Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.denn sie würden doch nicht hinreichend gewesen seyn, wenn er nicht durch Lektionen, die er schon früh gab, die, welche er selbst noch brauchte, gedeckt hätte. Es war niemals ein freier Blick, mit welchem Sir Titus in die geöffneten Pforten des Alterthums trat. Die großen mit Epheu und Lorbeer umwundenen Pforten desselben waren ihm zu vornehm und stolz, er schlich wie ein Bettler sich um die Mauer herum, kletterte über die antiken Trümmer und Schutthaufen, er stahl sich in jene große Welt, die dahin gegangen, ein und machte sich selbst an dem Göttermahle der klassischen Vorwelt zu einem ungebet'nen Gast, der unter den Tisch gehört, und welchen man bei römischen Schmäusen einen Schatten nannte. So ist bei Titus Pomponius in Haltung und Geberde nicht ein Schimmer von jenem Sternenlicht der griechischen und römischen Schriftsteller, die uns aus der Nacht der Vergangenheit zuleuchten, sichtbar; seine Gestalt ist gebückt, sein Auge matt, sein Gesicht voll Runzeln, sein Athem ist kurz und besitzt jene Eigenschaft, von welcher Caska in Shakspeares Julius Cäsar eine Ohnmacht befürchtete; er ist ein Bettler auf den Trümmern, wo man nur König seyn sollte, begibt sich auch selbst aller Ansprüche auf ältere und erwachsene Leute, nur der Jugend gegenüber verwandelt er seine Krücke in einen Zepter und bläut ihr mit jenen Knochen, die er vom Göttermahle erhaschte, nicht das, was Jupiter ist, sondern den Dialekt ein, in welchem er zu den Griechen gesprochen hat. Die liebe Jugend! Jhr gegenüber denn sie würden doch nicht hinreichend gewesen seyn, wenn er nicht durch Lektionen, die er schon früh gab, die, welche er selbst noch brauchte, gedeckt hätte. Es war niemals ein freier Blick, mit welchem Sir Titus in die geöffneten Pforten des Alterthums trat. Die großen mit Epheu und Lorbeer umwundenen Pforten desselben waren ihm zu vornehm und stolz, er schlich wie ein Bettler sich um die Mauer herum, kletterte über die antiken Trümmer und Schutthaufen, er stahl sich in jene große Welt, die dahin gegangen, ein und machte sich selbst an dem Göttermahle der klassischen Vorwelt zu einem ungebet’nen Gast, der unter den Tisch gehört, und welchen man bei römischen Schmäusen einen Schatten nannte. So ist bei Titus Pomponius in Haltung und Geberde nicht ein Schimmer von jenem Sternenlicht der griechischen und römischen Schriftsteller, die uns aus der Nacht der Vergangenheit zuleuchten, sichtbar; seine Gestalt ist gebückt, sein Auge matt, sein Gesicht voll Runzeln, sein Athem ist kurz und besitzt jene Eigenschaft, von welcher Caska in Shakspeares Julius Cäsar eine Ohnmacht befürchtete; er ist ein Bettler auf den Trümmern, wo man nur König seyn sollte, begibt sich auch selbst aller Ansprüche auf ältere und erwachsene Leute, nur der Jugend gegenüber verwandelt er seine Krücke in einen Zepter und bläut ihr mit jenen Knochen, die er vom Göttermahle erhaschte, nicht das, was Jupiter ist, sondern den Dialekt ein, in welchem er zu den Griechen gesprochen hat. Die liebe Jugend! Jhr gegenüber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0387" n="359"/> denn sie würden doch nicht hinreichend gewesen seyn, wenn er nicht durch Lektionen, die er schon früh gab, die, welche er selbst noch brauchte, gedeckt hätte. Es war niemals ein freier Blick, mit welchem Sir Titus in die geöffneten Pforten des Alterthums trat. Die großen mit Epheu und Lorbeer umwundenen Pforten desselben waren ihm zu vornehm und stolz, er schlich wie ein Bettler sich um die Mauer herum, kletterte über die antiken Trümmer und Schutthaufen, er <hi rendition="#g">stahl</hi> sich in jene große Welt, die dahin gegangen, ein und machte sich selbst an dem Göttermahle der klassischen Vorwelt zu einem ungebet’nen Gast, der unter den Tisch gehört, und welchen man bei römischen Schmäusen einen <hi rendition="#g">Schatten</hi> nannte. So ist bei Titus Pomponius in Haltung und Geberde nicht ein Schimmer von jenem Sternenlicht der griechischen und römischen Schriftsteller, die uns aus der Nacht der Vergangenheit zuleuchten, sichtbar; seine Gestalt ist gebückt, sein Auge matt, sein Gesicht voll Runzeln, sein Athem ist kurz und besitzt jene Eigenschaft, von welcher Caska in Shakspeares Julius Cäsar eine Ohnmacht befürchtete; er ist ein Bettler auf den Trümmern, wo man nur König seyn sollte, begibt sich auch selbst aller Ansprüche auf ältere und erwachsene Leute, nur der Jugend gegenüber verwandelt er seine Krücke in einen Zepter und bläut ihr mit jenen Knochen, die er vom Göttermahle erhaschte, nicht das, was Jupiter ist, sondern den Dialekt ein, in welchem er zu den Griechen gesprochen hat. Die liebe Jugend! Jhr gegenüber </p> </div> </body> </text> </TEI> [359/0387]
denn sie würden doch nicht hinreichend gewesen seyn, wenn er nicht durch Lektionen, die er schon früh gab, die, welche er selbst noch brauchte, gedeckt hätte. Es war niemals ein freier Blick, mit welchem Sir Titus in die geöffneten Pforten des Alterthums trat. Die großen mit Epheu und Lorbeer umwundenen Pforten desselben waren ihm zu vornehm und stolz, er schlich wie ein Bettler sich um die Mauer herum, kletterte über die antiken Trümmer und Schutthaufen, er stahl sich in jene große Welt, die dahin gegangen, ein und machte sich selbst an dem Göttermahle der klassischen Vorwelt zu einem ungebet’nen Gast, der unter den Tisch gehört, und welchen man bei römischen Schmäusen einen Schatten nannte. So ist bei Titus Pomponius in Haltung und Geberde nicht ein Schimmer von jenem Sternenlicht der griechischen und römischen Schriftsteller, die uns aus der Nacht der Vergangenheit zuleuchten, sichtbar; seine Gestalt ist gebückt, sein Auge matt, sein Gesicht voll Runzeln, sein Athem ist kurz und besitzt jene Eigenschaft, von welcher Caska in Shakspeares Julius Cäsar eine Ohnmacht befürchtete; er ist ein Bettler auf den Trümmern, wo man nur König seyn sollte, begibt sich auch selbst aller Ansprüche auf ältere und erwachsene Leute, nur der Jugend gegenüber verwandelt er seine Krücke in einen Zepter und bläut ihr mit jenen Knochen, die er vom Göttermahle erhaschte, nicht das, was Jupiter ist, sondern den Dialekt ein, in welchem er zu den Griechen gesprochen hat. Die liebe Jugend! Jhr gegenüber
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/387>, abgerufen am 28.07.2024. |