Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Miezchen, das auf einem Sopha ausgestreckt lag, war im allergewöhnlichsten Volkston gehalten. Edwina verstand aber diese gutmüthige Sprechweise und schwieg. Sie lag auf einem Sopha ausgestreckt, den Kopf in die Hand gestützt; jetzt schüttelte sie diesen, sie brütete nur. Die Polizei war in ihr Leben eingedrungen -! Das war furchtbar. Erst in Folge ihrer Briefe an die Gräfin. Nun waren ihr Pflichten auferlegt worden, von denen sie behauptete, daß ihr von deren Erfüllung der Wahnsinn kommen würde. Sie zitterte an Händen und Füßen, wenn sie das Alles bedachte. Sie strich nur öfter über die Stirne hinweg. Diese war in der That schon voller Falten, die nicht weichen wollten. Geh' nur um Gotteswillen nicht auf die Straße! Thu' mir und uns, weißt Du, dem Alten, nicht die Schande an! Der Alte hat alle Geduld verloren! Da - (die Sprecherin griff unter ihre Schürze) sind hundert Thaler, die er Dir wieder schickt -! Trage sie hinunter zum Wirth! sagte Edwina kurz. Na! Dann haben wir wieder Nichts - murmelte die Großmutter, gehorchte aber. Die Alte wohnte jetzt endlich unter Einem Verschluß mit ihrer Enkelin und bediente diese. Die Baronin Habenichts, wie die Ugarti von Frau Müllern genannt wurde, war ihr ein ganz besonderer Widerpart. Sie Miezchen, das auf einem Sopha ausgestreckt lag, war im allergewöhnlichsten Volkston gehalten. Edwina verstand aber diese gutmüthige Sprechweise und schwieg. Sie lag auf einem Sopha ausgestreckt, den Kopf in die Hand gestützt; jetzt schüttelte sie diesen, sie brütete nur. Die Polizei war in ihr Leben eingedrungen –! Das war furchtbar. Erst in Folge ihrer Briefe an die Gräfin. Nun waren ihr Pflichten auferlegt worden, von denen sie behauptete, daß ihr von deren Erfüllung der Wahnsinn kommen würde. Sie zitterte an Händen und Füßen, wenn sie das Alles bedachte. Sie strich nur öfter über die Stirne hinweg. Diese war in der That schon voller Falten, die nicht weichen wollten. Geh’ nur um Gotteswillen nicht auf die Straße! Thu’ mir und uns, weißt Du, dem Alten, nicht die Schande an! Der Alte hat alle Geduld verloren! Da – (die Sprecherin griff unter ihre Schürze) sind hundert Thaler, die er Dir wieder schickt –! Trage sie hinunter zum Wirth! sagte Edwina kurz. Na! Dann haben wir wieder Nichts – murmelte die Großmutter, gehorchte aber. Die Alte wohnte jetzt endlich unter Einem Verschluß mit ihrer Enkelin und bediente diese. Die Baronin Habenichts, wie die Ugarti von Frau Müllern genannt wurde, war ihr ein ganz besonderer Widerpart. Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0286" n="280"/> Miezchen, das auf einem Sopha ausgestreckt lag, war im allergewöhnlichsten Volkston gehalten.</p> <p>Edwina verstand aber diese gutmüthige Sprechweise und schwieg. Sie lag auf einem Sopha ausgestreckt, den Kopf in die Hand gestützt; jetzt schüttelte sie diesen, sie brütete nur. Die Polizei war in ihr Leben eingedrungen –! Das war furchtbar. Erst in Folge ihrer Briefe an die Gräfin. Nun waren ihr Pflichten auferlegt worden, von denen sie behauptete, daß ihr von deren Erfüllung der Wahnsinn kommen würde. Sie zitterte an Händen und Füßen, wenn sie das Alles bedachte. Sie strich nur öfter über die Stirne hinweg. Diese war in der That schon voller Falten, die nicht weichen wollten.</p> <p>Geh’ nur um Gotteswillen nicht auf die Straße! Thu’ mir und uns, weißt Du, dem Alten, nicht die Schande an! Der Alte hat alle Geduld verloren! Da – (die Sprecherin griff unter ihre Schürze) sind hundert Thaler, die er Dir wieder schickt –!</p> <p>Trage sie hinunter zum Wirth! sagte Edwina kurz.</p> <p>Na! Dann haben wir wieder Nichts – murmelte die Großmutter, gehorchte aber.</p> <p>Die Alte wohnte jetzt endlich unter Einem Verschluß mit ihrer Enkelin und bediente diese. Die Baronin Habenichts, wie die Ugarti von Frau Müllern genannt wurde, war ihr ein ganz besonderer Widerpart. Sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [280/0286]
Miezchen, das auf einem Sopha ausgestreckt lag, war im allergewöhnlichsten Volkston gehalten.
Edwina verstand aber diese gutmüthige Sprechweise und schwieg. Sie lag auf einem Sopha ausgestreckt, den Kopf in die Hand gestützt; jetzt schüttelte sie diesen, sie brütete nur. Die Polizei war in ihr Leben eingedrungen –! Das war furchtbar. Erst in Folge ihrer Briefe an die Gräfin. Nun waren ihr Pflichten auferlegt worden, von denen sie behauptete, daß ihr von deren Erfüllung der Wahnsinn kommen würde. Sie zitterte an Händen und Füßen, wenn sie das Alles bedachte. Sie strich nur öfter über die Stirne hinweg. Diese war in der That schon voller Falten, die nicht weichen wollten.
Geh’ nur um Gotteswillen nicht auf die Straße! Thu’ mir und uns, weißt Du, dem Alten, nicht die Schande an! Der Alte hat alle Geduld verloren! Da – (die Sprecherin griff unter ihre Schürze) sind hundert Thaler, die er Dir wieder schickt –!
Trage sie hinunter zum Wirth! sagte Edwina kurz.
Na! Dann haben wir wieder Nichts – murmelte die Großmutter, gehorchte aber.
Die Alte wohnte jetzt endlich unter Einem Verschluß mit ihrer Enkelin und bediente diese. Die Baronin Habenichts, wie die Ugarti von Frau Müllern genannt wurde, war ihr ein ganz besonderer Widerpart. Sie
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/286>, abgerufen am 16.02.2025. |