Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.außer dem Bereich der Civilisation setzt, vertreten. Kann es eine feinere Rolle geben, als die, welche Pozzo di Borgo in Paris spielte? Selbst Franzose, selbst Republikaner, opferte er seine Geburt und Ueberzeugung einem Ehrgeize, der mit der Größe Napoleons wetteifern wollte. Er tritt in russische Dienste und schwingt sich allmählig während des Krieges zum Diplomaten des Feldlagers auf. Er wird Günstling und Hauptbeförderer jener politischen Vielseitigkeit, welche sich plötzlich der Staatsmänner Rußlands bemächtigte. Rußland hat drei Schulen der auswärtigen Politik gehabt. Die erste ist die einseitige der alten Bojarenpolitik, die Politik Pauls und seiner Gemahlin, die als Kaiserin Mutter noch unter Alexander einen großen Wirkungskreis behauptete und die russische Nationalität durch Absonderung, nicht durch Vermischung mit dem übrigen Europa zu heben suchte. Dieser Partei hielten die Sympathien des aufgeklärten und menschenfreundlichen Alexander das Gegengewicht. Alexander suchte seinen Stolz darin, Rußland allmählig auf das Niveau jener Bildung zu bringen, welche die übrigen europäischen Staaten auszeichnet; Alexander gehörte jener Schule der politischen Aufklärung an, welche im vorigen Jahrhundert in Schweden, Oesterreich, Rußland, Portugal, Spanien und Savoyen das Licht der Aufklärung gegen den Zugwind der Aristokratie und Geistlichkeit zu schützen suchte. Alexander klagte, daß die Verkettung der Umstände ihn zwang, gegen einen Helden Krieg zu führen, den er hochschätzte. außer dem Bereich der Civilisation setzt, vertreten. Kann es eine feinere Rolle geben, als die, welche Pozzo di Borgo in Paris spielte? Selbst Franzose, selbst Republikaner, opferte er seine Geburt und Ueberzeugung einem Ehrgeize, der mit der Größe Napoleons wetteifern wollte. Er tritt in russische Dienste und schwingt sich allmählig während des Krieges zum Diplomaten des Feldlagers auf. Er wird Günstling und Hauptbeförderer jener politischen Vielseitigkeit, welche sich plötzlich der Staatsmänner Rußlands bemächtigte. Rußland hat drei Schulen der auswärtigen Politik gehabt. Die erste ist die einseitige der alten Bojarenpolitik, die Politik Pauls und seiner Gemahlin, die als Kaiserin Mutter noch unter Alexander einen großen Wirkungskreis behauptete und die russische Nationalität durch Absonderung, nicht durch Vermischung mit dem übrigen Europa zu heben suchte. Dieser Partei hielten die Sympathien des aufgeklärten und menschenfreundlichen Alexander das Gegengewicht. Alexander suchte seinen Stolz darin, Rußland allmählig auf das Niveau jener Bildung zu bringen, welche die übrigen europäischen Staaten auszeichnet; Alexander gehörte jener Schule der politischen Aufklärung an, welche im vorigen Jahrhundert in Schweden, Oesterreich, Rußland, Portugal, Spanien und Savoyen das Licht der Aufklärung gegen den Zugwind der Aristokratie und Geistlichkeit zu schützen suchte. Alexander klagte, daß die Verkettung der Umstände ihn zwang, gegen einen Helden Krieg zu führen, den er hochschätzte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0356" n="328"/> außer dem Bereich der Civilisation setzt, vertreten. Kann es eine feinere Rolle geben, als die, welche Pozzo di Borgo in Paris spielte? Selbst Franzose, selbst Republikaner, opferte er seine Geburt und Ueberzeugung einem Ehrgeize, der mit der Größe Napoleons wetteifern wollte. Er tritt in russische Dienste und schwingt sich allmählig während des Krieges zum Diplomaten des Feldlagers auf. Er wird Günstling und Hauptbeförderer jener politischen Vielseitigkeit, welche sich plötzlich der Staatsmänner Rußlands bemächtigte.</p> <p>Rußland hat drei Schulen der auswärtigen Politik gehabt. Die erste ist die einseitige der alten Bojarenpolitik, die Politik Pauls und seiner Gemahlin, die als Kaiserin Mutter noch unter Alexander einen großen Wirkungskreis behauptete und die russische Nationalität durch Absonderung, nicht durch Vermischung mit dem übrigen Europa zu heben suchte. Dieser Partei hielten die Sympathien des aufgeklärten und menschenfreundlichen Alexander das Gegengewicht. Alexander suchte seinen Stolz darin, Rußland allmählig auf das Niveau jener Bildung zu bringen, welche die übrigen europäischen Staaten auszeichnet; Alexander gehörte jener Schule der politischen Aufklärung an, welche im vorigen Jahrhundert in Schweden, Oesterreich, Rußland, Portugal, Spanien und Savoyen das Licht der Aufklärung gegen den Zugwind der Aristokratie und Geistlichkeit zu schützen suchte. Alexander klagte, daß die Verkettung der Umstände ihn zwang, gegen einen Helden Krieg zu führen, den er hochschätzte. </p> </div> </body> </text> </TEI> [328/0356]
außer dem Bereich der Civilisation setzt, vertreten. Kann es eine feinere Rolle geben, als die, welche Pozzo di Borgo in Paris spielte? Selbst Franzose, selbst Republikaner, opferte er seine Geburt und Ueberzeugung einem Ehrgeize, der mit der Größe Napoleons wetteifern wollte. Er tritt in russische Dienste und schwingt sich allmählig während des Krieges zum Diplomaten des Feldlagers auf. Er wird Günstling und Hauptbeförderer jener politischen Vielseitigkeit, welche sich plötzlich der Staatsmänner Rußlands bemächtigte.
Rußland hat drei Schulen der auswärtigen Politik gehabt. Die erste ist die einseitige der alten Bojarenpolitik, die Politik Pauls und seiner Gemahlin, die als Kaiserin Mutter noch unter Alexander einen großen Wirkungskreis behauptete und die russische Nationalität durch Absonderung, nicht durch Vermischung mit dem übrigen Europa zu heben suchte. Dieser Partei hielten die Sympathien des aufgeklärten und menschenfreundlichen Alexander das Gegengewicht. Alexander suchte seinen Stolz darin, Rußland allmählig auf das Niveau jener Bildung zu bringen, welche die übrigen europäischen Staaten auszeichnet; Alexander gehörte jener Schule der politischen Aufklärung an, welche im vorigen Jahrhundert in Schweden, Oesterreich, Rußland, Portugal, Spanien und Savoyen das Licht der Aufklärung gegen den Zugwind der Aristokratie und Geistlichkeit zu schützen suchte. Alexander klagte, daß die Verkettung der Umstände ihn zwang, gegen einen Helden Krieg zu führen, den er hochschätzte.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/356>, abgerufen am 29.07.2024. |