Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.unbekannten Welt hinein. Er gebrauchte die Vorsicht, sich für einen Kaufmann auszugeben. Er verkaufte in Timbuktu seine Waaren, verzehrte aber das dafür eingelöste Geld und sah sich genöthigt zu betteln. Er pflegte sich an Karawanen als ein bescheidner, armer Hilfsbedürftiger anzuschließen. Auf diese Weise durchzog er durch glühende Sandwüsten das mittlere Afrika so weit, bis er endlich in den marokkanischen Raubstaaten wieder herauskam. Caille's Abenteuer sind um so interessanter, da es ihm an allen Vorkenntnissen, die zu einer Entdeckungsreise gehören würden, fehlte. Ein Wollaston würde wesentlichere Resultate aus Timbuktu zurückgebracht haben, aber auch Gefahr gelaufen seyn, von den mißtrauischen Einheimischen bei dem ersten Experiment, das er gemacht hätte, für einen Zauberer angesehen und darnach behandelt worden zu seyn. Jm Allgemeinen ist das Bild, welches wir durch Caille vom innern Afrika erhalten haben, ein wüstes und ödes. Die Städte sind in den tiefen Sand nur leise und mit Vorsicht eingesenkt. Die Hitze des Aequators treibt den Keim jeder nach Leben ringenden Vegetation in die allgemeine Asche des Erdreichs zurück. Selten, daß sich eine Pflanze einige Fuß über die mütterliche Erde hinauswagt. Nirgends der Gesang eines Vogels, Todtenstille auf den Straßen, die Grabesgedanken der egyptischen Welt in förmliche Verwesungsbegriffe gesteigert. Verläßt man die Stätte, so kann man wohl kennen lernen, wodurch im Menschen das religiöse Gefühl geweckt wird. Es ist unbekannten Welt hinein. Er gebrauchte die Vorsicht, sich für einen Kaufmann auszugeben. Er verkaufte in Timbuktu seine Waaren, verzehrte aber das dafür eingelöste Geld und sah sich genöthigt zu betteln. Er pflegte sich an Karawanen als ein bescheidner, armer Hilfsbedürftiger anzuschließen. Auf diese Weise durchzog er durch glühende Sandwüsten das mittlere Afrika so weit, bis er endlich in den marokkanischen Raubstaaten wieder herauskam. Caillé’s Abenteuer sind um so interessanter, da es ihm an allen Vorkenntnissen, die zu einer Entdeckungsreise gehören würden, fehlte. Ein Wollaston würde wesentlichere Resultate aus Timbuktu zurückgebracht haben, aber auch Gefahr gelaufen seyn, von den mißtrauischen Einheimischen bei dem ersten Experiment, das er gemacht hätte, für einen Zauberer angesehen und darnach behandelt worden zu seyn. Jm Allgemeinen ist das Bild, welches wir durch Caillé vom innern Afrika erhalten haben, ein wüstes und ödes. Die Städte sind in den tiefen Sand nur leise und mit Vorsicht eingesenkt. Die Hitze des Aequators treibt den Keim jeder nach Leben ringenden Vegetation in die allgemeine Asche des Erdreichs zurück. Selten, daß sich eine Pflanze einige Fuß über die mütterliche Erde hinauswagt. Nirgends der Gesang eines Vogels, Todtenstille auf den Straßen, die Grabesgedanken der egyptischen Welt in förmliche Verwesungsbegriffe gesteigert. Verläßt man die Stätte, so kann man wohl kennen lernen, wodurch im Menschen das religiöse Gefühl geweckt wird. Es ist <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0268" n="240"/> unbekannten Welt hinein. Er gebrauchte die Vorsicht, sich für einen Kaufmann auszugeben. Er verkaufte in Timbuktu seine Waaren, verzehrte aber das dafür eingelöste Geld und sah sich genöthigt zu betteln. Er pflegte sich an Karawanen als ein bescheidner, armer Hilfsbedürftiger anzuschließen. Auf diese Weise durchzog er durch glühende Sandwüsten das mittlere Afrika so weit, bis er endlich in den marokkanischen Raubstaaten wieder herauskam. Caillé’s Abenteuer sind um so interessanter, da es ihm an allen Vorkenntnissen, die zu einer Entdeckungsreise gehören würden, fehlte. Ein Wollaston würde wesentlichere Resultate aus Timbuktu zurückgebracht haben, aber auch Gefahr gelaufen seyn, von den mißtrauischen Einheimischen bei dem ersten Experiment, das er gemacht hätte, für einen Zauberer angesehen und darnach behandelt worden zu seyn. Jm Allgemeinen ist das Bild, welches wir durch Caillé vom innern Afrika erhalten haben, ein wüstes und ödes. Die Städte sind in den tiefen Sand nur leise und mit Vorsicht eingesenkt. Die Hitze des Aequators treibt den Keim jeder nach Leben ringenden Vegetation in die allgemeine Asche des Erdreichs zurück. Selten, daß sich eine Pflanze einige Fuß über die mütterliche Erde hinauswagt. Nirgends der Gesang eines Vogels, Todtenstille auf den Straßen, die Grabesgedanken der egyptischen Welt in förmliche Verwesungsbegriffe gesteigert. Verläßt man die Stätte, so kann man wohl kennen lernen, wodurch im Menschen das religiöse Gefühl geweckt wird. Es ist </p> </div> </body> </text> </TEI> [240/0268]
unbekannten Welt hinein. Er gebrauchte die Vorsicht, sich für einen Kaufmann auszugeben. Er verkaufte in Timbuktu seine Waaren, verzehrte aber das dafür eingelöste Geld und sah sich genöthigt zu betteln. Er pflegte sich an Karawanen als ein bescheidner, armer Hilfsbedürftiger anzuschließen. Auf diese Weise durchzog er durch glühende Sandwüsten das mittlere Afrika so weit, bis er endlich in den marokkanischen Raubstaaten wieder herauskam. Caillé’s Abenteuer sind um so interessanter, da es ihm an allen Vorkenntnissen, die zu einer Entdeckungsreise gehören würden, fehlte. Ein Wollaston würde wesentlichere Resultate aus Timbuktu zurückgebracht haben, aber auch Gefahr gelaufen seyn, von den mißtrauischen Einheimischen bei dem ersten Experiment, das er gemacht hätte, für einen Zauberer angesehen und darnach behandelt worden zu seyn. Jm Allgemeinen ist das Bild, welches wir durch Caillé vom innern Afrika erhalten haben, ein wüstes und ödes. Die Städte sind in den tiefen Sand nur leise und mit Vorsicht eingesenkt. Die Hitze des Aequators treibt den Keim jeder nach Leben ringenden Vegetation in die allgemeine Asche des Erdreichs zurück. Selten, daß sich eine Pflanze einige Fuß über die mütterliche Erde hinauswagt. Nirgends der Gesang eines Vogels, Todtenstille auf den Straßen, die Grabesgedanken der egyptischen Welt in förmliche Verwesungsbegriffe gesteigert. Verläßt man die Stätte, so kann man wohl kennen lernen, wodurch im Menschen das religiöse Gefühl geweckt wird. Es ist
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/268>, abgerufen am 28.07.2024. |