Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.zu nehmen; es waren Engländerinnen. Sie hatten große Lücken in ihren Kenntnissen auszufüllen. Es ergab sich später, daß sie die Schwestern jenes jungen Gentleman und von ihm veranlaßt waren, seine eigne Vergehung wieder gut zu machen. Es war dieß die einzige Attake, die Miß Sylvia in ihrem Leben von Männern zu erfahren hatte; doch war die Wendung, welche sie nahm, so zart und rührend, daß Miß Sylvia ihr ganzes Leben hindurch gut von den Männern dachte und nicht selten mit einer aus den Augen leuchtenden Zärtlichkeit von dem Bruder ihrer ersten Schülerinnen sprechen konnte. Es ist unerläßlich nothwendig, daß weibliche Erzieher gute Männer sind, oder wenn es Frauen sind, daß sie von jenen eine gute Meinung haben. Nichts entstellt Erzieherinnen mehr und schadet den Fortschritten ihrer Zöglinge, als ein geheimer Groll gegen das männliche Geschlecht. Schon die Sprödigkeit ist eine unglücklich gewählte Emballage der Bildung, welche man Frauen mitgibt. Zwischen kalter Zurückhaltung und verliebter Neigung gibt es eine Mittelstraße, welche Erzieherinnen immer einschlagen müßten. Nichts ist dem weiblichen Charakter so gefährlich, als der Glaube, die Wissenschaften müßten den Frauen als Waffe gegen die Männer dienen. Miß Sylvia erzieht vortreffliche Gattinnen und Mütter. Sie hat mit Hülfe hoher Protektionen ein Erziehungsinstitut eröffnet, das den glücklichsten Fortgang nimmt. Jch empfehle ihre Adresse. Sie wohnt Albemarle Street Nro. 114. zu nehmen; es waren Engländerinnen. Sie hatten große Lücken in ihren Kenntnissen auszufüllen. Es ergab sich später, daß sie die Schwestern jenes jungen Gentleman und von ihm veranlaßt waren, seine eigne Vergehung wieder gut zu machen. Es war dieß die einzige Attake, die Miß Sylvia in ihrem Leben von Männern zu erfahren hatte; doch war die Wendung, welche sie nahm, so zart und rührend, daß Miß Sylvia ihr ganzes Leben hindurch gut von den Männern dachte und nicht selten mit einer aus den Augen leuchtenden Zärtlichkeit von dem Bruder ihrer ersten Schülerinnen sprechen konnte. Es ist unerläßlich nothwendig, daß weibliche Erzieher gute Männer sind, oder wenn es Frauen sind, daß sie von jenen eine gute Meinung haben. Nichts entstellt Erzieherinnen mehr und schadet den Fortschritten ihrer Zöglinge, als ein geheimer Groll gegen das männliche Geschlecht. Schon die Sprödigkeit ist eine unglücklich gewählte Emballage der Bildung, welche man Frauen mitgibt. Zwischen kalter Zurückhaltung und verliebter Neigung gibt es eine Mittelstraße, welche Erzieherinnen immer einschlagen müßten. Nichts ist dem weiblichen Charakter so gefährlich, als der Glaube, die Wissenschaften müßten den Frauen als Waffe gegen die Männer dienen. Miß Sylvia erzieht vortreffliche Gattinnen und Mütter. Sie hat mit Hülfe hoher Protektionen ein Erziehungsinstitut eröffnet, das den glücklichsten Fortgang nimmt. Jch empfehle ihre Adresse. Sie wohnt Albemarle Street Nro. 114. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0398" n="370"/> zu nehmen; es waren Engländerinnen. Sie hatten große Lücken in ihren Kenntnissen auszufüllen. Es ergab sich später, daß sie die Schwestern jenes jungen Gentleman und von ihm veranlaßt waren, seine eigne Vergehung wieder gut zu machen. Es war dieß die einzige Attake, die Miß Sylvia in ihrem Leben von Männern zu erfahren hatte; doch war die Wendung, welche sie nahm, so zart und rührend, daß Miß Sylvia ihr ganzes Leben hindurch gut von den Männern dachte und nicht selten mit einer aus den Augen leuchtenden Zärtlichkeit von dem Bruder ihrer ersten Schülerinnen sprechen konnte.</p> <p>Es ist unerläßlich nothwendig, daß weibliche Erzieher gute Männer sind, oder wenn es Frauen sind, daß sie von jenen eine gute Meinung haben. Nichts entstellt Erzieherinnen mehr und schadet den Fortschritten ihrer Zöglinge, als ein geheimer Groll gegen das männliche Geschlecht. Schon die Sprödigkeit ist eine unglücklich gewählte Emballage der Bildung, welche man Frauen mitgibt. Zwischen kalter Zurückhaltung und verliebter Neigung gibt es eine Mittelstraße, welche Erzieherinnen immer einschlagen müßten. Nichts ist dem weiblichen Charakter so gefährlich, als der Glaube, die Wissenschaften müßten den Frauen als Waffe gegen die Männer dienen. Miß Sylvia erzieht vortreffliche Gattinnen und Mütter. Sie hat mit Hülfe hoher Protektionen ein Erziehungsinstitut eröffnet, das den glücklichsten Fortgang nimmt. Jch empfehle ihre Adresse. Sie wohnt <hi rendition="#aq">Albemarle Street Nro. 114</hi>.</p> </div> </body> </text> </TEI> [370/0398]
zu nehmen; es waren Engländerinnen. Sie hatten große Lücken in ihren Kenntnissen auszufüllen. Es ergab sich später, daß sie die Schwestern jenes jungen Gentleman und von ihm veranlaßt waren, seine eigne Vergehung wieder gut zu machen. Es war dieß die einzige Attake, die Miß Sylvia in ihrem Leben von Männern zu erfahren hatte; doch war die Wendung, welche sie nahm, so zart und rührend, daß Miß Sylvia ihr ganzes Leben hindurch gut von den Männern dachte und nicht selten mit einer aus den Augen leuchtenden Zärtlichkeit von dem Bruder ihrer ersten Schülerinnen sprechen konnte.
Es ist unerläßlich nothwendig, daß weibliche Erzieher gute Männer sind, oder wenn es Frauen sind, daß sie von jenen eine gute Meinung haben. Nichts entstellt Erzieherinnen mehr und schadet den Fortschritten ihrer Zöglinge, als ein geheimer Groll gegen das männliche Geschlecht. Schon die Sprödigkeit ist eine unglücklich gewählte Emballage der Bildung, welche man Frauen mitgibt. Zwischen kalter Zurückhaltung und verliebter Neigung gibt es eine Mittelstraße, welche Erzieherinnen immer einschlagen müßten. Nichts ist dem weiblichen Charakter so gefährlich, als der Glaube, die Wissenschaften müßten den Frauen als Waffe gegen die Männer dienen. Miß Sylvia erzieht vortreffliche Gattinnen und Mütter. Sie hat mit Hülfe hoher Protektionen ein Erziehungsinstitut eröffnet, das den glücklichsten Fortgang nimmt. Jch empfehle ihre Adresse. Sie wohnt Albemarle Street Nro. 114.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/398>, abgerufen am 28.07.2024. |