Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Jm Allgemeinen ist die Natur die große Macht, die hier allein wirken und ordnen kann. Aber die Natur ist grausam, sie baut nur nach Zerstörungen auf; wo sie Gleichgewicht schafft, thut sie es mit geringer Rücksicht auf den Ballast, den sie aus dem Schiffe wirft, um es oben zu erhalten. Wer ihren Riesenschritten im Wege steht, wird zertreten; wer ihr in die Arme fällt, den erdrückt sie oder schleudert ihn weit hinter sich zurück. So wird es auch in allen Verhältnissen gehen, welche die Schwierigkeit der menschlichen Existenz, die Uebervölkerung und Ueberfüllung aller Geschäftsbranchen vermehren. Was in der Natur liegt, was der gesunde, kalte, nüchterne Verstand dieser halb göttlichen, halb dämonischen Gewalt ist, was bei ihr so zu sagen auf der Hand liegt, das setzt sie durch, ohne Verantwortung; denn die Menschen hält sie für ihr eigenes Produkt und schaltet und waltet nach Belieben mit Seelen, zu denen sie wenigstens die fleischlichen Hüllen lieferte. Die Perruquiers würden, wenn es nach der Natur gegangen wäre, alle verhungert seyn. Alle die Handarbeiten, welche durch die neuen Erfindungen von Maschinen ersetzt werden, alle Stuhlarbeiter, Mousselinweber und Garnspinner tritt die Natur nieder. Ja, wenn es nicht noch einige Bücher gäbe, die man sauber gedruckt zu haben wünscht, so würden auch die Drucker, abgelöst von den Schnellpressen, darben, betteln, verderben können. Hier soll nun das menschliche Herz, die Staatskunst Jm Allgemeinen ist die Natur die große Macht, die hier allein wirken und ordnen kann. Aber die Natur ist grausam, sie baut nur nach Zerstörungen auf; wo sie Gleichgewicht schafft, thut sie es mit geringer Rücksicht auf den Ballast, den sie aus dem Schiffe wirft, um es oben zu erhalten. Wer ihren Riesenschritten im Wege steht, wird zertreten; wer ihr in die Arme fällt, den erdrückt sie oder schleudert ihn weit hinter sich zurück. So wird es auch in allen Verhältnissen gehen, welche die Schwierigkeit der menschlichen Existenz, die Uebervölkerung und Ueberfüllung aller Geschäftsbranchen vermehren. Was in der Natur liegt, was der gesunde, kalte, nüchterne Verstand dieser halb göttlichen, halb dämonischen Gewalt ist, was bei ihr so zu sagen auf der Hand liegt, das setzt sie durch, ohne Verantwortung; denn die Menschen hält sie für ihr eigenes Produkt und schaltet und waltet nach Belieben mit Seelen, zu denen sie wenigstens die fleischlichen Hüllen lieferte. Die Perruquiers würden, wenn es nach der Natur gegangen wäre, alle verhungert seyn. Alle die Handarbeiten, welche durch die neuen Erfindungen von Maschinen ersetzt werden, alle Stuhlarbeiter, Mousselinweber und Garnspinner tritt die Natur nieder. Ja, wenn es nicht noch einige Bücher gäbe, die man sauber gedruckt zu haben wünscht, so würden auch die Drucker, abgelöst von den Schnellpressen, darben, betteln, verderben können. Hier soll nun das menschliche Herz, die Staatskunst <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0252" n="224"/> <p> Jm Allgemeinen ist die Natur die große Macht, die hier allein wirken und ordnen kann. Aber die Natur ist grausam, sie baut nur nach Zerstörungen auf; wo sie Gleichgewicht schafft, thut sie es mit geringer Rücksicht auf den Ballast, den sie aus dem Schiffe wirft, um es oben zu erhalten. Wer ihren Riesenschritten im Wege steht, wird zertreten; wer ihr in die Arme fällt, den erdrückt sie oder schleudert ihn weit hinter sich zurück. So wird es auch in allen Verhältnissen gehen, welche die Schwierigkeit der menschlichen Existenz, die Uebervölkerung und Ueberfüllung aller Geschäftsbranchen vermehren. Was in der Natur liegt, was der gesunde, kalte, nüchterne Verstand dieser halb göttlichen, halb dämonischen Gewalt ist, was bei ihr so zu sagen auf der Hand liegt, das setzt sie durch, ohne Verantwortung; denn die Menschen hält sie für ihr eigenes Produkt und schaltet und waltet nach Belieben mit Seelen, zu denen sie wenigstens die fleischlichen Hüllen lieferte. Die Perruquiers würden, wenn es nach der Natur gegangen wäre, alle verhungert seyn. Alle die Handarbeiten, welche durch die neuen Erfindungen von Maschinen ersetzt werden, alle Stuhlarbeiter, Mousselinweber und Garnspinner tritt die Natur nieder. Ja, wenn es nicht noch einige Bücher gäbe, die man sauber gedruckt zu haben wünscht, so würden auch die Drucker, abgelöst von den Schnellpressen, darben, betteln, verderben können.</p> <p>Hier soll nun das menschliche Herz, die Staatskunst </p> </div> </body> </text> </TEI> [224/0252]
Jm Allgemeinen ist die Natur die große Macht, die hier allein wirken und ordnen kann. Aber die Natur ist grausam, sie baut nur nach Zerstörungen auf; wo sie Gleichgewicht schafft, thut sie es mit geringer Rücksicht auf den Ballast, den sie aus dem Schiffe wirft, um es oben zu erhalten. Wer ihren Riesenschritten im Wege steht, wird zertreten; wer ihr in die Arme fällt, den erdrückt sie oder schleudert ihn weit hinter sich zurück. So wird es auch in allen Verhältnissen gehen, welche die Schwierigkeit der menschlichen Existenz, die Uebervölkerung und Ueberfüllung aller Geschäftsbranchen vermehren. Was in der Natur liegt, was der gesunde, kalte, nüchterne Verstand dieser halb göttlichen, halb dämonischen Gewalt ist, was bei ihr so zu sagen auf der Hand liegt, das setzt sie durch, ohne Verantwortung; denn die Menschen hält sie für ihr eigenes Produkt und schaltet und waltet nach Belieben mit Seelen, zu denen sie wenigstens die fleischlichen Hüllen lieferte. Die Perruquiers würden, wenn es nach der Natur gegangen wäre, alle verhungert seyn. Alle die Handarbeiten, welche durch die neuen Erfindungen von Maschinen ersetzt werden, alle Stuhlarbeiter, Mousselinweber und Garnspinner tritt die Natur nieder. Ja, wenn es nicht noch einige Bücher gäbe, die man sauber gedruckt zu haben wünscht, so würden auch die Drucker, abgelöst von den Schnellpressen, darben, betteln, verderben können.
Hier soll nun das menschliche Herz, die Staatskunst
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/252>, abgerufen am 28.07.2024. |