Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.keine Lockspeisen mehr sind, sondern schon sehr reelle Sättigungen des Ehrgeizes. Spanische Deputirte sind bis jetzt zum größten Theil noch Kaufleute und Kapitalisten, zum kleineren ehemalige Exilirte und Politiker; die portugiesischen sind sogar Monopolisten wie Pinto Bastos, der Tabaksregent des Landes. Die Schweizer Tagsatzungsgesandten sind gewöhnlich die Beamten der kleinen Cantone und vertreten die Ereignisse, durch welche sie selbst in neuerer Zeit an das Staatsruder gekommen sind, oder die Mittel, durch welche sie sich trotz stürmischer Begebenheiten auf ihren alten Stellen behaupten konnten. Deutsche Deputirte gehören größtentheils dem Beamten- und Gelehrtenstande an, Advokaten und Professoren bilden nicht selten die Opposition. Was ist aber eine ständische Verfassung, wo man über die Befugnisse der Deputirten nicht einmal im Reinen und es noch immer nicht bestimmt ist, wie die einzelnen Staaten souverain seyn können und doch die Majorität in der Frankfurter Bundesversammlung anerkennen müssen! Dänemark hat in alten Zeiten seine ständischen Rechte freiwillig aufgegeben. Jetzt jammert es, daß sie ihm wieder gegeben werden möchten. Es muß sich einstweilen mit kleinen Provinzialversammlungen begnügen. Schweden und Norwegen sind in einem Gährungsprozesse begriffen, dessen erste Stadien auf den Charakter der letzten noch nicht schließen lassen. Um nun alle diese Betrachtungen über innere Politik abzurunden, wollen wir ihnen die Krone der Souverainität keine Lockspeisen mehr sind, sondern schon sehr reelle Sättigungen des Ehrgeizes. Spanische Deputirte sind bis jetzt zum größten Theil noch Kaufleute und Kapitalisten, zum kleineren ehemalige Exilirte und Politiker; die portugiesischen sind sogar Monopolisten wie Pinto Bastos, der Tabaksregent des Landes. Die Schweizer Tagsatzungsgesandten sind gewöhnlich die Beamten der kleinen Cantone und vertreten die Ereignisse, durch welche sie selbst in neuerer Zeit an das Staatsruder gekommen sind, oder die Mittel, durch welche sie sich trotz stürmischer Begebenheiten auf ihren alten Stellen behaupten konnten. Deutsche Deputirte gehören größtentheils dem Beamten- und Gelehrtenstande an, Advokaten und Professoren bilden nicht selten die Opposition. Was ist aber eine ständische Verfassung, wo man über die Befugnisse der Deputirten nicht einmal im Reinen und es noch immer nicht bestimmt ist, wie die einzelnen Staaten souverain seyn können und doch die Majorität in der Frankfurter Bundesversammlung anerkennen müssen! Dänemark hat in alten Zeiten seine ständischen Rechte freiwillig aufgegeben. Jetzt jammert es, daß sie ihm wieder gegeben werden möchten. Es muß sich einstweilen mit kleinen Provinzialversammlungen begnügen. Schweden und Norwegen sind in einem Gährungsprozesse begriffen, dessen erste Stadien auf den Charakter der letzten noch nicht schließen lassen. Um nun alle diese Betrachtungen über innere Politik abzurunden, wollen wir ihnen die Krone der Souverainität <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0337" n="309"/> keine Lockspeisen mehr sind, sondern schon sehr reelle Sättigungen des Ehrgeizes.</p> <p>Spanische Deputirte sind bis jetzt zum größten Theil noch Kaufleute und Kapitalisten, zum kleineren ehemalige Exilirte und Politiker; die portugiesischen sind sogar Monopolisten wie Pinto Bastos, der Tabaksregent des Landes. Die Schweizer Tagsatzungsgesandten sind gewöhnlich die Beamten der kleinen Cantone und vertreten die Ereignisse, durch welche sie selbst in neuerer Zeit an das Staatsruder gekommen sind, oder die Mittel, durch welche sie sich trotz stürmischer Begebenheiten auf ihren alten Stellen behaupten konnten. Deutsche Deputirte gehören größtentheils dem Beamten- und Gelehrtenstande an, Advokaten und Professoren bilden nicht selten die Opposition. Was ist aber eine ständische Verfassung, wo man über die Befugnisse der Deputirten nicht einmal im Reinen und es noch immer nicht bestimmt ist, wie die einzelnen Staaten souverain seyn können und doch die Majorität in der Frankfurter Bundesversammlung anerkennen müssen! Dänemark hat in alten Zeiten seine ständischen Rechte freiwillig aufgegeben. Jetzt jammert es, daß sie ihm wieder gegeben werden möchten. Es muß sich einstweilen mit kleinen Provinzialversammlungen begnügen. Schweden und Norwegen sind in einem Gährungsprozesse begriffen, dessen erste Stadien auf den Charakter der letzten noch nicht schließen lassen.</p> <p>Um nun alle diese Betrachtungen über innere Politik abzurunden, wollen wir ihnen die Krone der Souverainität </p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0337]
keine Lockspeisen mehr sind, sondern schon sehr reelle Sättigungen des Ehrgeizes.
Spanische Deputirte sind bis jetzt zum größten Theil noch Kaufleute und Kapitalisten, zum kleineren ehemalige Exilirte und Politiker; die portugiesischen sind sogar Monopolisten wie Pinto Bastos, der Tabaksregent des Landes. Die Schweizer Tagsatzungsgesandten sind gewöhnlich die Beamten der kleinen Cantone und vertreten die Ereignisse, durch welche sie selbst in neuerer Zeit an das Staatsruder gekommen sind, oder die Mittel, durch welche sie sich trotz stürmischer Begebenheiten auf ihren alten Stellen behaupten konnten. Deutsche Deputirte gehören größtentheils dem Beamten- und Gelehrtenstande an, Advokaten und Professoren bilden nicht selten die Opposition. Was ist aber eine ständische Verfassung, wo man über die Befugnisse der Deputirten nicht einmal im Reinen und es noch immer nicht bestimmt ist, wie die einzelnen Staaten souverain seyn können und doch die Majorität in der Frankfurter Bundesversammlung anerkennen müssen! Dänemark hat in alten Zeiten seine ständischen Rechte freiwillig aufgegeben. Jetzt jammert es, daß sie ihm wieder gegeben werden möchten. Es muß sich einstweilen mit kleinen Provinzialversammlungen begnügen. Schweden und Norwegen sind in einem Gährungsprozesse begriffen, dessen erste Stadien auf den Charakter der letzten noch nicht schließen lassen.
Um nun alle diese Betrachtungen über innere Politik abzurunden, wollen wir ihnen die Krone der Souverainität
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/337>, abgerufen am 28.07.2024. |