Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.mißbraucht haben, theils, wie das Mißverhältniß des Papiers zum Gelde außerordentlich war; theils endlich, mit welcher Geschicklichkeit sich die Londoner Börse benommen, und mit welchem Takt sie ihren Vortheil gewahrt hat. Auf einen Punkt kam Jeder hinaus, daß man nämlich über die Krisis nur deßhalb sprach, weil sie da war, wie man eine Krankheit erwartet, ohne sich um das Heilmittel zu bekümmern. Weil z. B. in Frankreich die Krisis keine bedeutende Wirkungen hinterließ, und Handel und Jndustrie im Allgemeinen ihren gewöhnlichen Gang fortgingen; daraus haben die öffentlichen Organe nur blos auf die Gegenwart geschlossen und haben die Gründe dafür in äußern Ursachen gesucht, in der allgemeinen Politik, ja sogar einzig und allein in dem Ministerium. Ein Theil dieses Schlusses ist richtig. Eine Krisis scheint nicht nahe zu seyn, was die Jndustrie betrifft, allein dafür braucht es keine eigenen Gründe zu geben; die schon bekannten erklären die Sache hinlänglich, auch sind es weniger politische als industrielle. Es ist bekannt genug, daß die Schulden der europäischen Staaten furchtbar groß sind, daß Jndustrie und Handel sich in einer Lage befinden, die Krise unterstützen zu müssen. Es ist bekannt genug, daß nur 4 Milliarden baares Geld in Europa die Circulation eines Papierhandels aufrecht halten müssen, der in etwa 30 - 40 Milliarden Staatsschuld und mehr als 20 Bankbillets, Eisenbahn- mißbraucht haben, theils, wie das Mißverhältniß des Papiers zum Gelde außerordentlich war; theils endlich, mit welcher Geschicklichkeit sich die Londoner Börse benommen, und mit welchem Takt sie ihren Vortheil gewahrt hat. Auf einen Punkt kam Jeder hinaus, daß man nämlich über die Krisis nur deßhalb sprach, weil sie da war, wie man eine Krankheit erwartet, ohne sich um das Heilmittel zu bekümmern. Weil z. B. in Frankreich die Krisis keine bedeutende Wirkungen hinterließ, und Handel und Jndustrie im Allgemeinen ihren gewöhnlichen Gang fortgingen; daraus haben die öffentlichen Organe nur blos auf die Gegenwart geschlossen und haben die Gründe dafür in äußern Ursachen gesucht, in der allgemeinen Politik, ja sogar einzig und allein in dem Ministerium. Ein Theil dieses Schlusses ist richtig. Eine Krisis scheint nicht nahe zu seyn, was die Jndustrie betrifft, allein dafür braucht es keine eigenen Gründe zu geben; die schon bekannten erklären die Sache hinlänglich, auch sind es weniger politische als industrielle. Es ist bekannt genug, daß die Schulden der europäischen Staaten furchtbar groß sind, daß Jndustrie und Handel sich in einer Lage befinden, die Krise unterstützen zu müssen. Es ist bekannt genug, daß nur 4 Milliarden baares Geld in Europa die Circulation eines Papierhandels aufrecht halten müssen, der in etwa 30 – 40 Milliarden Staatsschuld und mehr als 20 Bankbillets, Eisenbahn- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0236" n="208"/> mißbraucht haben, theils, wie das Mißverhältniß des Papiers zum Gelde außerordentlich war; theils endlich, mit welcher Geschicklichkeit sich die Londoner Börse benommen, und mit welchem Takt sie ihren Vortheil gewahrt hat. Auf einen Punkt kam Jeder hinaus, daß man nämlich über die Krisis nur deßhalb sprach, <hi rendition="#g">weil sie da war</hi>, wie man eine Krankheit erwartet, ohne sich um das Heilmittel zu bekümmern. Weil z. B. in Frankreich die Krisis keine bedeutende Wirkungen hinterließ, und Handel und Jndustrie im Allgemeinen ihren gewöhnlichen Gang fortgingen; daraus haben die öffentlichen Organe nur blos auf die Gegenwart geschlossen und haben die Gründe dafür in äußern Ursachen gesucht, in der allgemeinen Politik, ja sogar einzig und allein in dem Ministerium.</p> <p>Ein Theil dieses Schlusses ist richtig. Eine Krisis scheint nicht nahe zu seyn, was die Jndustrie betrifft, allein dafür braucht es keine eigenen Gründe zu geben; die schon bekannten erklären die Sache hinlänglich, auch sind es weniger politische als industrielle. Es ist bekannt genug, daß die Schulden der europäischen Staaten furchtbar groß sind, daß Jndustrie und Handel sich in einer Lage befinden, die Krise unterstützen zu müssen. Es ist bekannt genug, daß nur 4 Milliarden baares Geld in Europa die Circulation eines Papierhandels aufrecht halten müssen, der in etwa 30 – 40 Milliarden Staatsschuld und mehr als 20 Bankbillets, Eisenbahn- </p> </div> </body> </text> </TEI> [208/0236]
mißbraucht haben, theils, wie das Mißverhältniß des Papiers zum Gelde außerordentlich war; theils endlich, mit welcher Geschicklichkeit sich die Londoner Börse benommen, und mit welchem Takt sie ihren Vortheil gewahrt hat. Auf einen Punkt kam Jeder hinaus, daß man nämlich über die Krisis nur deßhalb sprach, weil sie da war, wie man eine Krankheit erwartet, ohne sich um das Heilmittel zu bekümmern. Weil z. B. in Frankreich die Krisis keine bedeutende Wirkungen hinterließ, und Handel und Jndustrie im Allgemeinen ihren gewöhnlichen Gang fortgingen; daraus haben die öffentlichen Organe nur blos auf die Gegenwart geschlossen und haben die Gründe dafür in äußern Ursachen gesucht, in der allgemeinen Politik, ja sogar einzig und allein in dem Ministerium.
Ein Theil dieses Schlusses ist richtig. Eine Krisis scheint nicht nahe zu seyn, was die Jndustrie betrifft, allein dafür braucht es keine eigenen Gründe zu geben; die schon bekannten erklären die Sache hinlänglich, auch sind es weniger politische als industrielle. Es ist bekannt genug, daß die Schulden der europäischen Staaten furchtbar groß sind, daß Jndustrie und Handel sich in einer Lage befinden, die Krise unterstützen zu müssen. Es ist bekannt genug, daß nur 4 Milliarden baares Geld in Europa die Circulation eines Papierhandels aufrecht halten müssen, der in etwa 30 – 40 Milliarden Staatsschuld und mehr als 20 Bankbillets, Eisenbahn-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-09-13T12:39:16Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |