Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Geist, die akademischen Gewohnheiten boten der Propaganda liberaler Jdeen, ja wohl gar der Propaganda revolutionärer Wagnisse einen sichern Schlupfwinkel. Die kleinen Aufstände, die Deutschland gegen seine Dynastien wagte, gingen theils ausschließlich von den Universitäten aus oder wurden von ihnen unterstützt. Die meisten in den Zeitungen genannten Staatsverbrecher sind Lehrer und Studenten. Mit Erlaubniß unsres Königs, der in England sich die systematische Demagogie eines O'Connel als etwas Gesetzmäßiges gefallen läßt und in Deutschland die Lenker einer Bewegung, der Hannover die Verfassung verdankt, mit Ketten belastet, will ich hier mit einer Bemerkung schließen, die unsern bisherigen Gegenstand in das rechte Licht des Jahrhunderts stellt und zugleich die Wichtigkeit anerkennt, welche Deutschland für die Erziehung hat. Nicht blos der Charakter der Deutschen bürgt für ihre Befähigung zum Unterrichte und ermuthigt meine Landsleute, sich für die Erziehung ihrer Kinder deutscher Pensionate zu bedienen, sondern es scheint mir höchst bemerkenswerth zu seyn, wie gerade in Deutschland Alles, was für neu, frei und volksbeglückend gehalten wird, in einem so lebhaften Verkehr mit der Erziehung steht. Wenn es eine wahrhafte Form für den Jnhalt der verschiedenen Lehr- und Bildungstheorien gibt, so ist es die der Oeffentlichkeit. Die Theilnahme der Nation an ihrem Nachwuchs, an ihrem einstigen Ersatz, die Erziehung als Sache der Politik, darin lag die Größe des Geist, die akademischen Gewohnheiten boten der Propaganda liberaler Jdeen, ja wohl gar der Propaganda revolutionärer Wagnisse einen sichern Schlupfwinkel. Die kleinen Aufstände, die Deutschland gegen seine Dynastien wagte, gingen theils ausschließlich von den Universitäten aus oder wurden von ihnen unterstützt. Die meisten in den Zeitungen genannten Staatsverbrecher sind Lehrer und Studenten. Mit Erlaubniß unsres Königs, der in England sich die systematische Demagogie eines O’Connel als etwas Gesetzmäßiges gefallen läßt und in Deutschland die Lenker einer Bewegung, der Hannover die Verfassung verdankt, mit Ketten belastet, will ich hier mit einer Bemerkung schließen, die unsern bisherigen Gegenstand in das rechte Licht des Jahrhunderts stellt und zugleich die Wichtigkeit anerkennt, welche Deutschland für die Erziehung hat. Nicht blos der Charakter der Deutschen bürgt für ihre Befähigung zum Unterrichte und ermuthigt meine Landsleute, sich für die Erziehung ihrer Kinder deutscher Pensionate zu bedienen, sondern es scheint mir höchst bemerkenswerth zu seyn, wie gerade in Deutschland Alles, was für neu, frei und volksbeglückend gehalten wird, in einem so lebhaften Verkehr mit der Erziehung steht. Wenn es eine wahrhafte Form für den Jnhalt der verschiedenen Lehr- und Bildungstheorien gibt, so ist es die der Oeffentlichkeit. Die Theilnahme der Nation an ihrem Nachwuchs, an ihrem einstigen Ersatz, die Erziehung als Sache der Politik, darin lag die Größe des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0437" n="409"/> Geist, die akademischen Gewohnheiten boten der Propaganda liberaler Jdeen, ja wohl gar der Propaganda revolutionärer Wagnisse einen sichern Schlupfwinkel. Die kleinen Aufstände, die Deutschland gegen seine Dynastien wagte, gingen theils ausschließlich von den Universitäten aus oder wurden von ihnen unterstützt. Die meisten in den Zeitungen genannten Staatsverbrecher sind Lehrer und Studenten. Mit Erlaubniß unsres Königs, der in England sich die systematische Demagogie eines O’Connel als etwas Gesetzmäßiges gefallen läßt und in Deutschland die Lenker einer Bewegung, der Hannover die Verfassung verdankt, mit Ketten belastet, will ich hier mit einer Bemerkung schließen, die unsern bisherigen Gegenstand in das rechte Licht des Jahrhunderts stellt und zugleich die Wichtigkeit anerkennt, welche Deutschland für die Erziehung hat.</p> <p>Nicht blos der Charakter der Deutschen bürgt für ihre Befähigung zum Unterrichte und ermuthigt meine Landsleute, sich für die Erziehung ihrer Kinder deutscher Pensionate zu bedienen, sondern es scheint mir höchst bemerkenswerth zu seyn, wie gerade in Deutschland Alles, was für neu, frei und volksbeglückend gehalten wird, in einem so lebhaften Verkehr mit der Erziehung steht. Wenn es eine wahrhafte Form für den Jnhalt der verschiedenen Lehr- und Bildungstheorien gibt, so ist es die der Oeffentlichkeit. Die Theilnahme der Nation an ihrem Nachwuchs, an ihrem einstigen Ersatz, die Erziehung als Sache der Politik, darin lag die Größe des </p> </div> </body> </text> </TEI> [409/0437]
Geist, die akademischen Gewohnheiten boten der Propaganda liberaler Jdeen, ja wohl gar der Propaganda revolutionärer Wagnisse einen sichern Schlupfwinkel. Die kleinen Aufstände, die Deutschland gegen seine Dynastien wagte, gingen theils ausschließlich von den Universitäten aus oder wurden von ihnen unterstützt. Die meisten in den Zeitungen genannten Staatsverbrecher sind Lehrer und Studenten. Mit Erlaubniß unsres Königs, der in England sich die systematische Demagogie eines O’Connel als etwas Gesetzmäßiges gefallen läßt und in Deutschland die Lenker einer Bewegung, der Hannover die Verfassung verdankt, mit Ketten belastet, will ich hier mit einer Bemerkung schließen, die unsern bisherigen Gegenstand in das rechte Licht des Jahrhunderts stellt und zugleich die Wichtigkeit anerkennt, welche Deutschland für die Erziehung hat.
Nicht blos der Charakter der Deutschen bürgt für ihre Befähigung zum Unterrichte und ermuthigt meine Landsleute, sich für die Erziehung ihrer Kinder deutscher Pensionate zu bedienen, sondern es scheint mir höchst bemerkenswerth zu seyn, wie gerade in Deutschland Alles, was für neu, frei und volksbeglückend gehalten wird, in einem so lebhaften Verkehr mit der Erziehung steht. Wenn es eine wahrhafte Form für den Jnhalt der verschiedenen Lehr- und Bildungstheorien gibt, so ist es die der Oeffentlichkeit. Die Theilnahme der Nation an ihrem Nachwuchs, an ihrem einstigen Ersatz, die Erziehung als Sache der Politik, darin lag die Größe des
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/437>, abgerufen am 28.07.2024. |