eines Tages bei sich selbst, welche die Literatur und das, was dem Leben durch sie an schönen Elementen und Staffagen gegeben wird, für eine Tyrannei und eine despotische Willkür der Dich¬ ter und Künstler halten? Wär' ich selbst Autor, so würde mich dieser Gedanke erschrecken. Ich würde die Gleichgültigkeit, die Dummheit der Masse immer mit einer Strafe verwechseln, welche ich als Autor für die Zudringlichkeit meiner Schöpfungen mit Recht einernte. Ich würde zittern, wenn von Büchern die Rede kömmt, und würde immer gewärtig sein, daß Jemand aufträte, und die Literatur in die Kategorie von Waarenartikeln stellte, von El¬ len- oder Kolonialwaaren, die man nimmt oder stehen läßt, je nach Bedürfniß. Ich brauche die Schönheit nicht! Fürchterlich, wenn von Homer und Ossian die Rede wäre! Ich brauche nicht einmal die Bestrebungen um das Schöne, wenn von einem Erstlingsversuche die Rede wäre!
eines Tages bei ſich ſelbſt, welche die Literatur und das, was dem Leben durch ſie an ſchönen Elementen und Staffagen gegeben wird, für eine Tyrannei und eine despotiſche Willkür der Dich¬ ter und Künſtler halten? Wär' ich ſelbſt Autor, ſo würde mich dieſer Gedanke erſchrecken. Ich würde die Gleichgültigkeit, die Dummheit der Maſſe immer mit einer Strafe verwechſeln, welche ich als Autor für die Zudringlichkeit meiner Schöpfungen mit Recht einernte. Ich würde zittern, wenn von Büchern die Rede kömmt, und würde immer gewärtig ſein, daß Jemand aufträte, und die Literatur in die Kategorie von Waarenartikeln ſtellte, von El¬ len- oder Kolonialwaaren, die man nimmt oder ſtehen läßt, je nach Bedürfniß. Ich brauche die Schönheit nicht! Fürchterlich, wenn von Homer und Oſſian die Rede wäre! Ich brauche nicht einmal die Beſtrebungen um das Schöne, wenn von einem Erſtlingsverſuche die Rede wäre!
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0135"n="126"/>
eines Tages bei ſich ſelbſt, welche die Literatur<lb/>
und das, was dem Leben durch ſie an ſchönen<lb/>
Elementen und Staffagen gegeben wird, für eine<lb/>
Tyrannei und eine despotiſche Willkür der Dich¬<lb/>
ter und Künſtler halten? Wär' ich ſelbſt Autor,<lb/>ſo würde mich dieſer Gedanke erſchrecken. Ich<lb/>
würde die Gleichgültigkeit, die Dummheit der<lb/>
Maſſe immer mit einer Strafe verwechſeln,<lb/>
welche ich als Autor für die Zudringlichkeit<lb/>
meiner Schöpfungen mit Recht einernte. Ich<lb/>
würde zittern, wenn von Büchern die Rede<lb/>
kömmt, und würde immer gewärtig ſein, daß<lb/>
Jemand aufträte, und die Literatur in die<lb/>
Kategorie von Waarenartikeln ſtellte, von El¬<lb/>
len- oder Kolonialwaaren, die man nimmt oder<lb/>ſtehen läßt, je nach Bedürfniß. Ich brauche<lb/>
die Schönheit nicht! Fürchterlich, wenn von<lb/>
Homer und Oſſian die Rede wäre! Ich brauche<lb/>
nicht einmal die Beſtrebungen um das Schöne,<lb/>
wenn von einem Erſtlingsverſuche die Rede wäre!<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[126/0135]
eines Tages bei ſich ſelbſt, welche die Literatur
und das, was dem Leben durch ſie an ſchönen
Elementen und Staffagen gegeben wird, für eine
Tyrannei und eine despotiſche Willkür der Dich¬
ter und Künſtler halten? Wär' ich ſelbſt Autor,
ſo würde mich dieſer Gedanke erſchrecken. Ich
würde die Gleichgültigkeit, die Dummheit der
Maſſe immer mit einer Strafe verwechſeln,
welche ich als Autor für die Zudringlichkeit
meiner Schöpfungen mit Recht einernte. Ich
würde zittern, wenn von Büchern die Rede
kömmt, und würde immer gewärtig ſein, daß
Jemand aufträte, und die Literatur in die
Kategorie von Waarenartikeln ſtellte, von El¬
len- oder Kolonialwaaren, die man nimmt oder
ſtehen läßt, je nach Bedürfniß. Ich brauche
die Schönheit nicht! Fürchterlich, wenn von
Homer und Oſſian die Rede wäre! Ich brauche
nicht einmal die Beſtrebungen um das Schöne,
wenn von einem Erſtlingsverſuche die Rede wäre!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/135>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.