Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.versuchen wollen, wie sie die Mienen auf dem Antlitz der Croupiers prüfen und, nach ihrem romantisch-dämonischen Ausdruck, wie sie an den grünen Tischen junge Verzweifelte erblicken wollen, die, wie in Romanen beschrieben wird, eben hinausgehen und sich eine Kugel vor den Kopf schießen werden; er sieht, wie sie selbst die Börse ziehen, und tritt heran: Mein Herr, jene Nummer! flüstert er ihm zu. Das Glück will ihm wohl. Sie gewinnt. Der junge Mann hat weise Lehren im Kopf. Er weiß, daß, wenn man 100 Guineen gewonnen hat und man weiter spielt, man noch 100 dazu verlieren kann. Er will gehen. Der Chevalier unterstützt ihn darin, begleitet ihn an die Thür, sinkt plötzlich von seinem cordialen Ton in einen sehr demüthigen und seufzt: Monsieur, ayez la bonte..... un des braves des colonnes invincibles..... Er reißt den Brustlatz auf: er hat das Kreuz der Ehrenlegion. Das junge Glückskind gibt ihm von 100 Guineen den Zehnten des Mitleids. Balzac hat diese Scene meisterhaft beschrieben. So haben die Londoner Börse und der Journalismus einen Erwerbszweig veranlaßt, der an Unglaublichkeit grenzt. Mehrere fallirte Börsenspieler ernähren sich davon, den Journalen, die fortwährend im Druck sind, Mittheilungen über den Stand der Papiere zu machen. Nämlich ein Makler pflegt gewöhnlich drei, vier Abendzeitungen mit dem Coursberichte zu versehen. Um überall die Richtigkeit desselben zu vergleichen, muß er sich vervielfältigen. Kurz ein solcher Mann braucht versuchen wollen, wie sie die Mienen auf dem Antlitz der Croupiers prüfen und, nach ihrem romantisch-dämonischen Ausdruck, wie sie an den grünen Tischen junge Verzweifelte erblicken wollen, die, wie in Romanen beschrieben wird, eben hinausgehen und sich eine Kugel vor den Kopf schießen werden; er sieht, wie sie selbst die Börse ziehen, und tritt heran: Mein Herr, jene Nummer! flüstert er ihm zu. Das Glück will ihm wohl. Sie gewinnt. Der junge Mann hat weise Lehren im Kopf. Er weiß, daß, wenn man 100 Guinéen gewonnen hat und man weiter spielt, man noch 100 dazu verlieren kann. Er will gehen. Der Chevalier unterstützt ihn darin, begleitet ihn an die Thür, sinkt plötzlich von seinem cordialen Ton in einen sehr demüthigen und seufzt: Monsieur, ayez la bonté..... un des braves des colonnes invincibles..... Er reißt den Brustlatz auf: er hat das Kreuz der Ehrenlegion. Das junge Glückskind gibt ihm von 100 Guinéen den Zehnten des Mitleids. Balzac hat diese Scene meisterhaft beschrieben. So haben die Londoner Börse und der Journalismus einen Erwerbszweig veranlaßt, der an Unglaublichkeit grenzt. Mehrere fallirte Börsenspieler ernähren sich davon, den Journalen, die fortwährend im Druck sind, Mittheilungen über den Stand der Papiere zu machen. Nämlich ein Makler pflegt gewöhnlich drei, vier Abendzeitungen mit dem Coursberichte zu versehen. Um überall die Richtigkeit desselben zu vergleichen, muß er sich vervielfältigen. Kurz ein solcher Mann braucht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0225" n="197"/> versuchen wollen, wie sie die Mienen auf dem Antlitz der Croupiers prüfen und, nach ihrem romantisch-dämonischen Ausdruck, wie sie an den grünen Tischen junge Verzweifelte erblicken wollen, die, wie in Romanen beschrieben wird, eben hinausgehen und sich eine Kugel vor den Kopf schießen werden; er sieht, wie sie selbst die Börse ziehen, und tritt heran: Mein Herr, jene Nummer! flüstert er ihm zu. Das Glück will ihm wohl. Sie gewinnt. Der junge Mann hat weise Lehren im Kopf. Er weiß, daß, wenn man 100 Guinéen gewonnen hat und man weiter spielt, man noch 100 dazu verlieren kann. Er will gehen. Der Chevalier unterstützt ihn darin, begleitet ihn an die Thür, sinkt plötzlich von seinem cordialen Ton in einen sehr demüthigen und seufzt: <hi rendition="#aq">Monsieur, ayez la bonté..... un des braves des colonnes invincibles.....</hi> Er reißt den Brustlatz auf: er hat das Kreuz der Ehrenlegion. Das junge Glückskind gibt ihm von 100 Guinéen den Zehnten des Mitleids. Balzac hat diese Scene meisterhaft beschrieben.</p> <p>So haben die Londoner Börse und der Journalismus einen Erwerbszweig veranlaßt, der an Unglaublichkeit grenzt. Mehrere fallirte Börsenspieler ernähren sich davon, <hi rendition="#g">den</hi> Journalen, die fortwährend im Druck sind, Mittheilungen über den Stand der Papiere zu machen. Nämlich ein Makler pflegt gewöhnlich drei, vier Abendzeitungen mit dem Coursberichte zu versehen. Um überall die Richtigkeit desselben zu vergleichen, muß er sich vervielfältigen. Kurz ein solcher Mann braucht </p> </div> </body> </text> </TEI> [197/0225]
versuchen wollen, wie sie die Mienen auf dem Antlitz der Croupiers prüfen und, nach ihrem romantisch-dämonischen Ausdruck, wie sie an den grünen Tischen junge Verzweifelte erblicken wollen, die, wie in Romanen beschrieben wird, eben hinausgehen und sich eine Kugel vor den Kopf schießen werden; er sieht, wie sie selbst die Börse ziehen, und tritt heran: Mein Herr, jene Nummer! flüstert er ihm zu. Das Glück will ihm wohl. Sie gewinnt. Der junge Mann hat weise Lehren im Kopf. Er weiß, daß, wenn man 100 Guinéen gewonnen hat und man weiter spielt, man noch 100 dazu verlieren kann. Er will gehen. Der Chevalier unterstützt ihn darin, begleitet ihn an die Thür, sinkt plötzlich von seinem cordialen Ton in einen sehr demüthigen und seufzt: Monsieur, ayez la bonté..... un des braves des colonnes invincibles..... Er reißt den Brustlatz auf: er hat das Kreuz der Ehrenlegion. Das junge Glückskind gibt ihm von 100 Guinéen den Zehnten des Mitleids. Balzac hat diese Scene meisterhaft beschrieben.
So haben die Londoner Börse und der Journalismus einen Erwerbszweig veranlaßt, der an Unglaublichkeit grenzt. Mehrere fallirte Börsenspieler ernähren sich davon, den Journalen, die fortwährend im Druck sind, Mittheilungen über den Stand der Papiere zu machen. Nämlich ein Makler pflegt gewöhnlich drei, vier Abendzeitungen mit dem Coursberichte zu versehen. Um überall die Richtigkeit desselben zu vergleichen, muß er sich vervielfältigen. Kurz ein solcher Mann braucht
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