Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Whiggismus oder Torysmus, linke oder rechte Seite, oder was man sonst für Ausdrücke hat, um die Richtung der Gemüther und Tendenzen unserer Zeit zu bezeichnen, entscheiden die Bestimmung dieser Zeit, sondern nur die beiden Gesichtspunkte: Soll die politische Frage auf eine rein juristische reducirt oder auf eine allgemein menschliche ausgedehnt werden? Freiheit und Tyrannei, Stoß und Gegenstoß, Vor- und Rückwärts kommen hier nicht mehr in Betracht. Denn was will man sagen? Die Jdeen von Wahrheit und Recht stehen zu licht am Firmament unseres Himmels, zu deutlich in jedes Menschen Brust, als daß Männer wie Ferdinand der VJJ., Polignac, Wellington, die ganze Reihe der Liberticiden als etwas Andres betrachtet werden können, denn als Spreu, welche der Wind verweht. Um jene beiden Fragen, welche wir so eben als den Süd- und Nordpol unsrer Zeit betrachtet haben, richtig an sich und tüchtig durch uns zu lösen, bedarf es gleich redlicher Kräfte, bedarf es gleich freier Gesinnungen, bedarf es gleich unbefleckter und bestechungsloser Hände; die Entscheidung jener beiden Fragen ist nicht auf der Wagschale eines bessern oder schlechtern Willens, sondern der richtigen Ueberzeugung auf der einen Seite des Zufalls und der göttlichen Fügung auf der andern gelegen. Sollen wir den jetzt so sehr in Frage gestellten Bürger gänzlich emancipiren, sollen wir ihm alle jene juristische und staatsrechtliche Freiheit geben, nach der er sich sehnt? Oder sollen wir die politische Debatte in dieser engen Abzirkelung für Whiggismus oder Torysmus, linke oder rechte Seite, oder was man sonst für Ausdrücke hat, um die Richtung der Gemüther und Tendenzen unserer Zeit zu bezeichnen, entscheiden die Bestimmung dieser Zeit, sondern nur die beiden Gesichtspunkte: Soll die politische Frage auf eine rein juristische reducirt oder auf eine allgemein menschliche ausgedehnt werden? Freiheit und Tyrannei, Stoß und Gegenstoß, Vor- und Rückwärts kommen hier nicht mehr in Betracht. Denn was will man sagen? Die Jdeen von Wahrheit und Recht stehen zu licht am Firmament unseres Himmels, zu deutlich in jedes Menschen Brust, als daß Männer wie Ferdinand der VJJ., Polignac, Wellington, die ganze Reihe der Liberticiden als etwas Andres betrachtet werden können, denn als Spreu, welche der Wind verweht. Um jene beiden Fragen, welche wir so eben als den Süd- und Nordpol unsrer Zeit betrachtet haben, richtig an sich und tüchtig durch uns zu lösen, bedarf es gleich redlicher Kräfte, bedarf es gleich freier Gesinnungen, bedarf es gleich unbefleckter und bestechungsloser Hände; die Entscheidung jener beiden Fragen ist nicht auf der Wagschale eines bessern oder schlechtern Willens, sondern der richtigen Ueberzeugung auf der einen Seite des Zufalls und der göttlichen Fügung auf der andern gelegen. Sollen wir den jetzt so sehr in Frage gestellten Bürger gänzlich emancipiren, sollen wir ihm alle jene juristische und staatsrechtliche Freiheit geben, nach der er sich sehnt? Oder sollen wir die politische Debatte in dieser engen Abzirkelung für <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0305" n="277"/> Whiggismus oder Torysmus, linke oder rechte Seite, oder was man sonst für Ausdrücke hat, um die Richtung der Gemüther und Tendenzen unserer Zeit zu bezeichnen, entscheiden die Bestimmung dieser Zeit, sondern nur die beiden Gesichtspunkte: Soll die politische Frage auf eine rein juristische reducirt oder auf eine allgemein menschliche ausgedehnt werden? Freiheit und Tyrannei, Stoß und Gegenstoß, Vor- und Rückwärts kommen hier nicht mehr in Betracht. Denn was will man sagen? Die Jdeen von Wahrheit und Recht stehen zu licht am Firmament unseres Himmels, zu deutlich in jedes Menschen Brust, als daß Männer wie Ferdinand der <hi rendition="#aq">VJJ</hi>., Polignac, Wellington, die ganze Reihe der Liberticiden als etwas Andres betrachtet werden können, denn als Spreu, welche der Wind verweht. Um jene beiden Fragen, welche wir so eben als den Süd- und Nordpol unsrer Zeit betrachtet haben, richtig an sich und tüchtig durch uns zu lösen, bedarf es gleich redlicher Kräfte, bedarf es gleich freier Gesinnungen, bedarf es gleich unbefleckter und bestechungsloser Hände; die Entscheidung jener beiden Fragen ist nicht auf der Wagschale eines bessern oder schlechtern Willens, sondern der richtigen Ueberzeugung auf der einen Seite des Zufalls und der göttlichen Fügung auf der andern gelegen. Sollen wir den jetzt so sehr in Frage gestellten Bürger gänzlich emancipiren, sollen wir ihm alle jene juristische und staatsrechtliche Freiheit geben, nach der er sich sehnt? Oder sollen wir die politische Debatte in dieser engen Abzirkelung für </p> </div> </body> </text> </TEI> [277/0305]
Whiggismus oder Torysmus, linke oder rechte Seite, oder was man sonst für Ausdrücke hat, um die Richtung der Gemüther und Tendenzen unserer Zeit zu bezeichnen, entscheiden die Bestimmung dieser Zeit, sondern nur die beiden Gesichtspunkte: Soll die politische Frage auf eine rein juristische reducirt oder auf eine allgemein menschliche ausgedehnt werden? Freiheit und Tyrannei, Stoß und Gegenstoß, Vor- und Rückwärts kommen hier nicht mehr in Betracht. Denn was will man sagen? Die Jdeen von Wahrheit und Recht stehen zu licht am Firmament unseres Himmels, zu deutlich in jedes Menschen Brust, als daß Männer wie Ferdinand der VJJ., Polignac, Wellington, die ganze Reihe der Liberticiden als etwas Andres betrachtet werden können, denn als Spreu, welche der Wind verweht. Um jene beiden Fragen, welche wir so eben als den Süd- und Nordpol unsrer Zeit betrachtet haben, richtig an sich und tüchtig durch uns zu lösen, bedarf es gleich redlicher Kräfte, bedarf es gleich freier Gesinnungen, bedarf es gleich unbefleckter und bestechungsloser Hände; die Entscheidung jener beiden Fragen ist nicht auf der Wagschale eines bessern oder schlechtern Willens, sondern der richtigen Ueberzeugung auf der einen Seite des Zufalls und der göttlichen Fügung auf der andern gelegen. Sollen wir den jetzt so sehr in Frage gestellten Bürger gänzlich emancipiren, sollen wir ihm alle jene juristische und staatsrechtliche Freiheit geben, nach der er sich sehnt? Oder sollen wir die politische Debatte in dieser engen Abzirkelung für
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