Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.daß ein solches Ereigniß, wie die Julirevolution, ich will nicht sagen ausbrechen, sondern die Folgen haben konnte, die es hatte und die es noch nährt. Glückliche Zeiten der Vergangenheit, wo es der Beamten nur halb so viele als jetzt gab, wo ihre Gehalte keine Verschwendung und keinen Uebermuth zuließen, wo sie sich für den Diener des Publikums hielten und von Sporteln, meinetwegen auch von Bestechungen lebten! Diese Mißbräuche hat man auf der einen Seite abgeschafft und auf der andern eine desto größere Anzahl erzeugt. Nun die Beamten des Publikums nicht mehr bedürfen, geizen sie auch nicht mehr nach der Gunst desselben. Was hab' ich von einem Beamten, der eingesetzt ist, mir zu dienen und der inzwischen die Miene gewonnen hat, mich beherrschen zu wollen? Ehemals kam der Rathsschreiber zu mir auf das Zimmer, jetzt werde ich vor ihn citirt und ersticke in dem Qualm eines Saales, wo man Pässe ausstellt, Lebens- und Sterbegebühren bezahlt, Gewerbescheine lösen muß und so fort. Man glaubt Wunder, was man gethan hat, daß man allen Beamten eine vollkommene Existenz sicherte und ihnen ein vornehmes Pli gab. Man hat hierdurch aus Staatsdienern Staatsherren gemacht, und fängt an sich durch die Maschinerie der Beamten mehr als erträglich belästigt zu fühlen. Glücklicherweise hat hier nicht allein der neuere Aufschwung für politische Freiheit, sondern auch die Natur in so fern genützt, als es nur auf das Aussterben dieser daß ein solches Ereigniß, wie die Julirevolution, ich will nicht sagen ausbrechen, sondern die Folgen haben konnte, die es hatte und die es noch nährt. Glückliche Zeiten der Vergangenheit, wo es der Beamten nur halb so viele als jetzt gab, wo ihre Gehalte keine Verschwendung und keinen Uebermuth zuließen, wo sie sich für den Diener des Publikums hielten und von Sporteln, meinetwegen auch von Bestechungen lebten! Diese Mißbräuche hat man auf der einen Seite abgeschafft und auf der andern eine desto größere Anzahl erzeugt. Nun die Beamten des Publikums nicht mehr bedürfen, geizen sie auch nicht mehr nach der Gunst desselben. Was hab’ ich von einem Beamten, der eingesetzt ist, mir zu dienen und der inzwischen die Miene gewonnen hat, mich beherrschen zu wollen? Ehemals kam der Rathsschreiber zu mir auf das Zimmer, jetzt werde ich vor ihn citirt und ersticke in dem Qualm eines Saales, wo man Pässe ausstellt, Lebens- und Sterbegebühren bezahlt, Gewerbescheine lösen muß und so fort. Man glaubt Wunder, was man gethan hat, daß man allen Beamten eine vollkommene Existenz sicherte und ihnen ein vornehmes Pli gab. Man hat hierdurch aus Staatsdienern Staatsherren gemacht, und fängt an sich durch die Maschinerie der Beamten mehr als erträglich belästigt zu fühlen. Glücklicherweise hat hier nicht allein der neuere Aufschwung für politische Freiheit, sondern auch die Natur in so fern genützt, als es nur auf das Aussterben dieser <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0321" n="293"/> daß ein solches Ereigniß, wie die Julirevolution, ich will nicht sagen ausbrechen, sondern die Folgen haben konnte, die es hatte und die es noch nährt. Glückliche Zeiten der Vergangenheit, wo es der Beamten nur halb so viele als jetzt gab, wo ihre Gehalte keine Verschwendung und keinen Uebermuth zuließen, wo sie sich für den Diener des Publikums hielten und von Sporteln, meinetwegen auch von Bestechungen lebten! Diese Mißbräuche hat man auf der einen Seite abgeschafft und auf der andern eine desto größere Anzahl erzeugt. Nun die Beamten des Publikums nicht mehr bedürfen, geizen sie auch nicht mehr nach der Gunst desselben. Was hab’ ich von einem Beamten, der eingesetzt ist, mir zu dienen und der inzwischen die Miene gewonnen hat, mich beherrschen zu wollen? Ehemals kam der Rathsschreiber zu mir auf das Zimmer, jetzt werde ich vor ihn citirt und ersticke in dem Qualm eines Saales, wo man Pässe ausstellt, Lebens- und Sterbegebühren bezahlt, Gewerbescheine lösen muß und so fort. Man glaubt Wunder, was man gethan hat, daß man allen Beamten eine vollkommene Existenz sicherte und ihnen ein vornehmes Pli gab. Man hat hierdurch aus Staatsdienern Staatsherren gemacht, und fängt an sich durch die Maschinerie der Beamten mehr als erträglich belästigt zu fühlen.</p> <p>Glücklicherweise hat hier nicht allein der neuere Aufschwung für politische Freiheit, sondern auch die Natur in so fern genützt, als es nur auf das Aussterben dieser </p> </div> </body> </text> </TEI> [293/0321]
daß ein solches Ereigniß, wie die Julirevolution, ich will nicht sagen ausbrechen, sondern die Folgen haben konnte, die es hatte und die es noch nährt. Glückliche Zeiten der Vergangenheit, wo es der Beamten nur halb so viele als jetzt gab, wo ihre Gehalte keine Verschwendung und keinen Uebermuth zuließen, wo sie sich für den Diener des Publikums hielten und von Sporteln, meinetwegen auch von Bestechungen lebten! Diese Mißbräuche hat man auf der einen Seite abgeschafft und auf der andern eine desto größere Anzahl erzeugt. Nun die Beamten des Publikums nicht mehr bedürfen, geizen sie auch nicht mehr nach der Gunst desselben. Was hab’ ich von einem Beamten, der eingesetzt ist, mir zu dienen und der inzwischen die Miene gewonnen hat, mich beherrschen zu wollen? Ehemals kam der Rathsschreiber zu mir auf das Zimmer, jetzt werde ich vor ihn citirt und ersticke in dem Qualm eines Saales, wo man Pässe ausstellt, Lebens- und Sterbegebühren bezahlt, Gewerbescheine lösen muß und so fort. Man glaubt Wunder, was man gethan hat, daß man allen Beamten eine vollkommene Existenz sicherte und ihnen ein vornehmes Pli gab. Man hat hierdurch aus Staatsdienern Staatsherren gemacht, und fängt an sich durch die Maschinerie der Beamten mehr als erträglich belästigt zu fühlen.
Glücklicherweise hat hier nicht allein der neuere Aufschwung für politische Freiheit, sondern auch die Natur in so fern genützt, als es nur auf das Aussterben dieser
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-09-13T12:39:16Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |