Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.unendlich leidenden Miene sagte die Arme zu Hilary: "Gott, was soll denn das wieder? du hast ja die Schandschrift auf den Flügel dort hin legen sollen." Hilary erklärte betroffen: "Aber, was ist denn das? ich habe sie ja längst dahin gelegt, da ist sie ja!" - Nun, stotterte meine Schwester, indem sie sich entfärbte: "Da ist auf wunderbare Weise noch ein zweites Exemplar in das Zimmer gekommen." Wir sahen uns alle betroffen an und erschracken um so mehr, als in den Händen Lettice's sich noch ein drittes Exemplar befand, von welchem niemand begreifen konnte, wie es hereingekommen. Ein Stückchen Wachs, welches an den beiden neuen Exemplaren klebte, gab uns eine Aufklärung über das vermeintliche Wunder. Unter dem Präsentirteller nämlich waren diese Exemplare angeklebt gewesen. Wir fanden unter einem andern lakirten Brette noch eine vierte Nummer befestigt. Jetzt erst verwandelte sich meine Schwester in eine Furie; sie schrie: "Jn meinem eignen Hause bin ich wie verrathen und verkauft! hier muß eine große Untersuchung angestellt werden, wer mir diesen, offenbar auf meinen moralischen Ruin abgesehenen Possen gespielt hat." Hilary stimmte in die im Grunde gerechte Entrüstung meiner Schwester ein und behauptete: es müsse sich jemand in das Haus geschlichen haben, um diese Schandschrift dem betreffenden Gegenstande derselben in die Hände zu spielen; wir alle begleiteten im Sturmschritt meine Schwester und fingen jeden auf, welcher uns begegnete. Hilary entwarf einen unendlich leidenden Miene sagte die Arme zu Hilary: "Gott, was soll denn das wieder? du hast ja die Schandschrift auf den Flügel dort hin legen sollen." Hilary erklärte betroffen: "Aber, was ist denn das? ich habe sie ja längst dahin gelegt, da ist sie ja!“ – Nun, stotterte meine Schwester, indem sie sich entfärbte: "Da ist auf wunderbare Weise noch ein zweites Exemplar in das Zimmer gekommen." Wir sahen uns alle betroffen an und erschracken um so mehr, als in den Händen Lettice’s sich noch ein drittes Exemplar befand, von welchem niemand begreifen konnte, wie es hereingekommen. Ein Stückchen Wachs, welches an den beiden neuen Exemplaren klebte, gab uns eine Aufklärung über das vermeintliche Wunder. Unter dem Präsentirteller nämlich waren diese Exemplare angeklebt gewesen. Wir fanden unter einem andern lakirten Brette noch eine vierte Nummer befestigt. Jetzt erst verwandelte sich meine Schwester in eine Furie; sie schrie: "Jn meinem eignen Hause bin ich wie verrathen und verkauft! hier muß eine große Untersuchung angestellt werden, wer mir diesen, offenbar auf meinen moralischen Ruin abgesehenen Possen gespielt hat." Hilary stimmte in die im Grunde gerechte Entrüstung meiner Schwester ein und behauptete: es müsse sich jemand in das Haus geschlichen haben, um diese Schandschrift dem betreffenden Gegenstande derselben in die Hände zu spielen; wir alle begleiteten im Sturmschritt meine Schwester und fingen jeden auf, welcher uns begegnete. Hilary entwarf einen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0467" n="439"/> unendlich leidenden Miene sagte die Arme zu Hilary: "Gott, was soll denn das wieder? du hast ja die Schandschrift auf den Flügel dort hin legen sollen." Hilary erklärte betroffen: "Aber, was ist denn das? ich habe sie ja längst dahin gelegt, da ist sie ja!“ – Nun, stotterte meine Schwester, indem sie sich entfärbte: "Da ist auf wunderbare Weise noch ein zweites Exemplar in das Zimmer gekommen." Wir sahen uns alle betroffen an und erschracken um so mehr, als in den Händen Lettice’s sich noch ein drittes Exemplar befand, von welchem niemand begreifen konnte, wie es hereingekommen. Ein Stückchen Wachs, welches an den beiden neuen Exemplaren klebte, gab uns eine Aufklärung über das vermeintliche Wunder. Unter dem Präsentirteller nämlich waren diese Exemplare angeklebt gewesen. Wir fanden unter einem andern lakirten Brette noch eine vierte Nummer befestigt. Jetzt erst verwandelte sich meine Schwester in eine Furie; sie schrie: "Jn meinem eignen Hause bin ich wie verrathen und verkauft! hier muß eine große Untersuchung angestellt werden, wer mir diesen, offenbar auf meinen moralischen Ruin abgesehenen Possen gespielt hat." Hilary stimmte in die im Grunde gerechte Entrüstung meiner Schwester ein und behauptete: es müsse sich jemand in das Haus geschlichen haben, um diese Schandschrift dem betreffenden Gegenstande derselben in die Hände zu spielen; wir alle begleiteten im Sturmschritt meine Schwester und fingen jeden auf, welcher uns begegnete. Hilary entwarf einen </p> </div> </body> </text> </TEI> [439/0467]
unendlich leidenden Miene sagte die Arme zu Hilary: "Gott, was soll denn das wieder? du hast ja die Schandschrift auf den Flügel dort hin legen sollen." Hilary erklärte betroffen: "Aber, was ist denn das? ich habe sie ja längst dahin gelegt, da ist sie ja!“ – Nun, stotterte meine Schwester, indem sie sich entfärbte: "Da ist auf wunderbare Weise noch ein zweites Exemplar in das Zimmer gekommen." Wir sahen uns alle betroffen an und erschracken um so mehr, als in den Händen Lettice’s sich noch ein drittes Exemplar befand, von welchem niemand begreifen konnte, wie es hereingekommen. Ein Stückchen Wachs, welches an den beiden neuen Exemplaren klebte, gab uns eine Aufklärung über das vermeintliche Wunder. Unter dem Präsentirteller nämlich waren diese Exemplare angeklebt gewesen. Wir fanden unter einem andern lakirten Brette noch eine vierte Nummer befestigt. Jetzt erst verwandelte sich meine Schwester in eine Furie; sie schrie: "Jn meinem eignen Hause bin ich wie verrathen und verkauft! hier muß eine große Untersuchung angestellt werden, wer mir diesen, offenbar auf meinen moralischen Ruin abgesehenen Possen gespielt hat." Hilary stimmte in die im Grunde gerechte Entrüstung meiner Schwester ein und behauptete: es müsse sich jemand in das Haus geschlichen haben, um diese Schandschrift dem betreffenden Gegenstande derselben in die Hände zu spielen; wir alle begleiteten im Sturmschritt meine Schwester und fingen jeden auf, welcher uns begegnete. Hilary entwarf einen
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