommen und hätte mit Anspielung auf die boshafte Lüge des Satiristen gesagt: "Nicht wahr, der Ball ist sehr ledern?" Ein anderer sprach zur ältesten Tochter von den Flügeln, die sie unten am Fuße beim Tanze zu haben schien.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/474>, abgerufen am 06.07.2024. |