Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.schaftlichkeit des Eingebornen zugesellte, und die Mischung beider Anlagen durch die praktische Betriebsamkeit und die Verstandesrichtung des Nordamerikaners geregelt würde. Würde es nicht ein Meisterstück, nicht der Natur, sondern des schöpferischen Geistes der Geschichte seyn, wenn ein Südamerikaner in sich das schöne Gleichgewicht dieser drei Elemente halten könnte, wenn der feurigen raschen Hand, der moralischen, ehrgeizigen Anlage des Spaniers, seinem dunkelrollenden Auge und seinem schwarzen Haare sich das Herz, das Gemüth des Wilden anschlöße, die tiefsinnige Mystik der Empfindung und die reizende Naivetät seiner Anschauungen, die bekanntlich den amerikanischen Eingebornen auszeichnen, und zu dieser Anschauung noch die dritte Macht hinzutreten könnte, die Enthaltsamkeit, Selbstbeherrschung, die Aufklärung und der Jndustrialismus nebst der polizeilichen Gesittung des Yankee, der, wenn er freilich nicht mehr besitzt, als dieß, einseitig und kahl genug ist! Die Ordnung, welche Südamerika über kurz oder lang erhalten muß, wird es nirgend woher, als von Nordamerika entlehnen können. Wenn man gegen diesen Traum einwendet, daß der Nordamerikaner keineswegs hinreichenden propagandistischen Fanatismus besitzt, um ihn möglich zu machen, so liegt gerade die Garantie der Erfüllung desselben in diesem Umstande, der das Gegentheil beweisen soll. Einmal findet sich freilich Ausbreitungseifer genug in Nordamerika, und zwar in einem Maße, dessen schaftlichkeit des Eingebornen zugesellte, und die Mischung beider Anlagen durch die praktische Betriebsamkeit und die Verstandesrichtung des Nordamerikaners geregelt würde. Würde es nicht ein Meisterstück, nicht der Natur, sondern des schöpferischen Geistes der Geschichte seyn, wenn ein Südamerikaner in sich das schöne Gleichgewicht dieser drei Elemente halten könnte, wenn der feurigen raschen Hand, der moralischen, ehrgeizigen Anlage des Spaniers, seinem dunkelrollenden Auge und seinem schwarzen Haare sich das Herz, das Gemüth des Wilden anschlöße, die tiefsinnige Mystik der Empfindung und die reizende Naivetät seiner Anschauungen, die bekanntlich den amerikanischen Eingebornen auszeichnen, und zu dieser Anschauung noch die dritte Macht hinzutreten könnte, die Enthaltsamkeit, Selbstbeherrschung, die Aufklärung und der Jndustrialismus nebst der polizeilichen Gesittung des Yankee, der, wenn er freilich nicht mehr besitzt, als dieß, einseitig und kahl genug ist! Die Ordnung, welche Südamerika über kurz oder lang erhalten muß, wird es nirgend woher, als von Nordamerika entlehnen können. Wenn man gegen diesen Traum einwendet, daß der Nordamerikaner keineswegs hinreichenden propagandistischen Fanatismus besitzt, um ihn möglich zu machen, so liegt gerade die Garantie der Erfüllung desselben in diesem Umstande, der das Gegentheil beweisen soll. Einmal findet sich freilich Ausbreitungseifer genug in Nordamerika, und zwar in einem Maße, dessen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0157" n="129"/> schaftlichkeit des Eingebornen zugesellte, und die Mischung beider Anlagen durch die praktische Betriebsamkeit und die Verstandesrichtung des Nordamerikaners geregelt würde. Würde es nicht ein Meisterstück, nicht der Natur, sondern des schöpferischen Geistes der Geschichte seyn, wenn ein Südamerikaner in sich das schöne Gleichgewicht dieser drei Elemente halten könnte, wenn der feurigen raschen Hand, der moralischen, ehrgeizigen Anlage des Spaniers, seinem dunkelrollenden Auge und seinem schwarzen Haare sich das Herz, das Gemüth des Wilden anschlöße, die tiefsinnige Mystik der Empfindung und die reizende Naivetät seiner Anschauungen, die bekanntlich den amerikanischen Eingebornen auszeichnen, und zu dieser Anschauung noch die dritte Macht hinzutreten könnte, die Enthaltsamkeit, Selbstbeherrschung, die Aufklärung und der Jndustrialismus nebst der polizeilichen Gesittung des Yankee, der, wenn er freilich nicht mehr besitzt, als dieß, einseitig und kahl genug ist! Die Ordnung, welche Südamerika über kurz oder lang erhalten muß, wird es nirgend woher, als von Nordamerika entlehnen können.</p> <p>Wenn man gegen diesen Traum einwendet, daß der Nordamerikaner keineswegs hinreichenden propagandistischen Fanatismus besitzt, um ihn möglich zu machen, so liegt gerade die Garantie der Erfüllung desselben in diesem Umstande, der das Gegentheil beweisen soll.</p> <p>Einmal findet sich freilich Ausbreitungseifer genug in Nordamerika, und zwar in einem Maße, dessen </p> </div> </body> </text> </TEI> [129/0157]
schaftlichkeit des Eingebornen zugesellte, und die Mischung beider Anlagen durch die praktische Betriebsamkeit und die Verstandesrichtung des Nordamerikaners geregelt würde. Würde es nicht ein Meisterstück, nicht der Natur, sondern des schöpferischen Geistes der Geschichte seyn, wenn ein Südamerikaner in sich das schöne Gleichgewicht dieser drei Elemente halten könnte, wenn der feurigen raschen Hand, der moralischen, ehrgeizigen Anlage des Spaniers, seinem dunkelrollenden Auge und seinem schwarzen Haare sich das Herz, das Gemüth des Wilden anschlöße, die tiefsinnige Mystik der Empfindung und die reizende Naivetät seiner Anschauungen, die bekanntlich den amerikanischen Eingebornen auszeichnen, und zu dieser Anschauung noch die dritte Macht hinzutreten könnte, die Enthaltsamkeit, Selbstbeherrschung, die Aufklärung und der Jndustrialismus nebst der polizeilichen Gesittung des Yankee, der, wenn er freilich nicht mehr besitzt, als dieß, einseitig und kahl genug ist! Die Ordnung, welche Südamerika über kurz oder lang erhalten muß, wird es nirgend woher, als von Nordamerika entlehnen können.
Wenn man gegen diesen Traum einwendet, daß der Nordamerikaner keineswegs hinreichenden propagandistischen Fanatismus besitzt, um ihn möglich zu machen, so liegt gerade die Garantie der Erfüllung desselben in diesem Umstande, der das Gegentheil beweisen soll.
Einmal findet sich freilich Ausbreitungseifer genug in Nordamerika, und zwar in einem Maße, dessen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/157>, abgerufen am 28.07.2024. |