von wo sie ausging. Wir werden uns, so lange die Erde kreist, in Cirkeln bewegen. Hier war ein Cirkel, dessen Anfang sich in sein Ende zurückbog.
Wäre das Heidenthum ohne Cultus gewe¬ sen, warum hatte die Menschheit nicht an ihm Genüge finden sollen? Aber die Priester der Religionen pflegen immer diejenigen zu sein, welche ihre Religionen selbst untergraben. Könn¬ ten sich die Religionen von Gebräuchen, Aeus¬ serlichkeiten, von der Zudringlichkeit ihrer be¬ rufenen und verordneten Diener frei erhalten, so würden sie eine längere Dauer in Anspruch nehmen dürfen. Das Heidenthum war Poesie und bildende Kunst, war Veredlung der Sinn¬ lichkeit, war Gestaltung der rohen Materie; Julian, der Apostat, fühlte es wohl, daß die Götter Griechenlands einen Mann von Geschmack befriedigen konnten. Das Heidenthum war to¬
von wo ſie ausging. Wir werden uns, ſo lange die Erde kreiſt, in Cirkeln bewegen. Hier war ein Cirkel, deſſen Anfang ſich in ſein Ende zurückbog.
Wäre das Heidenthum ohne Cultus gewe¬ ſen, warum hatte die Menſchheit nicht an ihm Genüge finden ſollen? Aber die Prieſter der Religionen pflegen immer diejenigen zu ſein, welche ihre Religionen ſelbſt untergraben. Könn¬ ten ſich die Religionen von Gebräuchen, Aeuſ¬ ſerlichkeiten, von der Zudringlichkeit ihrer be¬ rufenen und verordneten Diener frei erhalten, ſo würden ſie eine längere Dauer in Anſpruch nehmen dürfen. Das Heidenthum war Poeſie und bildende Kunſt, war Veredlung der Sinn¬ lichkeit, war Geſtaltung der rohen Materie; Julian, der Apoſtat, fühlte es wohl, daß die Götter Griechenlands einen Mann von Geſchmack befriedigen konnten. Das Heidenthum war to¬
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[270[268]/0277]
von wo ſie ausging. Wir werden uns, ſo lange
die Erde kreiſt, in Cirkeln bewegen. Hier war
ein Cirkel, deſſen Anfang ſich in ſein Ende
zurückbog.
Wäre das Heidenthum ohne Cultus gewe¬
ſen, warum hatte die Menſchheit nicht an ihm
Genüge finden ſollen? Aber die Prieſter der
Religionen pflegen immer diejenigen zu ſein,
welche ihre Religionen ſelbſt untergraben. Könn¬
ten ſich die Religionen von Gebräuchen, Aeuſ¬
ſerlichkeiten, von der Zudringlichkeit ihrer be¬
rufenen und verordneten Diener frei erhalten,
ſo würden ſie eine längere Dauer in Anſpruch
nehmen dürfen. Das Heidenthum war Poeſie
und bildende Kunſt, war Veredlung der Sinn¬
lichkeit, war Geſtaltung der rohen Materie;
Julian, der Apoſtat, fühlte es wohl, daß die
Götter Griechenlands einen Mann von Geſchmack
befriedigen konnten. Das Heidenthum war to¬
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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 270[268]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/277>, abgerufen am 22.11.2024.
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