Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.worauf sie schreiben, was ihrer Bosheit und ihrem Jnteresse in den Sinn kömmt. Man kann gewiß seyn, in dieser Familie immer etwas Neues zu erfahren, denn was sie nicht gehört hat, erfindet sie, ja sie pflanzt noch kaum etwas fort, worauf sie nicht den Stempel ihrer eignen Bosheit gedrückt hat. Die Armee, die Marine, die Gesetzgebung und Verwaltung braucht nur zu Lady Windmill zu gehen und wird daselbst ihr Folio in dem großen Buche der Verleumdung finden. Diese Klatschsucht ist die natürliche Folge der Gerüchte, welche diese Familie selbst verfolgen; um sich gegen fremde Nachrede zu schützen, rächt sie sich, indem sie den Ruf anderer Menschen entstellt oder übertreibt. "Man sagt, daß Lady Windmill gesonnen seyn soll, da niemand ihren Köder anbeißt und sie nur zu sehr das dringende Bedürfniß einer Verbesserung ihrer Finanzen fühlt, sich mit einem reichen Gerber, der vielleicht auf die Vortrefflichkeit ihres Felles eine Spekulation macht, verehlichen will. Die älteste Tochter wird einen der ersten Schuhmacher der vornehmen Welt heirathen, die zweite den reichen Jnhaber eines zwanzigjährigen Patents auf eine in der That sehr schöne Glanzwichse; die letzte endlich einen Spekulanten, der mit weichen Hölzern handelt, aus welchen man Pantoffeln und Stiefelknechte schneidet. So wird diese ausgezeichnete Damenklique auch noch jenseits des Traualtars einen organischen Zusammenhang unter sich festhalten; alle Hände werden sich hier in einander arbeiten und es worauf sie schreiben, was ihrer Bosheit und ihrem Jnteresse in den Sinn kömmt. Man kann gewiß seyn, in dieser Familie immer etwas Neues zu erfahren, denn was sie nicht gehört hat, erfindet sie, ja sie pflanzt noch kaum etwas fort, worauf sie nicht den Stempel ihrer eignen Bosheit gedrückt hat. Die Armee, die Marine, die Gesetzgebung und Verwaltung braucht nur zu Lady Windmill zu gehen und wird daselbst ihr Folio in dem großen Buche der Verleumdung finden. Diese Klatschsucht ist die natürliche Folge der Gerüchte, welche diese Familie selbst verfolgen; um sich gegen fremde Nachrede zu schützen, rächt sie sich, indem sie den Ruf anderer Menschen entstellt oder übertreibt. "Man sagt, daß Lady Windmill gesonnen seyn soll, da niemand ihren Köder anbeißt und sie nur zu sehr das dringende Bedürfniß einer Verbesserung ihrer Finanzen fühlt, sich mit einem reichen Gerber, der vielleicht auf die Vortrefflichkeit ihres Felles eine Spekulation macht, verehlichen will. Die älteste Tochter wird einen der ersten Schuhmacher der vornehmen Welt heirathen, die zweite den reichen Jnhaber eines zwanzigjährigen Patents auf eine in der That sehr schöne Glanzwichse; die letzte endlich einen Spekulanten, der mit weichen Hölzern handelt, aus welchen man Pantoffeln und Stiefelknechte schneidet. So wird diese ausgezeichnete Damenklique auch noch jenseits des Traualtars einen organischen Zusammenhang unter sich festhalten; alle Hände werden sich hier in einander arbeiten und es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0473" n="445"/> worauf sie schreiben, was ihrer Bosheit und ihrem Jnteresse in den Sinn kömmt. Man kann gewiß seyn, in dieser Familie immer etwas Neues zu erfahren, denn was sie nicht gehört hat, erfindet sie, ja sie pflanzt noch kaum etwas fort, worauf sie nicht den Stempel ihrer eignen Bosheit gedrückt hat. Die Armee, die Marine, die Gesetzgebung und Verwaltung braucht nur zu Lady Windmill zu gehen und wird daselbst ihr Folio in dem großen Buche der Verleumdung finden. Diese Klatschsucht ist die natürliche Folge der Gerüchte, welche diese Familie selbst verfolgen; um sich gegen fremde Nachrede zu schützen, rächt sie sich, indem sie den Ruf anderer Menschen entstellt oder übertreibt.</p> <p>"Man sagt, daß Lady Windmill gesonnen seyn soll, da niemand ihren Köder anbeißt und sie nur zu sehr das dringende Bedürfniß einer Verbesserung ihrer Finanzen fühlt, sich mit einem reichen Gerber, der vielleicht auf die Vortrefflichkeit ihres Felles eine Spekulation macht, verehlichen will. Die älteste Tochter wird einen der ersten Schuhmacher der vornehmen Welt heirathen, die zweite den reichen Jnhaber eines zwanzigjährigen Patents auf eine in der That sehr schöne Glanzwichse; die letzte endlich einen Spekulanten, der mit weichen Hölzern handelt, aus welchen man Pantoffeln und Stiefelknechte schneidet. So wird diese ausgezeichnete Damenklique auch noch jenseits des Traualtars einen organischen Zusammenhang unter sich festhalten; alle Hände werden sich hier in einander arbeiten und es </p> </div> </body> </text> </TEI> [445/0473]
worauf sie schreiben, was ihrer Bosheit und ihrem Jnteresse in den Sinn kömmt. Man kann gewiß seyn, in dieser Familie immer etwas Neues zu erfahren, denn was sie nicht gehört hat, erfindet sie, ja sie pflanzt noch kaum etwas fort, worauf sie nicht den Stempel ihrer eignen Bosheit gedrückt hat. Die Armee, die Marine, die Gesetzgebung und Verwaltung braucht nur zu Lady Windmill zu gehen und wird daselbst ihr Folio in dem großen Buche der Verleumdung finden. Diese Klatschsucht ist die natürliche Folge der Gerüchte, welche diese Familie selbst verfolgen; um sich gegen fremde Nachrede zu schützen, rächt sie sich, indem sie den Ruf anderer Menschen entstellt oder übertreibt.
"Man sagt, daß Lady Windmill gesonnen seyn soll, da niemand ihren Köder anbeißt und sie nur zu sehr das dringende Bedürfniß einer Verbesserung ihrer Finanzen fühlt, sich mit einem reichen Gerber, der vielleicht auf die Vortrefflichkeit ihres Felles eine Spekulation macht, verehlichen will. Die älteste Tochter wird einen der ersten Schuhmacher der vornehmen Welt heirathen, die zweite den reichen Jnhaber eines zwanzigjährigen Patents auf eine in der That sehr schöne Glanzwichse; die letzte endlich einen Spekulanten, der mit weichen Hölzern handelt, aus welchen man Pantoffeln und Stiefelknechte schneidet. So wird diese ausgezeichnete Damenklique auch noch jenseits des Traualtars einen organischen Zusammenhang unter sich festhalten; alle Hände werden sich hier in einander arbeiten und es
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/473>, abgerufen am 06.07.2024. |