Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Mannes, der lange mit sich necken und zerren läßt, dann aber die Zähne knirscht und in eine Wuth geräth, wo man ihn anbinden muß, damit er kein Unglück anstiftet. Der freie Amerikaner hat weit mehr leidendes Ansehen, als der feudale John Bull, der so große Steuern zahlen muß. Seine Schadloshaltung dafür besteht in der Anwendung seines Mutterwitzes, dem er eine Essigschärfe von ätzender Kraft zu geben weiß. John Bull tadelt Alles, was nicht von ihm ausgeht, er tadelt Alles das, was er nicht selbst ist, und wird so lange mit der Opposition stimmen, bis er selbst auf die Ministerbank gerückt ist. Das Raisonniren, das Besserwissen, die Unverschämtheit John Bulls ist nicht seine beste Seite, er ist darin ein weit größerer "Philister" als Jonathan. Jonathan hat nämlich keinen Witz, er denkt nicht schnell, noch weniger, daß er, was der Witzige thun muß, zwei Dinge zu gleicher Zeit im Auge haben könnte, um von beiden die Aehnlichkeit oder den Unterschied anzugeben. Er tadelt auch die Regierung, aber nicht deßhalb, weil sie von ihm nicht ausgeht, sondern im Gegentheil, weil sie ihn viel zu sehr in Anspruch nimmt. John Bull kann die Regierung nicht oft genug sehen, Jonathan fühlt sich von ihr inkommodirt, er ist in dieser Rücksicht ein wahrhaft freier Mann, er kennt weder die knechtische Furcht vor der Polizei, noch den kleinen Spott, welchen die Polizei bei uns auch von ehrlichen Leuten ertragen muß. Moquiren, das ist das Laster John Bulls. Jonathan kennt es nicht. Die Mannes, der lange mit sich necken und zerren läßt, dann aber die Zähne knirscht und in eine Wuth geräth, wo man ihn anbinden muß, damit er kein Unglück anstiftet. Der freie Amerikaner hat weit mehr leidendes Ansehen, als der feudale John Bull, der so große Steuern zahlen muß. Seine Schadloshaltung dafür besteht in der Anwendung seines Mutterwitzes, dem er eine Essigschärfe von ätzender Kraft zu geben weiß. John Bull tadelt Alles, was nicht von ihm ausgeht, er tadelt Alles das, was er nicht selbst ist, und wird so lange mit der Opposition stimmen, bis er selbst auf die Ministerbank gerückt ist. Das Raisonniren, das Besserwissen, die Unverschämtheit John Bulls ist nicht seine beste Seite, er ist darin ein weit größerer "Philister" als Jonathan. Jonathan hat nämlich keinen Witz, er denkt nicht schnell, noch weniger, daß er, was der Witzige thun muß, zwei Dinge zu gleicher Zeit im Auge haben könnte, um von beiden die Aehnlichkeit oder den Unterschied anzugeben. Er tadelt auch die Regierung, aber nicht deßhalb, weil sie von ihm nicht ausgeht, sondern im Gegentheil, weil sie ihn viel zu sehr in Anspruch nimmt. John Bull kann die Regierung nicht oft genug sehen, Jonathan fühlt sich von ihr inkommodirt, er ist in dieser Rücksicht ein wahrhaft freier Mann, er kennt weder die knechtische Furcht vor der Polizei, noch den kleinen Spott, welchen die Polizei bei uns auch von ehrlichen Leuten ertragen muß. Moquiren, das ist das Laster John Bulls. Jonathan kennt es nicht. Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0173" n="145"/> Mannes, der lange mit sich necken und zerren läßt, dann aber die Zähne knirscht und in eine Wuth geräth, wo man ihn anbinden muß, damit er kein Unglück anstiftet. Der freie Amerikaner hat weit mehr leidendes Ansehen, als der feudale John Bull, der so große Steuern zahlen muß. Seine Schadloshaltung dafür besteht in der Anwendung seines Mutterwitzes, dem er eine Essigschärfe von ätzender Kraft zu geben weiß. John Bull tadelt Alles, was nicht von ihm ausgeht, er tadelt Alles das, was er nicht selbst ist, und wird so lange mit der Opposition stimmen, bis er selbst auf die Ministerbank gerückt ist. Das Raisonniren, das Besserwissen, die Unverschämtheit John Bulls ist nicht seine beste Seite, er ist darin ein weit größerer "Philister" als Jonathan. Jonathan hat nämlich keinen Witz, er denkt nicht schnell, noch weniger, daß er, was der Witzige thun muß, zwei Dinge zu gleicher Zeit im Auge haben könnte, um von beiden die Aehnlichkeit oder den Unterschied anzugeben. Er tadelt auch die Regierung, aber nicht deßhalb, weil sie von ihm nicht ausgeht, sondern im Gegentheil, weil sie ihn viel zu sehr in Anspruch nimmt. John Bull kann die Regierung nicht oft genug sehen, Jonathan fühlt sich von ihr inkommodirt, er ist in dieser Rücksicht ein wahrhaft freier Mann, er kennt weder die knechtische Furcht vor der Polizei, noch den kleinen Spott, welchen die Polizei bei uns auch von ehrlichen Leuten ertragen muß. Moquiren, das ist das Laster John Bulls. Jonathan kennt es nicht. Die </p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0173]
Mannes, der lange mit sich necken und zerren läßt, dann aber die Zähne knirscht und in eine Wuth geräth, wo man ihn anbinden muß, damit er kein Unglück anstiftet. Der freie Amerikaner hat weit mehr leidendes Ansehen, als der feudale John Bull, der so große Steuern zahlen muß. Seine Schadloshaltung dafür besteht in der Anwendung seines Mutterwitzes, dem er eine Essigschärfe von ätzender Kraft zu geben weiß. John Bull tadelt Alles, was nicht von ihm ausgeht, er tadelt Alles das, was er nicht selbst ist, und wird so lange mit der Opposition stimmen, bis er selbst auf die Ministerbank gerückt ist. Das Raisonniren, das Besserwissen, die Unverschämtheit John Bulls ist nicht seine beste Seite, er ist darin ein weit größerer "Philister" als Jonathan. Jonathan hat nämlich keinen Witz, er denkt nicht schnell, noch weniger, daß er, was der Witzige thun muß, zwei Dinge zu gleicher Zeit im Auge haben könnte, um von beiden die Aehnlichkeit oder den Unterschied anzugeben. Er tadelt auch die Regierung, aber nicht deßhalb, weil sie von ihm nicht ausgeht, sondern im Gegentheil, weil sie ihn viel zu sehr in Anspruch nimmt. John Bull kann die Regierung nicht oft genug sehen, Jonathan fühlt sich von ihr inkommodirt, er ist in dieser Rücksicht ein wahrhaft freier Mann, er kennt weder die knechtische Furcht vor der Polizei, noch den kleinen Spott, welchen die Polizei bei uns auch von ehrlichen Leuten ertragen muß. Moquiren, das ist das Laster John Bulls. Jonathan kennt es nicht. Die
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/173>, abgerufen am 28.07.2024. |