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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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der Provinz - dieß ist die Aufgabe für einen Sittenmaler. Der erstere kann unmöglich so stolz werden, wie der letztere, weil doch wahrlich die Hauptstadt mancherlei Verhältnisse darbieten wird, gegen welche sich der stolze Wähler doch nur als ein unbeholfenes Organ eines fremden Willens fühlen wird. Die Aristokratie der Geburt, der Verwaltung, der Börse drängt jenen Bierbrauer zurück, welcher dem Staate eine außerordentliche Steuerlast contribuirt, und der auf der einen Seite abhängig ist von dem gemeinen Volk, welches seine Kundschaft bildet, und auf der andern Seite gern seine Frau, seine Kinder und besonders seine Tochter, die französisch spricht, Gedichte und sogar Gemälde macht, und sein Gesinde, seine Pferde mit dem des Staatsmannes oder Banquiers möchte wetteifern lassen. Diese Leute haben selten einen festen politischen Willen oder erhalten ihn erst in Folge einer Zurücksetzung, wo sie sich gekränkt glauben und sich durch den Gebrauch ihrer Stimme für die erlittene Unbill rächen. Sie haben das Gute, daß sie der Bestechung schwer zugänglich sind, wenigstens jener gemeinen, welche einen Boten mit baarem Gelde in das Haus des Wählers schickt und sogar, wenn sie es verlangt, eine Quittung dafür fodern darf. Doch gibt es feinere Arten, auch die Unpartheilichkeit dieser Männer zu untergraben. Man kennt ihre Schwäche, ihren Wetteifer mit der Aristokratie, man grüßt sie im Theater, man läßt seine Kinder mit den ihrigen schön thun. Kein entschieden ehrgeiziger Staatsmann

der Provinz – dieß ist die Aufgabe für einen Sittenmaler. Der erstere kann unmöglich so stolz werden, wie der letztere, weil doch wahrlich die Hauptstadt mancherlei Verhältnisse darbieten wird, gegen welche sich der stolze Wähler doch nur als ein unbeholfenes Organ eines fremden Willens fühlen wird. Die Aristokratie der Geburt, der Verwaltung, der Börse drängt jenen Bierbrauer zurück, welcher dem Staate eine außerordentliche Steuerlast contribuirt, und der auf der einen Seite abhängig ist von dem gemeinen Volk, welches seine Kundschaft bildet, und auf der andern Seite gern seine Frau, seine Kinder und besonders seine Tochter, die französisch spricht, Gedichte und sogar Gemälde macht, und sein Gesinde, seine Pferde mit dem des Staatsmannes oder Banquiers möchte wetteifern lassen. Diese Leute haben selten einen festen politischen Willen oder erhalten ihn erst in Folge einer Zurücksetzung, wo sie sich gekränkt glauben und sich durch den Gebrauch ihrer Stimme für die erlittene Unbill rächen. Sie haben das Gute, daß sie der Bestechung schwer zugänglich sind, wenigstens jener gemeinen, welche einen Boten mit baarem Gelde in das Haus des Wählers schickt und sogar, wenn sie es verlangt, eine Quittung dafür fodern darf. Doch gibt es feinere Arten, auch die Unpartheilichkeit dieser Männer zu untergraben. Man kennt ihre Schwäche, ihren Wetteifer mit der Aristokratie, man grüßt sie im Theater, man läßt seine Kinder mit den ihrigen schön thun. Kein entschieden ehrgeiziger Staatsmann

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[284/0312] der Provinz – dieß ist die Aufgabe für einen Sittenmaler. Der erstere kann unmöglich so stolz werden, wie der letztere, weil doch wahrlich die Hauptstadt mancherlei Verhältnisse darbieten wird, gegen welche sich der stolze Wähler doch nur als ein unbeholfenes Organ eines fremden Willens fühlen wird. Die Aristokratie der Geburt, der Verwaltung, der Börse drängt jenen Bierbrauer zurück, welcher dem Staate eine außerordentliche Steuerlast contribuirt, und der auf der einen Seite abhängig ist von dem gemeinen Volk, welches seine Kundschaft bildet, und auf der andern Seite gern seine Frau, seine Kinder und besonders seine Tochter, die französisch spricht, Gedichte und sogar Gemälde macht, und sein Gesinde, seine Pferde mit dem des Staatsmannes oder Banquiers möchte wetteifern lassen. Diese Leute haben selten einen festen politischen Willen oder erhalten ihn erst in Folge einer Zurücksetzung, wo sie sich gekränkt glauben und sich durch den Gebrauch ihrer Stimme für die erlittene Unbill rächen. Sie haben das Gute, daß sie der Bestechung schwer zugänglich sind, wenigstens jener gemeinen, welche einen Boten mit baarem Gelde in das Haus des Wählers schickt und sogar, wenn sie es verlangt, eine Quittung dafür fodern darf. Doch gibt es feinere Arten, auch die Unpartheilichkeit dieser Männer zu untergraben. Man kennt ihre Schwäche, ihren Wetteifer mit der Aristokratie, man grüßt sie im Theater, man läßt seine Kinder mit den ihrigen schön thun. Kein entschieden ehrgeiziger Staatsmann

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/312>, abgerufen am 24.11.2024.