Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.zu seyn, wenn man nach dem Tarif leben muß, nach welchem dort der Staat öffentliche Dienstleistungen vergütet. Auch herrscht in Nordamerika die weise Einrichtung, daß verhältnißmäßig die Unterbehörden weit besser und die Obern weit schlechter bezahlt sind, als bei uns. Dieß ist durchaus im republikanischen Sinne gedacht und soll allem ehrgeizigen Streben nach Gewalt vorbeugen. Auch haben die untern Behörden bei einer guten Besoldung nicht nöthig, sich den oberen mit allzugroßer Hingebung anzuschließen. Deßgleichen kann der Beamte auch seine Unabhängigkeit gegen das Publikum behaupten, weil man selten Jemanden besticht, den man unbedürftig sieht. Treten wir jetzt in einen andern Kreis des innern politischen Lebens ein, so fragen wir: was kann der Unterthan, der Bürger jetzt der Regierung entgegensetzen? Das Repräsentativsystem ist keine neuere Erfindung, sondern zieht sich in uralte Zeiten der germanischen Freiheit zurück, ja, es liegt auch den griechischen Staatsverfassungen und der römischen zum Grunde. Jn allen antiken Staaten finden wir, daß, wenn vielleicht auch alle Behörden gewählt wurden, doch die kürzere Zeitdauer gegen die längere als Garantie dienen mußte. Die Behörden, welche 10 Jahre in der Gewalt waren, bildeten einen festen Wall gegen diejenigen, in welche einjährige Bevollmächtigte der großen Volksversammlung immer Bresche zu legen suchten. Das Prinzip des Alten und Neuen, das Jnteresse der Dauer und zu seyn, wenn man nach dem Tarif leben muß, nach welchem dort der Staat öffentliche Dienstleistungen vergütet. Auch herrscht in Nordamerika die weise Einrichtung, daß verhältnißmäßig die Unterbehörden weit besser und die Obern weit schlechter bezahlt sind, als bei uns. Dieß ist durchaus im republikanischen Sinne gedacht und soll allem ehrgeizigen Streben nach Gewalt vorbeugen. Auch haben die untern Behörden bei einer guten Besoldung nicht nöthig, sich den oberen mit allzugroßer Hingebung anzuschließen. Deßgleichen kann der Beamte auch seine Unabhängigkeit gegen das Publikum behaupten, weil man selten Jemanden besticht, den man unbedürftig sieht. Treten wir jetzt in einen andern Kreis des innern politischen Lebens ein, so fragen wir: was kann der Unterthan, der Bürger jetzt der Regierung entgegensetzen? Das Repräsentativsystem ist keine neuere Erfindung, sondern zieht sich in uralte Zeiten der germanischen Freiheit zurück, ja, es liegt auch den griechischen Staatsverfassungen und der römischen zum Grunde. Jn allen antiken Staaten finden wir, daß, wenn vielleicht auch alle Behörden gewählt wurden, doch die kürzere Zeitdauer gegen die längere als Garantie dienen mußte. Die Behörden, welche 10 Jahre in der Gewalt waren, bildeten einen festen Wall gegen diejenigen, in welche einjährige Bevollmächtigte der großen Volksversammlung immer Bresche zu legen suchten. Das Prinzip des Alten und Neuen, das Jnteresse der Dauer und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0324" n="296"/> zu seyn, wenn man nach dem Tarif leben muß, nach welchem dort der Staat öffentliche Dienstleistungen vergütet. Auch herrscht in Nordamerika die weise Einrichtung, daß verhältnißmäßig die Unterbehörden weit besser und die Obern weit schlechter bezahlt sind, als bei uns. Dieß ist durchaus im republikanischen Sinne gedacht und soll allem ehrgeizigen Streben nach Gewalt vorbeugen. Auch haben die untern Behörden bei einer guten Besoldung nicht nöthig, sich den oberen mit allzugroßer Hingebung anzuschließen. Deßgleichen kann der Beamte auch seine Unabhängigkeit gegen das Publikum behaupten, weil man selten Jemanden besticht, den man unbedürftig sieht.</p> <p>Treten wir jetzt in einen andern Kreis des innern politischen Lebens ein, so fragen wir: was kann der Unterthan, der Bürger jetzt der Regierung entgegensetzen? Das Repräsentativsystem ist keine neuere Erfindung, sondern zieht sich in uralte Zeiten der germanischen Freiheit zurück, ja, es liegt auch den griechischen Staatsverfassungen und der römischen zum Grunde. Jn allen antiken Staaten finden wir, daß, wenn vielleicht auch alle Behörden <hi rendition="#g">gewählt</hi> wurden, doch die kürzere Zeitdauer gegen die längere als Garantie dienen mußte. Die Behörden, welche 10 Jahre in der Gewalt waren, bildeten einen festen Wall gegen diejenigen, in welche <hi rendition="#g">ein</hi>jährige Bevollmächtigte der großen Volksversammlung immer Bresche zu legen suchten. Das Prinzip des Alten und Neuen, das Jnteresse der Dauer und </p> </div> </body> </text> </TEI> [296/0324]
zu seyn, wenn man nach dem Tarif leben muß, nach welchem dort der Staat öffentliche Dienstleistungen vergütet. Auch herrscht in Nordamerika die weise Einrichtung, daß verhältnißmäßig die Unterbehörden weit besser und die Obern weit schlechter bezahlt sind, als bei uns. Dieß ist durchaus im republikanischen Sinne gedacht und soll allem ehrgeizigen Streben nach Gewalt vorbeugen. Auch haben die untern Behörden bei einer guten Besoldung nicht nöthig, sich den oberen mit allzugroßer Hingebung anzuschließen. Deßgleichen kann der Beamte auch seine Unabhängigkeit gegen das Publikum behaupten, weil man selten Jemanden besticht, den man unbedürftig sieht.
Treten wir jetzt in einen andern Kreis des innern politischen Lebens ein, so fragen wir: was kann der Unterthan, der Bürger jetzt der Regierung entgegensetzen? Das Repräsentativsystem ist keine neuere Erfindung, sondern zieht sich in uralte Zeiten der germanischen Freiheit zurück, ja, es liegt auch den griechischen Staatsverfassungen und der römischen zum Grunde. Jn allen antiken Staaten finden wir, daß, wenn vielleicht auch alle Behörden gewählt wurden, doch die kürzere Zeitdauer gegen die längere als Garantie dienen mußte. Die Behörden, welche 10 Jahre in der Gewalt waren, bildeten einen festen Wall gegen diejenigen, in welche einjährige Bevollmächtigte der großen Volksversammlung immer Bresche zu legen suchten. Das Prinzip des Alten und Neuen, das Jnteresse der Dauer und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-09-13T12:39:16Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |