Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.gefallen lassen, und die zu so manchen Freuden sich auch als ein bitterer Wermuth gesellen." Jndem weinte aber Cecily immer fort und sagte unaufhörlich: das hätte sie ihm nicht zugetraut; so schändlich, so gemein, so infashionabel! Wer ist denn der junge Mann? frug ich schüchtern. "Ach, ein Taugenichts, ein irländischer Prahlhans," tobte meine Schwester; allein Hilary, der unverschämte Bediente, der eben den Thee serviren wollte, mußte wohl wissen, daß es für das Ohr meiner Schwester süß klang und ohnehin für meine Nichte, die in den fremden Menschen verliebt schien, wenn er hinzusetzte: "Es ist ein junger, stattlicher Gentleman, der über außerordentliche Reichthümer gebietet, aber von spröder und spöttischer Natur ist und sich mehr mit der Politik, mit dem Schweife O'Connels, als mit dem seinigen beschäftigt, nämlich mit demjenigen, welchen er von liebenswürdigen, fashionablen Damen hinter sich haben könnte." Als Hilary dieß gesagt hatte, stockte so ziemlich das ganze Gespräch; ich sahe, daß hier Tochter und Mutter in gleicher Zärtlichkeit für einen Menschen entbrannten, der eben ein so höllisches Spiel mit ihnen getrieben hatte. Beide mußten sich die Spottreden der jüngern Geschwister gefallen lassen, welche sie auch mit großer Langmuth ertrugen. Jndem kam, ich weiß nicht durch welchen Zufall, als Hilary den Thee herumreichte, meiner Schwester wieder die Nummer des Satiristen in die Hand, welche das Pasquill auf sie enthielt. Mit einer gefallen lassen, und die zu so manchen Freuden sich auch als ein bitterer Wermuth gesellen." Jndem weinte aber Cecily immer fort und sagte unaufhörlich: das hätte sie ihm nicht zugetraut; so schändlich, so gemein, so infashionabel! Wer ist denn der junge Mann? frug ich schüchtern. "Ach, ein Taugenichts, ein irländischer Prahlhans," tobte meine Schwester; allein Hilary, der unverschämte Bediente, der eben den Thee serviren wollte, mußte wohl wissen, daß es für das Ohr meiner Schwester süß klang und ohnehin für meine Nichte, die in den fremden Menschen verliebt schien, wenn er hinzusetzte: "Es ist ein junger, stattlicher Gentleman, der über außerordentliche Reichthümer gebietet, aber von spröder und spöttischer Natur ist und sich mehr mit der Politik, mit dem Schweife O’Connels, als mit dem seinigen beschäftigt, nämlich mit demjenigen, welchen er von liebenswürdigen, fashionablen Damen hinter sich haben könnte.“ Als Hilary dieß gesagt hatte, stockte so ziemlich das ganze Gespräch; ich sahe, daß hier Tochter und Mutter in gleicher Zärtlichkeit für einen Menschen entbrannten, der eben ein so höllisches Spiel mit ihnen getrieben hatte. Beide mußten sich die Spottreden der jüngern Geschwister gefallen lassen, welche sie auch mit großer Langmuth ertrugen. Jndem kam, ich weiß nicht durch welchen Zufall, als Hilary den Thee herumreichte, meiner Schwester wieder die Nummer des Satiristen in die Hand, welche das Pasquill auf sie enthielt. Mit einer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0466" n="438"/> gefallen lassen, und die zu so manchen Freuden sich auch als ein bitterer Wermuth gesellen." Jndem weinte aber Cecily immer fort und sagte unaufhörlich: das hätte sie ihm nicht zugetraut; so schändlich, so gemein, so infashionabel! Wer ist denn der junge Mann? frug ich schüchtern. "Ach, ein Taugenichts, ein irländischer Prahlhans," tobte meine Schwester; allein Hilary, der unverschämte Bediente, der eben den Thee serviren wollte, mußte wohl wissen, daß es für das Ohr meiner Schwester süß klang und ohnehin für meine Nichte, die in den fremden Menschen verliebt schien, wenn er hinzusetzte: "Es ist ein junger, stattlicher Gentleman, der über außerordentliche Reichthümer gebietet, aber von spröder und spöttischer Natur ist und sich mehr mit der Politik, mit dem Schweife O’Connels, als mit dem seinigen beschäftigt, nämlich mit demjenigen, welchen er von liebenswürdigen, fashionablen Damen hinter sich haben könnte.“</p> <p>Als Hilary dieß gesagt hatte, stockte so ziemlich das ganze Gespräch; ich sahe, daß hier Tochter und Mutter in gleicher Zärtlichkeit für einen Menschen entbrannten, der eben ein so höllisches Spiel mit ihnen getrieben hatte. Beide mußten sich die Spottreden der jüngern Geschwister gefallen lassen, welche sie auch mit großer Langmuth ertrugen. Jndem kam, ich weiß nicht durch welchen Zufall, als Hilary den Thee herumreichte, meiner Schwester wieder die Nummer des Satiristen in die Hand, welche das Pasquill auf sie enthielt. Mit einer </p> </div> </body> </text> </TEI> [438/0466]
gefallen lassen, und die zu so manchen Freuden sich auch als ein bitterer Wermuth gesellen." Jndem weinte aber Cecily immer fort und sagte unaufhörlich: das hätte sie ihm nicht zugetraut; so schändlich, so gemein, so infashionabel! Wer ist denn der junge Mann? frug ich schüchtern. "Ach, ein Taugenichts, ein irländischer Prahlhans," tobte meine Schwester; allein Hilary, der unverschämte Bediente, der eben den Thee serviren wollte, mußte wohl wissen, daß es für das Ohr meiner Schwester süß klang und ohnehin für meine Nichte, die in den fremden Menschen verliebt schien, wenn er hinzusetzte: "Es ist ein junger, stattlicher Gentleman, der über außerordentliche Reichthümer gebietet, aber von spröder und spöttischer Natur ist und sich mehr mit der Politik, mit dem Schweife O’Connels, als mit dem seinigen beschäftigt, nämlich mit demjenigen, welchen er von liebenswürdigen, fashionablen Damen hinter sich haben könnte.“
Als Hilary dieß gesagt hatte, stockte so ziemlich das ganze Gespräch; ich sahe, daß hier Tochter und Mutter in gleicher Zärtlichkeit für einen Menschen entbrannten, der eben ein so höllisches Spiel mit ihnen getrieben hatte. Beide mußten sich die Spottreden der jüngern Geschwister gefallen lassen, welche sie auch mit großer Langmuth ertrugen. Jndem kam, ich weiß nicht durch welchen Zufall, als Hilary den Thee herumreichte, meiner Schwester wieder die Nummer des Satiristen in die Hand, welche das Pasquill auf sie enthielt. Mit einer
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/466>, abgerufen am 16.02.2025. |