Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Pfund acht Schillinge betragen wird. Beim Hinausgehen an der Kasse fragt' ich nach der Einnahme des Parterres. Der Eintritt war für die Person 5 Schillinge, die Kasse hatte gerade vom Parterre 102 Pfund eingenommen. So strikt und genau ist dieser Kopf. Was er sieht, gestaltet sich ihm in eine Combination um, die immer einer Größe gleich ist, welche er dividirt und addirt. Er geht auf der Straße und rechnet die Menschen zusammen, als wären es lauter Ziffern, benannte und unbenannte. Er soll der Napoleon der Buchführung in der ganzen Handelswelt der City seyn. Allein dieß große Talent ist weit weniger dasjenige, was mich veranlaßt hat, Mr. Point unter meinen Zeitgenossen aufzuführen. Was mir weit bemerkenswerther geschienen hat, ist die mathematische Zurichtung seiner Familie. Ja, ich muß es gestehen, Mr. Point ist ein so großer Rechner, daß er alle Bande des Blutes, alle zarten und süßen Pflichten der Eltern- und Kinderliebe in ein arithmetisches System gebracht hat und über jede seiner Zärtlichkeiten und Vatersorgen einen Contocurrent führt. Besitzer eines ansehnlichen Vermögens ist er durch fünf Kinder gezwungen, es einst zu dividiren. Er ist zu sehr Mathematiker, als daß er sich durch die Gesetze über die Primogenitur bestimmen lassen sollte. Jedes Kind hat ein Buch, in welchem die Kosten, die es verursacht hat, eingetragen werden. Es ist dieß eine finanzielle Biographie von Kindesbeinen an. So wie ein neues auf die Welt kömmt, erhält es sein Folio in Pfund acht Schillinge betragen wird. Beim Hinausgehen an der Kasse fragt’ ich nach der Einnahme des Parterres. Der Eintritt war für die Person 5 Schillinge, die Kasse hatte gerade vom Parterre 102 Pfund eingenommen. So strikt und genau ist dieser Kopf. Was er sieht, gestaltet sich ihm in eine Combination um, die immer einer Größe gleich ist, welche er dividirt und addirt. Er geht auf der Straße und rechnet die Menschen zusammen, als wären es lauter Ziffern, benannte und unbenannte. Er soll der Napoleon der Buchführung in der ganzen Handelswelt der City seyn. Allein dieß große Talent ist weit weniger dasjenige, was mich veranlaßt hat, Mr. Point unter meinen Zeitgenossen aufzuführen. Was mir weit bemerkenswerther geschienen hat, ist die mathematische Zurichtung seiner Familie. Ja, ich muß es gestehen, Mr. Point ist ein so großer Rechner, daß er alle Bande des Blutes, alle zarten und süßen Pflichten der Eltern- und Kinderliebe in ein arithmetisches System gebracht hat und über jede seiner Zärtlichkeiten und Vatersorgen einen Contocurrent führt. Besitzer eines ansehnlichen Vermögens ist er durch fünf Kinder gezwungen, es einst zu dividiren. Er ist zu sehr Mathematiker, als daß er sich durch die Gesetze über die Primogenitur bestimmen lassen sollte. Jedes Kind hat ein Buch, in welchem die Kosten, die es verursacht hat, eingetragen werden. Es ist dieß eine finanzielle Biographie von Kindesbeinen an. So wie ein neues auf die Welt kömmt, erhält es sein Folio in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0150" n="122"/> Pfund acht Schillinge betragen wird. Beim Hinausgehen an der Kasse fragt’ ich nach der Einnahme des Parterres. Der Eintritt war für die Person 5 Schillinge, die Kasse hatte gerade vom Parterre 102 Pfund eingenommen. So strikt und genau ist dieser Kopf. Was er sieht, gestaltet sich ihm in eine Combination um, die immer einer Größe gleich ist, welche er dividirt und addirt. Er geht auf der Straße und rechnet die Menschen zusammen, als wären es lauter Ziffern, benannte und unbenannte. Er soll der Napoleon der Buchführung in der ganzen Handelswelt der City seyn.</p> <p>Allein dieß große Talent ist weit weniger dasjenige, was mich veranlaßt hat, Mr. Point unter meinen Zeitgenossen aufzuführen. Was mir weit bemerkenswerther geschienen hat, ist die mathematische Zurichtung seiner Familie. Ja, ich muß es gestehen, Mr. Point ist ein so großer Rechner, daß er alle Bande des Blutes, alle zarten und süßen Pflichten der Eltern- und Kinderliebe in ein arithmetisches System gebracht hat und über jede seiner Zärtlichkeiten und Vatersorgen einen Contocurrent führt. Besitzer eines ansehnlichen Vermögens ist er durch fünf Kinder gezwungen, es einst zu dividiren. Er ist zu sehr Mathematiker, als daß er sich durch die Gesetze über die Primogenitur bestimmen lassen sollte. Jedes Kind hat ein Buch, in welchem die Kosten, die es verursacht hat, eingetragen werden. Es ist dieß eine finanzielle Biographie von Kindesbeinen an. So wie ein neues auf die Welt kömmt, erhält es sein Folio in </p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0150]
Pfund acht Schillinge betragen wird. Beim Hinausgehen an der Kasse fragt’ ich nach der Einnahme des Parterres. Der Eintritt war für die Person 5 Schillinge, die Kasse hatte gerade vom Parterre 102 Pfund eingenommen. So strikt und genau ist dieser Kopf. Was er sieht, gestaltet sich ihm in eine Combination um, die immer einer Größe gleich ist, welche er dividirt und addirt. Er geht auf der Straße und rechnet die Menschen zusammen, als wären es lauter Ziffern, benannte und unbenannte. Er soll der Napoleon der Buchführung in der ganzen Handelswelt der City seyn.
Allein dieß große Talent ist weit weniger dasjenige, was mich veranlaßt hat, Mr. Point unter meinen Zeitgenossen aufzuführen. Was mir weit bemerkenswerther geschienen hat, ist die mathematische Zurichtung seiner Familie. Ja, ich muß es gestehen, Mr. Point ist ein so großer Rechner, daß er alle Bande des Blutes, alle zarten und süßen Pflichten der Eltern- und Kinderliebe in ein arithmetisches System gebracht hat und über jede seiner Zärtlichkeiten und Vatersorgen einen Contocurrent führt. Besitzer eines ansehnlichen Vermögens ist er durch fünf Kinder gezwungen, es einst zu dividiren. Er ist zu sehr Mathematiker, als daß er sich durch die Gesetze über die Primogenitur bestimmen lassen sollte. Jedes Kind hat ein Buch, in welchem die Kosten, die es verursacht hat, eingetragen werden. Es ist dieß eine finanzielle Biographie von Kindesbeinen an. So wie ein neues auf die Welt kömmt, erhält es sein Folio in
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/150>, abgerufen am 16.02.2025. |