müssen wir es thun? Der Fluch, nicht der Segen der Götter begleitet uns. Warum sind wir? O könnt' ich mir irgend einen er¬ weislichen Grund vorstellen, warum diese Pla¬ neten im Weltsysteme irren, warum wir auf unserm Planeten so armselig und hülflos krie¬ chen müssen? Was bezweckte Gott damit? War dies eine Grille von ihm? Was kömmt darauf an, ob das Gute oder Böse in der Weltordnung produzirt wird? Ich bin so un¬ glücklich. Ich weiß hierauf keine Antwort.
Die Fähigkeit, Fragen aufzuwerfen, ließ Gott bei der Schöpfung oder bei der ewigen Schöpfung, bei unsrer Geburt, ohne die ent¬ sprechende Fähigkeit, auch Antwort darauf zu geben. Diese Halbheit einer Gabe ist so feind¬ selig. Gott duldete es, daß der Glaube an ihn die Tagesordnung der Geschichte wurde; er duldete es, daß noch heute der Atheismus wie das größte Verbrechen von den Völkern
müſſen wir es thun? Der Fluch, nicht der Segen der Götter begleitet uns. Warum ſind wir? O könnt' ich mir irgend einen er¬ weislichen Grund vorſtellen, warum dieſe Pla¬ neten im Weltſyſteme irren, warum wir auf unſerm Planeten ſo armſelig und hülflos krie¬ chen müſſen? Was bezweckte Gott damit? War dies eine Grille von ihm? Was kömmt darauf an, ob das Gute oder Böſe in der Weltordnung produzirt wird? Ich bin ſo un¬ glücklich. Ich weiß hierauf keine Antwort.
Die Fähigkeit, Fragen aufzuwerfen, ließ Gott bei der Schöpfung oder bei der ewigen Schöpfung, bei unſrer Geburt, ohne die ent¬ ſprechende Fähigkeit, auch Antwort darauf zu geben. Dieſe Halbheit einer Gabe iſt ſo feind¬ ſelig. Gott duldete es, daß der Glaube an ihn die Tagesordnung der Geſchichte wurde; er duldete es, daß noch heute der Atheismus wie das größte Verbrechen von den Völkern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0232"n="223"/>
müſſen wir es thun? Der Fluch, nicht der<lb/>
Segen der Götter begleitet uns. Warum ſind<lb/>
wir? O könnt' ich mir irgend einen er¬<lb/>
weislichen Grund vorſtellen, warum dieſe Pla¬<lb/>
neten im Weltſyſteme irren, warum wir auf<lb/>
unſerm Planeten ſo armſelig und hülflos krie¬<lb/>
chen müſſen? Was bezweckte Gott damit?<lb/>
War dies eine Grille von ihm? Was kömmt<lb/>
darauf an, ob das Gute oder Böſe in der<lb/>
Weltordnung produzirt wird? Ich bin ſo un¬<lb/>
glücklich. Ich weiß hierauf keine Antwort.</p><lb/><p>Die Fähigkeit, Fragen aufzuwerfen, ließ<lb/>
Gott bei der Schöpfung oder bei der ewigen<lb/>
Schöpfung, bei unſrer Geburt, ohne die ent¬<lb/>ſprechende Fähigkeit, auch Antwort darauf zu<lb/>
geben. Dieſe Halbheit einer Gabe iſt ſo feind¬<lb/>ſelig. Gott duldete es, daß der Glaube an<lb/>
ihn die Tagesordnung der Geſchichte wurde;<lb/>
er duldete es, daß noch heute der Atheismus<lb/>
wie das größte Verbrechen von den Völkern<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[223/0232]
müſſen wir es thun? Der Fluch, nicht der
Segen der Götter begleitet uns. Warum ſind
wir? O könnt' ich mir irgend einen er¬
weislichen Grund vorſtellen, warum dieſe Pla¬
neten im Weltſyſteme irren, warum wir auf
unſerm Planeten ſo armſelig und hülflos krie¬
chen müſſen? Was bezweckte Gott damit?
War dies eine Grille von ihm? Was kömmt
darauf an, ob das Gute oder Böſe in der
Weltordnung produzirt wird? Ich bin ſo un¬
glücklich. Ich weiß hierauf keine Antwort.
Die Fähigkeit, Fragen aufzuwerfen, ließ
Gott bei der Schöpfung oder bei der ewigen
Schöpfung, bei unſrer Geburt, ohne die ent¬
ſprechende Fähigkeit, auch Antwort darauf zu
geben. Dieſe Halbheit einer Gabe iſt ſo feind¬
ſelig. Gott duldete es, daß der Glaube an
ihn die Tagesordnung der Geſchichte wurde;
er duldete es, daß noch heute der Atheismus
wie das größte Verbrechen von den Völkern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/232>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.