Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.ihrerseits mit allen Ausbrüchen verletzter weiblicher Eitelkeit und spitzten dabei die Krallen ihrer kleinen Finger, um ihm, hätten sie ihn nur, die Augen auszukratzen. Mir war das Anstößigste bei der Sache im Augenblick nur die Gegenwart des Bedienten, der diese ganze Scene nicht nur als Zuschauer betrachtete, sondern sogar eine Rolle darin mitspielte. Hilary (so hieß der Mensch) hatte den ganzen Aufsatz gelesen und schwur, dem Verfasser desselben seinen ruchlosen Hirnschädel einzuschlagen. Jch dagegen rieth zu einem Prozesse und verwies überdieß dem naseweisen jungen Manne die Einmischung in eine Angelegenheit, welche viel zu zarter Natur war, als daß man in das Geheimniß derselben hätte einen Bedienten hineinzieh'n sollen. Darüber fuhr mich Felicia sehr hart an und meinte, Hilary hätte sich von jeher besorgt genug um das Jnteresse der Familie bewiesen, um ihnen auch in einem solchen Unglück beizustehen. Schwester Bab war nun für den Menschen vollends ganz eingenommen und trug ihm auf, den Thee zu serviren, nicht etwa seiner Entfernung wegen, sondern weil doch noch ein Funken schwesterlicher Liebe in ihr übrig war, welcher sie trieb, irgend etwas zu thun, was doch einer Bewillkommnung ähnlich sah. Von einer Frage nach der Heimath, von Jhnen, ehrwürdiger Freund und Vetter, war, ach! wahrlich nicht die Rede. Jch erkundigte mich mehrmal nach Bruder Evan (Johann); allein ich bekam nur nothdürftig die Antwort, daß sie ihren leiblichen Bruder für ein den Einsturz drohendes ihrerseits mit allen Ausbrüchen verletzter weiblicher Eitelkeit und spitzten dabei die Krallen ihrer kleinen Finger, um ihm, hätten sie ihn nur, die Augen auszukratzen. Mir war das Anstößigste bei der Sache im Augenblick nur die Gegenwart des Bedienten, der diese ganze Scene nicht nur als Zuschauer betrachtete, sondern sogar eine Rolle darin mitspielte. Hilary (so hieß der Mensch) hatte den ganzen Aufsatz gelesen und schwur, dem Verfasser desselben seinen ruchlosen Hirnschädel einzuschlagen. Jch dagegen rieth zu einem Prozesse und verwies überdieß dem naseweisen jungen Manne die Einmischung in eine Angelegenheit, welche viel zu zarter Natur war, als daß man in das Geheimniß derselben hätte einen Bedienten hineinzieh’n sollen. Darüber fuhr mich Felicia sehr hart an und meinte, Hilary hätte sich von jeher besorgt genug um das Jnteresse der Familie bewiesen, um ihnen auch in einem solchen Unglück beizustehen. Schwester Bab war nun für den Menschen vollends ganz eingenommen und trug ihm auf, den Thee zu serviren, nicht etwa seiner Entfernung wegen, sondern weil doch noch ein Funken schwesterlicher Liebe in ihr übrig war, welcher sie trieb, irgend etwas zu thun, was doch einer Bewillkommnung ähnlich sah. Von einer Frage nach der Heimath, von Jhnen, ehrwürdiger Freund und Vetter, war, ach! wahrlich nicht die Rede. Jch erkundigte mich mehrmal nach Bruder Evan (Johann); allein ich bekam nur nothdürftig die Antwort, daß sie ihren leiblichen Bruder für ein den Einsturz drohendes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0463" n="435"/> ihrerseits mit allen Ausbrüchen verletzter weiblicher Eitelkeit und spitzten dabei die Krallen ihrer kleinen Finger, um ihm, hätten sie ihn nur, die Augen auszukratzen. Mir war das Anstößigste bei der Sache im Augenblick nur die Gegenwart des Bedienten, der diese ganze Scene nicht nur als Zuschauer betrachtete, sondern sogar eine Rolle darin mitspielte. Hilary (so hieß der Mensch) hatte den ganzen Aufsatz gelesen und schwur, dem Verfasser desselben seinen ruchlosen Hirnschädel einzuschlagen. Jch dagegen rieth zu einem Prozesse und verwies überdieß dem naseweisen jungen Manne die Einmischung in eine Angelegenheit, welche viel zu zarter Natur war, als daß man in das Geheimniß derselben hätte einen Bedienten hineinzieh’n sollen. Darüber fuhr mich Felicia sehr hart an und meinte, Hilary hätte sich von jeher besorgt genug um das Jnteresse der Familie bewiesen, um ihnen auch in einem solchen Unglück beizustehen. Schwester Bab war nun für den Menschen vollends ganz eingenommen und trug ihm auf, den Thee zu serviren, nicht etwa seiner Entfernung wegen, sondern weil doch noch ein Funken schwesterlicher Liebe in ihr übrig war, welcher sie trieb, irgend etwas zu thun, was doch einer Bewillkommnung ähnlich sah. Von einer Frage nach der Heimath, von Jhnen, ehrwürdiger Freund und Vetter, war, ach! wahrlich nicht die Rede. Jch erkundigte mich mehrmal nach Bruder Evan (Johann); allein ich bekam nur nothdürftig die Antwort, daß sie ihren leiblichen Bruder für ein den Einsturz drohendes </p> </div> </body> </text> </TEI> [435/0463]
ihrerseits mit allen Ausbrüchen verletzter weiblicher Eitelkeit und spitzten dabei die Krallen ihrer kleinen Finger, um ihm, hätten sie ihn nur, die Augen auszukratzen. Mir war das Anstößigste bei der Sache im Augenblick nur die Gegenwart des Bedienten, der diese ganze Scene nicht nur als Zuschauer betrachtete, sondern sogar eine Rolle darin mitspielte. Hilary (so hieß der Mensch) hatte den ganzen Aufsatz gelesen und schwur, dem Verfasser desselben seinen ruchlosen Hirnschädel einzuschlagen. Jch dagegen rieth zu einem Prozesse und verwies überdieß dem naseweisen jungen Manne die Einmischung in eine Angelegenheit, welche viel zu zarter Natur war, als daß man in das Geheimniß derselben hätte einen Bedienten hineinzieh’n sollen. Darüber fuhr mich Felicia sehr hart an und meinte, Hilary hätte sich von jeher besorgt genug um das Jnteresse der Familie bewiesen, um ihnen auch in einem solchen Unglück beizustehen. Schwester Bab war nun für den Menschen vollends ganz eingenommen und trug ihm auf, den Thee zu serviren, nicht etwa seiner Entfernung wegen, sondern weil doch noch ein Funken schwesterlicher Liebe in ihr übrig war, welcher sie trieb, irgend etwas zu thun, was doch einer Bewillkommnung ähnlich sah. Von einer Frage nach der Heimath, von Jhnen, ehrwürdiger Freund und Vetter, war, ach! wahrlich nicht die Rede. Jch erkundigte mich mehrmal nach Bruder Evan (Johann); allein ich bekam nur nothdürftig die Antwort, daß sie ihren leiblichen Bruder für ein den Einsturz drohendes
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/463>, abgerufen am 16.02.2025. |