Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Jndustriegesetze zu ihrem eignen und dem allgemeinen Besten beschäftigen könnte. Jeder Staatsmann und Gesetzgeber soll sich über das Arbeitsquantum der Nation, für deren Wohl er zu sorgen hat, einen sichern Ansatz machen. Er soll berechnen: 1) Soviel sind zu ernähren, 2) Soviel haben, 3) Soviel müssen verdienen. Er muß von seinen Ansätzen, wenn er sie im Durchschnitt macht, den Reichthum abziehen; denn der ist todt und würde, wenn er coulant werden sollte, doch auch nur todte Verschwendung werden müssen. Er muß ferner abziehen den Müßiggang privilegirter Aristokratien, die davon leben, daß sie so oder so heißen, daß sie dieß oder jenes vorstellen; er muß sich eine klare Vorstellung machen sowohl über das, was gebraucht wird, als über das, was vorhanden ist. Der Staatsmann muß einsehen, daß alle diese Berechnungen nicht Stich halten, wenn nicht ein Reservefond von Arbeiten, die noch nicht begonnen, von gleichsam Kapitalien, die noch nicht angegriffen sind, vorhanden ist. Diesem Reservefond, einem unbebauten und zum Theil noch unentdeckten Lande, widme er eine spezielle Aufsicht, engagire Künstler, Gelehrte und praktische Geschäftsmänner, um zu forschen, wie und wo noch neue unbekannte Goldadern nationeller Thätigkeit zu entdecken sind. Bricht nun der Aufklärung und dem Zeitgeist zu Gefallen hier oder da eine Arbeitsbranche ab, so möge eine der reformirten Minen angelassen und den Betheiligten zur Bearbeitung angewiesen werden. Und wieviel Möglichkeiten gibt es Jndustriegesetze zu ihrem eignen und dem allgemeinen Besten beschäftigen könnte. Jeder Staatsmann und Gesetzgeber soll sich über das Arbeitsquantum der Nation, für deren Wohl er zu sorgen hat, einen sichern Ansatz machen. Er soll berechnen: 1) Soviel sind zu ernähren, 2) Soviel haben, 3) Soviel müssen verdienen. Er muß von seinen Ansätzen, wenn er sie im Durchschnitt macht, den Reichthum abziehen; denn der ist todt und würde, wenn er coulant werden sollte, doch auch nur todte Verschwendung werden müssen. Er muß ferner abziehen den Müßiggang privilegirter Aristokratien, die davon leben, daß sie so oder so heißen, daß sie dieß oder jenes vorstellen; er muß sich eine klare Vorstellung machen sowohl über das, was gebraucht wird, als über das, was vorhanden ist. Der Staatsmann muß einsehen, daß alle diese Berechnungen nicht Stich halten, wenn nicht ein Reservefond von Arbeiten, die noch nicht begonnen, von gleichsam Kapitalien, die noch nicht angegriffen sind, vorhanden ist. Diesem Reservefond, einem unbebauten und zum Theil noch unentdeckten Lande, widme er eine spezielle Aufsicht, engagire Künstler, Gelehrte und praktische Geschäftsmänner, um zu forschen, wie und wo noch neue unbekannte Goldadern nationeller Thätigkeit zu entdecken sind. Bricht nun der Aufklärung und dem Zeitgeist zu Gefallen hier oder da eine Arbeitsbranche ab, so möge eine der reformirten Minen angelassen und den Betheiligten zur Bearbeitung angewiesen werden. Und wieviel Möglichkeiten gibt es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0255" n="227"/> Jndustriegesetze zu ihrem eignen und dem allgemeinen Besten beschäftigen könnte.</p> <p>Jeder Staatsmann und Gesetzgeber soll sich über das Arbeitsquantum der Nation, für deren Wohl er zu sorgen hat, einen sichern Ansatz machen. Er soll berechnen: 1) Soviel sind zu ernähren, 2) Soviel haben, 3) Soviel müssen verdienen. Er muß von seinen Ansätzen, wenn er sie im Durchschnitt macht, den Reichthum abziehen; denn der ist todt und würde, wenn er coulant werden sollte, doch auch nur todte Verschwendung werden müssen. Er muß ferner abziehen den Müßiggang privilegirter Aristokratien, die davon leben, daß sie so oder so heißen, daß sie dieß oder jenes vorstellen; er muß sich eine klare Vorstellung machen sowohl über das, was gebraucht wird, als über das, was vorhanden ist. Der Staatsmann muß einsehen, daß alle diese Berechnungen nicht Stich halten, wenn nicht ein Reservefond von Arbeiten, die noch nicht begonnen, von gleichsam Kapitalien, die noch nicht angegriffen sind, vorhanden ist. Diesem Reservefond, einem unbebauten und zum Theil noch unentdeckten Lande, widme er eine spezielle Aufsicht, engagire Künstler, Gelehrte und praktische Geschäftsmänner, um zu forschen, wie und wo noch neue unbekannte Goldadern nationeller Thätigkeit zu entdecken sind. Bricht nun der Aufklärung und dem Zeitgeist zu Gefallen hier oder da eine Arbeitsbranche ab, so möge eine der reformirten Minen angelassen und den Betheiligten zur Bearbeitung angewiesen werden. Und wieviel Möglichkeiten gibt es </p> </div> </body> </text> </TEI> [227/0255]
Jndustriegesetze zu ihrem eignen und dem allgemeinen Besten beschäftigen könnte.
Jeder Staatsmann und Gesetzgeber soll sich über das Arbeitsquantum der Nation, für deren Wohl er zu sorgen hat, einen sichern Ansatz machen. Er soll berechnen: 1) Soviel sind zu ernähren, 2) Soviel haben, 3) Soviel müssen verdienen. Er muß von seinen Ansätzen, wenn er sie im Durchschnitt macht, den Reichthum abziehen; denn der ist todt und würde, wenn er coulant werden sollte, doch auch nur todte Verschwendung werden müssen. Er muß ferner abziehen den Müßiggang privilegirter Aristokratien, die davon leben, daß sie so oder so heißen, daß sie dieß oder jenes vorstellen; er muß sich eine klare Vorstellung machen sowohl über das, was gebraucht wird, als über das, was vorhanden ist. Der Staatsmann muß einsehen, daß alle diese Berechnungen nicht Stich halten, wenn nicht ein Reservefond von Arbeiten, die noch nicht begonnen, von gleichsam Kapitalien, die noch nicht angegriffen sind, vorhanden ist. Diesem Reservefond, einem unbebauten und zum Theil noch unentdeckten Lande, widme er eine spezielle Aufsicht, engagire Künstler, Gelehrte und praktische Geschäftsmänner, um zu forschen, wie und wo noch neue unbekannte Goldadern nationeller Thätigkeit zu entdecken sind. Bricht nun der Aufklärung und dem Zeitgeist zu Gefallen hier oder da eine Arbeitsbranche ab, so möge eine der reformirten Minen angelassen und den Betheiligten zur Bearbeitung angewiesen werden. Und wieviel Möglichkeiten gibt es
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/255>, abgerufen am 16.02.2025. |