Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.beurtheilen zu wollen, und endete damit, daß sie sie nur erklärte, aufschrieb und pries. Friedrich JJ. und Katharina geizten nach dem Beifalle Voltaires; aber indem sie die Literatur zu erheben schienen, setzten sie sie nur herab. Denn Literatur blieb nicht mehr die geschlossene Kette einer bestimmten, streng vorgezeichneten Freiheit, sie hielt ihre einzelnen Glieder nicht mehr zusammen, sondern wurde, statt sich in den Objekten zu consolidiren, individualisirt, wurde Eigenthum eines Einzelnen, der Witz und Kenntnisse genug besaß, um sie zu beherrschen, mit einem Worte, die Literatur war nicht mehr Masse, sondern Person. Durch eine solche von den Franzosen verschuldete Umkehr ihrer Bestimmung hat auch die Literatur seither ihre Kraft verloren und kann nur noch als individuelle Meinung wirken, als eine Meinung, die sehr wenig ausrichtet, wenn sie nicht durch Namen, Rang und großen Ruf unterstützt wird. Bei uns Engländern findet noch so ziemlich zwischen Leben und Literatur ein Gleich- beurtheilen zu wollen, und endete damit, daß sie sie nur erklärte, aufschrieb und pries. Friedrich JJ. und Katharina geizten nach dem Beifalle Voltaires; aber indem sie die Literatur zu erheben schienen, setzten sie sie nur herab. Denn Literatur blieb nicht mehr die geschlossene Kette einer bestimmten, streng vorgezeichneten Freiheit, sie hielt ihre einzelnen Glieder nicht mehr zusammen, sondern wurde, statt sich in den Objekten zu consolidiren, individualisirt, wurde Eigenthum eines Einzelnen, der Witz und Kenntnisse genug besaß, um sie zu beherrschen, mit einem Worte, die Literatur war nicht mehr Masse, sondern Person. Durch eine solche von den Franzosen verschuldete Umkehr ihrer Bestimmung hat auch die Literatur seither ihre Kraft verloren und kann nur noch als individuelle Meinung wirken, als eine Meinung, die sehr wenig ausrichtet, wenn sie nicht durch Namen, Rang und großen Ruf unterstützt wird. Bei uns Engländern findet noch so ziemlich zwischen Leben und Literatur ein Gleich- <TEI> <text> <front> <div type="dedication"> <p><pb facs="#f0012" n="VIII"/> beurtheilen zu wollen, und endete damit, daß sie sie nur erklärte, aufschrieb und pries. Friedrich <hi rendition="#aq">JJ</hi>. und Katharina geizten nach dem Beifalle Voltaires; aber indem sie die Literatur zu erheben schienen, setzten sie sie nur herab. Denn Literatur blieb nicht mehr die geschlossene Kette einer bestimmten, streng vorgezeichneten Freiheit, sie hielt ihre einzelnen Glieder nicht mehr zusammen, sondern wurde, statt sich in den Objekten zu consolidiren, individualisirt, wurde Eigenthum eines Einzelnen, der Witz und Kenntnisse genug besaß, um sie zu beherrschen, mit einem Worte, die Literatur war nicht mehr Masse, sondern Person. Durch eine solche von den Franzosen verschuldete Umkehr ihrer Bestimmung hat auch die Literatur seither ihre Kraft verloren und kann nur noch als individuelle Meinung wirken, als eine Meinung, die sehr wenig ausrichtet, wenn sie nicht durch Namen, Rang und großen Ruf unterstützt wird.</p> <p> <ref xml:id="TEXTBeiunsEnglaendernBISGleichIXgewichtStatt" type="editorialNote" target="ZgZuE.htm#ERLBeiunsEnglaendernBISGleich[IX]gewichtStatt">Bei uns Engländern findet noch so ziemlich zwischen Leben und Literatur ein Gleich- </ref> </p> </div> </front> </text> </TEI> [VIII/0012]
beurtheilen zu wollen, und endete damit, daß sie sie nur erklärte, aufschrieb und pries. Friedrich JJ. und Katharina geizten nach dem Beifalle Voltaires; aber indem sie die Literatur zu erheben schienen, setzten sie sie nur herab. Denn Literatur blieb nicht mehr die geschlossene Kette einer bestimmten, streng vorgezeichneten Freiheit, sie hielt ihre einzelnen Glieder nicht mehr zusammen, sondern wurde, statt sich in den Objekten zu consolidiren, individualisirt, wurde Eigenthum eines Einzelnen, der Witz und Kenntnisse genug besaß, um sie zu beherrschen, mit einem Worte, die Literatur war nicht mehr Masse, sondern Person. Durch eine solche von den Franzosen verschuldete Umkehr ihrer Bestimmung hat auch die Literatur seither ihre Kraft verloren und kann nur noch als individuelle Meinung wirken, als eine Meinung, die sehr wenig ausrichtet, wenn sie nicht durch Namen, Rang und großen Ruf unterstützt wird.
Bei uns Engländern findet noch so ziemlich zwischen Leben und Literatur ein Gleich-
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