Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.amerikaner, die jedem von den Zeitungen gemachten Ruhm, jeder Wiederspiegelung einer Tagesbegebenheit wie verrücktgeworden nachlaufen, gar nicht zu nennen! Und die Franzosen, die zu einem großen, theils gebildeten, theils ungebildeten Bruchtheil den allerkrassesten Royalismus nicht los werden können! Unsere Könige sind Nichts als unsere Herzöge, Heerführer, Vertreter unserer Wehrkraft! Jetzt sind sie auch Vertreter unserer politischen Wiedergeburt! Die kleinen Fürsten sind ja schon längst nur noch als Privatleute zu betrachten und theilen ihre Regierungssorgen mit denen für die Regie eines Theaters. Ja aber, liebster Herr, wallte der Baumeister Omma auf, nennen Sie mir eine Nation, die außer der russischen, soviel Consequenzen der Fürstenherrschaft durchzumachen hat, als die deutsche! Das ist ja grade das Abscheuliche! Die Annexe des Fürstenwesens! Ich will von der Erbärmlichkeit und den Ansprüchen der kleinen Hofgesellschaften gar nicht reden, aber die Privatgeschichte des Hauses Hohenzollern wurde zur Geschichte Deutschlands gemacht. Wissen Sie, daß dies furchtbare Opfer, das eine ganze Nation nun schon seit anderthalb Jahrhunderten dem Ehrgeize einer einzigen Dynastie bringen muß, lange, lange nicht genug von der letzteren gewürdigt wird? Sie hat sich dem Geist der neuen Zeit gefügt! hieß es allgemein und Niemand wagte es, den stillen Wider- amerikaner, die jedem von den Zeitungen gemachten Ruhm, jeder Wiederspiegelung einer Tagesbegebenheit wie verrücktgeworden nachlaufen, gar nicht zu nennen! Und die Franzosen, die zu einem großen, theils gebildeten, theils ungebildeten Bruchtheil den allerkrassesten Royalismus nicht los werden können! Unsere Könige sind Nichts als unsere Herzöge, Heerführer, Vertreter unserer Wehrkraft! Jetzt sind sie auch Vertreter unserer politischen Wiedergeburt! Die kleinen Fürsten sind ja schon längst nur noch als Privatleute zu betrachten und theilen ihre Regierungssorgen mit denen für die Regie eines Theaters. Ja aber, liebster Herr, wallte der Baumeister Omma auf, nennen Sie mir eine Nation, die außer der russischen, soviel Consequenzen der Fürstenherrschaft durchzumachen hat, als die deutsche! Das ist ja grade das Abscheuliche! Die Annexe des Fürstenwesens! Ich will von der Erbärmlichkeit und den Ansprüchen der kleinen Hofgesellschaften gar nicht reden, aber die Privatgeschichte des Hauses Hohenzollern wurde zur Geschichte Deutschlands gemacht. Wissen Sie, daß dies furchtbare Opfer, das eine ganze Nation nun schon seit anderthalb Jahrhunderten dem Ehrgeize einer einzigen Dynastie bringen muß, lange, lange nicht genug von der letzteren gewürdigt wird? Sie hat sich dem Geist der neuen Zeit gefügt! hieß es allgemein und Niemand wagte es, den stillen Wider- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="78"/> amerikaner, die jedem von den Zeitungen gemachten Ruhm, jeder Wiederspiegelung einer Tagesbegebenheit wie verrücktgeworden nachlaufen, gar nicht zu nennen! Und die Franzosen, die zu einem großen, theils gebildeten, theils ungebildeten Bruchtheil den allerkrassesten Royalismus nicht los werden können! Unsere Könige sind Nichts als unsere Herzöge, Heerführer, Vertreter unserer Wehrkraft! Jetzt sind sie auch Vertreter unserer politischen Wiedergeburt! Die kleinen Fürsten sind ja schon längst nur noch als Privatleute zu betrachten und theilen ihre Regierungssorgen mit denen für die Regie eines Theaters.</p> <p>Ja aber, liebster Herr, wallte der Baumeister Omma auf, nennen Sie mir eine Nation, die außer der russischen, soviel Consequenzen der Fürstenherrschaft durchzumachen hat, als die deutsche! Das ist ja grade das Abscheuliche! Die Annexe des Fürstenwesens! Ich will von der Erbärmlichkeit und den Ansprüchen der kleinen Hofgesellschaften gar nicht reden, aber die Privatgeschichte des Hauses Hohenzollern wurde zur Geschichte Deutschlands gemacht. Wissen Sie, daß dies furchtbare Opfer, das eine ganze Nation nun schon seit anderthalb Jahrhunderten dem Ehrgeize einer einzigen Dynastie bringen muß, lange, lange nicht genug von der letzteren gewürdigt wird?</p> <p>Sie hat sich dem Geist der neuen Zeit gefügt! hieß es allgemein und Niemand wagte es, den stillen Wider- </p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0084]
amerikaner, die jedem von den Zeitungen gemachten Ruhm, jeder Wiederspiegelung einer Tagesbegebenheit wie verrücktgeworden nachlaufen, gar nicht zu nennen! Und die Franzosen, die zu einem großen, theils gebildeten, theils ungebildeten Bruchtheil den allerkrassesten Royalismus nicht los werden können! Unsere Könige sind Nichts als unsere Herzöge, Heerführer, Vertreter unserer Wehrkraft! Jetzt sind sie auch Vertreter unserer politischen Wiedergeburt! Die kleinen Fürsten sind ja schon längst nur noch als Privatleute zu betrachten und theilen ihre Regierungssorgen mit denen für die Regie eines Theaters.
Ja aber, liebster Herr, wallte der Baumeister Omma auf, nennen Sie mir eine Nation, die außer der russischen, soviel Consequenzen der Fürstenherrschaft durchzumachen hat, als die deutsche! Das ist ja grade das Abscheuliche! Die Annexe des Fürstenwesens! Ich will von der Erbärmlichkeit und den Ansprüchen der kleinen Hofgesellschaften gar nicht reden, aber die Privatgeschichte des Hauses Hohenzollern wurde zur Geschichte Deutschlands gemacht. Wissen Sie, daß dies furchtbare Opfer, das eine ganze Nation nun schon seit anderthalb Jahrhunderten dem Ehrgeize einer einzigen Dynastie bringen muß, lange, lange nicht genug von der letzteren gewürdigt wird?
Sie hat sich dem Geist der neuen Zeit gefügt! hieß es allgemein und Niemand wagte es, den stillen Wider-
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