Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.benutzte die Natur, man benutzte sich selbst. Die Arbeit selbst wurde ein Produkt. Um deren das größtmögliche Quantum zu erzeugen, beschleunigte und vereinfachte man sie. Man erfand Maschinen, die die Menschenhand entbehrlich machten. Je mehr man erzeugen konnte, desto größer das Bedürfniß darnach, eine in der Geschichte der Jndustrie sehr merkwürdige Erfahrung. Weil der Bedarf stieg, so konnte man auch jene Arbeiter beschäftigen, die durch die Einführung der Maschinen brodlos geworden wären. Aber nicht alle Fortschritte, die in diesem Bereich der menschliche Geist machte, ließen eine so angenehme und die Menschheit nicht gefährdende Ausgleichung zu. Der schöne Grundsatz von der Theilung der Arbeit hat den Jndustrialismus nur noch mehr potenzirt, wo, wenn Einer fällt, Alle fallen müssen. Früher machte Einer ein Ganzes, jetzt machen Hunderte ein Ganzes, wenn auch fünfhundertmal schneller, als jener Eine; allein Jeder, nur mit einem Theile der Arbeit beschäftigt, kennt ihr Ganzes nicht. Eine ungünstige Conjunktur tritt ein, und die Folge ist, daß Tausende darben, wo sonst nur Zehn gedarbt hätten. Die Existenz sichern unsre Zeitgenossen auf die verschiedensten Weisen. Hier sind bleiche Gesichter, die ein Aussehen wie vergiftet haben. Sie begraben sich schon in ihrer Jugend in die Gebirge, wo sie die verheerendste Arbeit verrichten in den Quecksilbergruben. Jhr Auge ist matt, ihr Gang taumelnd. Sie kennen nur eine Lust, die Befriedigung ihres thierischen Triebes nach benutzte die Natur, man benutzte sich selbst. Die Arbeit selbst wurde ein Produkt. Um deren das größtmögliche Quantum zu erzeugen, beschleunigte und vereinfachte man sie. Man erfand Maschinen, die die Menschenhand entbehrlich machten. Je mehr man erzeugen konnte, desto größer das Bedürfniß darnach, eine in der Geschichte der Jndustrie sehr merkwürdige Erfahrung. Weil der Bedarf stieg, so konnte man auch jene Arbeiter beschäftigen, die durch die Einführung der Maschinen brodlos geworden wären. Aber nicht alle Fortschritte, die in diesem Bereich der menschliche Geist machte, ließen eine so angenehme und die Menschheit nicht gefährdende Ausgleichung zu. Der schöne Grundsatz von der Theilung der Arbeit hat den Jndustrialismus nur noch mehr potenzirt, wo, wenn Einer fällt, Alle fallen müssen. Früher machte Einer ein Ganzes, jetzt machen Hunderte ein Ganzes, wenn auch fünfhundertmal schneller, als jener Eine; allein Jeder, nur mit einem Theile der Arbeit beschäftigt, kennt ihr Ganzes nicht. Eine ungünstige Conjunktur tritt ein, und die Folge ist, daß Tausende darben, wo sonst nur Zehn gedarbt hätten. Die Existenz sichern unsre Zeitgenossen auf die verschiedensten Weisen. Hier sind bleiche Gesichter, die ein Aussehen wie vergiftet haben. Sie begraben sich schon in ihrer Jugend in die Gebirge, wo sie die verheerendste Arbeit verrichten in den Quecksilbergruben. Jhr Auge ist matt, ihr Gang taumelnd. Sie kennen nur eine Lust, die Befriedigung ihres thierischen Triebes nach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0222" n="194"/> benutzte die Natur, man benutzte sich selbst. Die Arbeit selbst wurde ein Produkt. Um deren das größtmögliche Quantum zu erzeugen, beschleunigte und vereinfachte man sie. Man erfand Maschinen, die die Menschenhand entbehrlich machten. Je mehr man erzeugen konnte, desto größer das Bedürfniß darnach, eine in der Geschichte der Jndustrie sehr merkwürdige Erfahrung. Weil der Bedarf stieg, so konnte man auch jene Arbeiter beschäftigen, die durch die Einführung der Maschinen brodlos geworden wären. Aber nicht alle Fortschritte, die in diesem Bereich der menschliche Geist machte, ließen eine so angenehme und die Menschheit nicht gefährdende Ausgleichung zu. Der schöne Grundsatz von der Theilung der Arbeit hat den Jndustrialismus nur noch mehr potenzirt, wo, wenn Einer fällt, Alle fallen müssen. Früher machte Einer ein Ganzes, jetzt machen Hunderte ein Ganzes, wenn auch fünfhundertmal schneller, als jener Eine; allein Jeder, nur mit einem Theile der Arbeit beschäftigt, kennt ihr Ganzes nicht. Eine ungünstige Conjunktur tritt ein, und die Folge ist, daß Tausende darben, wo sonst nur Zehn gedarbt hätten.</p> <p>Die Existenz sichern unsre Zeitgenossen auf die verschiedensten Weisen. Hier sind bleiche Gesichter, die ein Aussehen wie vergiftet haben. Sie begraben sich schon in ihrer Jugend in die Gebirge, wo sie die verheerendste Arbeit verrichten in den Quecksilbergruben. Jhr Auge ist matt, ihr Gang taumelnd. Sie kennen nur <hi rendition="#g">eine</hi> Lust, die Befriedigung ihres thierischen Triebes nach </p> </div> </body> </text> </TEI> [194/0222]
benutzte die Natur, man benutzte sich selbst. Die Arbeit selbst wurde ein Produkt. Um deren das größtmögliche Quantum zu erzeugen, beschleunigte und vereinfachte man sie. Man erfand Maschinen, die die Menschenhand entbehrlich machten. Je mehr man erzeugen konnte, desto größer das Bedürfniß darnach, eine in der Geschichte der Jndustrie sehr merkwürdige Erfahrung. Weil der Bedarf stieg, so konnte man auch jene Arbeiter beschäftigen, die durch die Einführung der Maschinen brodlos geworden wären. Aber nicht alle Fortschritte, die in diesem Bereich der menschliche Geist machte, ließen eine so angenehme und die Menschheit nicht gefährdende Ausgleichung zu. Der schöne Grundsatz von der Theilung der Arbeit hat den Jndustrialismus nur noch mehr potenzirt, wo, wenn Einer fällt, Alle fallen müssen. Früher machte Einer ein Ganzes, jetzt machen Hunderte ein Ganzes, wenn auch fünfhundertmal schneller, als jener Eine; allein Jeder, nur mit einem Theile der Arbeit beschäftigt, kennt ihr Ganzes nicht. Eine ungünstige Conjunktur tritt ein, und die Folge ist, daß Tausende darben, wo sonst nur Zehn gedarbt hätten.
Die Existenz sichern unsre Zeitgenossen auf die verschiedensten Weisen. Hier sind bleiche Gesichter, die ein Aussehen wie vergiftet haben. Sie begraben sich schon in ihrer Jugend in die Gebirge, wo sie die verheerendste Arbeit verrichten in den Quecksilbergruben. Jhr Auge ist matt, ihr Gang taumelnd. Sie kennen nur eine Lust, die Befriedigung ihres thierischen Triebes nach
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/222>, abgerufen am 28.07.2024. |