Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

thut nichts umsonst, sie wird sich hüten, irgend eine ihrer großen Thaten, ja selbst irgend eines ihrer großen Verbrechen preis zu geben und zu verleugnen.

Der Zufall hat mich mit jener österreichischen Diplomatie in Berührung gebracht, welche mit der höhern und der polizeilichen Bestimmung derselben in der Mitte liegt. Jch werde sagen, was ich darüber gehört habe und was ich glaubte, darauf antworten zu müssen. Wir denken um keinen Preis daran, hieß es, die Richtungen, welche das Ausland nehmen will, nach unserm Compaß zu lenken. Wir betrachten euer Parlament als die organische Nothwendigkeit einer auf historischem Boden gewurzelten politischen Aufklärung. Wir sehen die Deputirtenkammer in Frankreich, die Journale, die Nationalgarde zum größten Theil als ein Spielzeug an, welches den Leichtsinn der Franzosen beschäftigen muß, welches im Nothfall auch stark genug ist, um nicht gleich durch bloßen Uebermuth zerbrochen zu werden, als Jnstitutionen, welche Vollkommenheit genug besitzen, um nicht der Tadelsucht gänzlich zu verfallen, und auf der andern Seite Fehler genug, um dem unruhigen Neuerungstriebe jener Nation als ableitender Stoff entgegen zu kommen. Was läßt sich gegen Spanien thun? Es vertheidigt mit unbesiegbarer Hartnäckigkeit alles dasjenige, wofür sich der Eigensinn dieses Landes einmal erklärt hat, und Europa kann froh seyn, wenn nur auf der pyrenäischen Halbinsel wenigstens die Ordnung und Humanität herscht, mag sie nun von Don Carlos oder der Königin gehandhabt

thut nichts umsonst, sie wird sich hüten, irgend eine ihrer großen Thaten, ja selbst irgend eines ihrer großen Verbrechen preis zu geben und zu verleugnen.

Der Zufall hat mich mit jener österreichischen Diplomatie in Berührung gebracht, welche mit der höhern und der polizeilichen Bestimmung derselben in der Mitte liegt. Jch werde sagen, was ich darüber gehört habe und was ich glaubte, darauf antworten zu müssen. Wir denken um keinen Preis daran, hieß es, die Richtungen, welche das Ausland nehmen will, nach unserm Compaß zu lenken. Wir betrachten euer Parlament als die organische Nothwendigkeit einer auf historischem Boden gewurzelten politischen Aufklärung. Wir sehen die Deputirtenkammer in Frankreich, die Journale, die Nationalgarde zum größten Theil als ein Spielzeug an, welches den Leichtsinn der Franzosen beschäftigen muß, welches im Nothfall auch stark genug ist, um nicht gleich durch bloßen Uebermuth zerbrochen zu werden, als Jnstitutionen, welche Vollkommenheit genug besitzen, um nicht der Tadelsucht gänzlich zu verfallen, und auf der andern Seite Fehler genug, um dem unruhigen Neuerungstriebe jener Nation als ableitender Stoff entgegen zu kommen. Was läßt sich gegen Spanien thun? Es vertheidigt mit unbesiegbarer Hartnäckigkeit alles dasjenige, wofür sich der Eigensinn dieses Landes einmal erklärt hat, und Europa kann froh seyn, wenn nur auf der pyrenäischen Halbinsel wenigstens die Ordnung und Humanität herscht, mag sie nun von Don Carlos oder der Königin gehandhabt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0365" n="337"/>
thut nichts umsonst, sie wird sich hüten, irgend eine ihrer großen Thaten, ja selbst irgend eines ihrer großen Verbrechen preis zu geben und zu verleugnen.</p>
        <p>Der Zufall hat mich mit jener österreichischen Diplomatie in Berührung gebracht, welche mit der höhern und der polizeilichen Bestimmung derselben in der Mitte liegt. Jch werde sagen, was ich darüber gehört habe und was ich glaubte, darauf antworten zu müssen. Wir denken um keinen Preis daran, hieß es, die Richtungen, welche das Ausland nehmen will, nach unserm Compaß zu lenken. Wir betrachten euer Parlament als die organische Nothwendigkeit einer auf historischem Boden gewurzelten politischen Aufklärung. Wir sehen die Deputirtenkammer in Frankreich, die Journale, die Nationalgarde zum größten Theil als ein Spielzeug an, welches den Leichtsinn der Franzosen beschäftigen muß, welches im Nothfall auch stark genug ist, um nicht gleich durch bloßen Uebermuth zerbrochen zu werden, als Jnstitutionen, welche Vollkommenheit genug besitzen, um nicht der Tadelsucht gänzlich zu verfallen, und auf der andern Seite Fehler genug, um dem unruhigen Neuerungstriebe jener Nation als ableitender Stoff entgegen zu kommen. Was läßt sich gegen Spanien thun? Es vertheidigt mit unbesiegbarer Hartnäckigkeit alles dasjenige, wofür sich der Eigensinn dieses Landes einmal erklärt hat, und Europa kann froh seyn, wenn nur auf der pyrenäischen Halbinsel wenigstens die Ordnung und Humanität herscht, mag sie nun von Don Carlos oder der Königin gehandhabt
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0365] thut nichts umsonst, sie wird sich hüten, irgend eine ihrer großen Thaten, ja selbst irgend eines ihrer großen Verbrechen preis zu geben und zu verleugnen. Der Zufall hat mich mit jener österreichischen Diplomatie in Berührung gebracht, welche mit der höhern und der polizeilichen Bestimmung derselben in der Mitte liegt. Jch werde sagen, was ich darüber gehört habe und was ich glaubte, darauf antworten zu müssen. Wir denken um keinen Preis daran, hieß es, die Richtungen, welche das Ausland nehmen will, nach unserm Compaß zu lenken. Wir betrachten euer Parlament als die organische Nothwendigkeit einer auf historischem Boden gewurzelten politischen Aufklärung. Wir sehen die Deputirtenkammer in Frankreich, die Journale, die Nationalgarde zum größten Theil als ein Spielzeug an, welches den Leichtsinn der Franzosen beschäftigen muß, welches im Nothfall auch stark genug ist, um nicht gleich durch bloßen Uebermuth zerbrochen zu werden, als Jnstitutionen, welche Vollkommenheit genug besitzen, um nicht der Tadelsucht gänzlich zu verfallen, und auf der andern Seite Fehler genug, um dem unruhigen Neuerungstriebe jener Nation als ableitender Stoff entgegen zu kommen. Was läßt sich gegen Spanien thun? Es vertheidigt mit unbesiegbarer Hartnäckigkeit alles dasjenige, wofür sich der Eigensinn dieses Landes einmal erklärt hat, und Europa kann froh seyn, wenn nur auf der pyrenäischen Halbinsel wenigstens die Ordnung und Humanität herscht, mag sie nun von Don Carlos oder der Königin gehandhabt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/365
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/365>, abgerufen am 22.11.2024.