Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

mitten im Walde widerstanden sie nicht. Wäh¬
rend der Wagen und Cäsars Pferd auf der
Straße hielten, giengen sie dem einladenden
Ruheorte entgegen und setzten sich auf abgesägte
Baumrümpfe nieder. Es lag etwas Mecha¬
nisches in diesen Bewegungen, als wenn eine
Verabredung statt gefunden hätte und doch
schwiegen beide. Sie sprachen noch immer
nichts, auch als sie beide mit gestüztem Haupte
sich gegenüber saßen.

"Seit einiger Zeit sind Sie auf mich er¬
zürnt, Cäsar!" sagte dann Wally.

Ein Lächeln, das man kennen muß, um zu
wissen, daß es nur die Maske eines tieferen
Schmerzes ist, flog über ihre Mienen. Das
Lächeln Cäsars konnte Beistimmung oder Ver¬
wunderung sein. Er war klug genug, sie dar¬
über im Unklaren zu lassen.

"Ihre Geschichten haben mich kalt gelassen;"
fuhr sie fort.

mitten im Walde widerſtanden ſie nicht. Wäh¬
rend der Wagen und Cäſars Pferd auf der
Straße hielten, giengen ſie dem einladenden
Ruheorte entgegen und ſetzten ſich auf abgeſägte
Baumrümpfe nieder. Es lag etwas Mecha¬
niſches in dieſen Bewegungen, als wenn eine
Verabredung ſtatt gefunden hätte und doch
ſchwiegen beide. Sie ſprachen noch immer
nichts, auch als ſie beide mit geſtüztem Haupte
ſich gegenüber ſaßen.

„Seit einiger Zeit ſind Sie auf mich er¬
zürnt, Cäſar!“ ſagte dann Wally.

Ein Lächeln, das man kennen muß, um zu
wiſſen, daß es nur die Maske eines tieferen
Schmerzes iſt, flog über ihre Mienen. Das
Lächeln Cäſars konnte Beiſtimmung oder Ver¬
wunderung ſein. Er war klug genug, ſie dar¬
über im Unklaren zu laſſen.

„Ihre Geſchichten haben mich kalt gelaſſen;“
fuhr ſie fort.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0080" n="71"/>
mitten im Walde wider&#x017F;tanden &#x017F;ie nicht. Wäh¬<lb/>
rend der Wagen und Cä&#x017F;ars Pferd auf der<lb/>
Straße hielten, giengen &#x017F;ie dem einladenden<lb/>
Ruheorte entgegen und &#x017F;etzten &#x017F;ich auf abge&#x017F;ägte<lb/>
Baumrümpfe nieder. Es lag etwas Mecha¬<lb/>
ni&#x017F;ches in die&#x017F;en Bewegungen, als wenn eine<lb/>
Verabredung &#x017F;tatt gefunden hätte und doch<lb/>
&#x017F;chwiegen beide. Sie &#x017F;prachen noch immer<lb/>
nichts, auch als &#x017F;ie beide mit ge&#x017F;tüztem Haupte<lb/>
&#x017F;ich gegenüber &#x017F;aßen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Seit einiger Zeit &#x017F;ind Sie auf mich er¬<lb/>
zürnt, Cä&#x017F;ar!&#x201C; &#x017F;agte dann Wally.</p><lb/>
          <p>Ein Lächeln, das man kennen muß, um zu<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, daß es nur die Maske eines tieferen<lb/>
Schmerzes i&#x017F;t, flog über ihre Mienen. Das<lb/>
Lächeln Cä&#x017F;ars konnte Bei&#x017F;timmung oder Ver¬<lb/>
wunderung &#x017F;ein. Er war klug genug, &#x017F;ie dar¬<lb/>
über im Unklaren zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ihre Ge&#x017F;chichten haben mich kalt gela&#x017F;&#x017F;en;&#x201C;<lb/>
fuhr &#x017F;ie fort.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0080] mitten im Walde widerſtanden ſie nicht. Wäh¬ rend der Wagen und Cäſars Pferd auf der Straße hielten, giengen ſie dem einladenden Ruheorte entgegen und ſetzten ſich auf abgeſägte Baumrümpfe nieder. Es lag etwas Mecha¬ niſches in dieſen Bewegungen, als wenn eine Verabredung ſtatt gefunden hätte und doch ſchwiegen beide. Sie ſprachen noch immer nichts, auch als ſie beide mit geſtüztem Haupte ſich gegenüber ſaßen. „Seit einiger Zeit ſind Sie auf mich er¬ zürnt, Cäſar!“ ſagte dann Wally. Ein Lächeln, das man kennen muß, um zu wiſſen, daß es nur die Maske eines tieferen Schmerzes iſt, flog über ihre Mienen. Das Lächeln Cäſars konnte Beiſtimmung oder Ver¬ wunderung ſein. Er war klug genug, ſie dar¬ über im Unklaren zu laſſen. „Ihre Geſchichten haben mich kalt gelaſſen;“ fuhr ſie fort.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/80
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/80>, abgerufen am 25.11.2024.