Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.und Trevelyan auf dem Canape, hatte natürlich an seiner halb schwachsinnig gewordenen Tante Constanze keinen Halt. Sein edelstes Bestreben, grade ihr die Verirrung ihres Gatten geheim zu halten, war zu Schanden geworden. Merkus zog andere Rathgeber in schwarzen und bunten Röcken bei ihr nach sich. Die Generalin verrieth ihr auch noch, daß ja auch Graf Udo um die Bildhauertochter geworben hatte. Das Alles erzeugte Staunen, Erkältung, Zurückziehen. Merkwürdig, daß das Gefühl für die eigene Vornehmheit und Fürstlichkeit immer mehr sich steigerte. Mit allerlei Wunderlichkeiten zog sie eine Schranke, die der Neffe durch unausgesetzte Aufmerksamkeiten nicht mehr niederzureißen vermochte. Ihm selbst war eine Welt zerstört. Wohl täglich sprach er ein Dutzend hervorragender Menschen der "Gesellschaft" - aber ganz verstanden wurde er im nächsten Umgang nur von seinem La Rose. Die Besuche der Fadheit, die er zuweilen vom "versöhnten" Prinzen Rauden erhielt, konnten ihn nicht aufrichten. Die Scheidung hatte ja auch er gewünscht. So oft er Ada gesehen, schon als Kind, war ihm ihre Wildheit antipathisch gewesen. Ich habe etwas vom Pedanten! hatte er wohl Diesem oder Jenem schon gesagt. Das liegt in den Nerven, im Blut, im Willen. Mein Wille ist schwächer, als die Betrachtung. Selbst die Treue, machte er sich wieder und Trevelyan auf dem Canapé, hatte natürlich an seiner halb schwachsinnig gewordenen Tante Constanze keinen Halt. Sein edelstes Bestreben, grade ihr die Verirrung ihres Gatten geheim zu halten, war zu Schanden geworden. Merkus zog andere Rathgeber in schwarzen und bunten Röcken bei ihr nach sich. Die Generalin verrieth ihr auch noch, daß ja auch Graf Udo um die Bildhauertochter geworben hatte. Das Alles erzeugte Staunen, Erkältung, Zurückziehen. Merkwürdig, daß das Gefühl für die eigene Vornehmheit und Fürstlichkeit immer mehr sich steigerte. Mit allerlei Wunderlichkeiten zog sie eine Schranke, die der Neffe durch unausgesetzte Aufmerksamkeiten nicht mehr niederzureißen vermochte. Ihm selbst war eine Welt zerstört. Wohl täglich sprach er ein Dutzend hervorragender Menschen der „Gesellschaft“ – aber ganz verstanden wurde er im nächsten Umgang nur von seinem La Rose. Die Besuche der Fadheit, die er zuweilen vom „versöhnten“ Prinzen Rauden erhielt, konnten ihn nicht aufrichten. Die Scheidung hatte ja auch er gewünscht. So oft er Ada gesehen, schon als Kind, war ihm ihre Wildheit antipathisch gewesen. Ich habe etwas vom Pedanten! hatte er wohl Diesem oder Jenem schon gesagt. Das liegt in den Nerven, im Blut, im Willen. Mein Wille ist schwächer, als die Betrachtung. Selbst die Treue, machte er sich wieder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0278" n="272"/> und Trevelyan auf dem Canapé, hatte natürlich an seiner halb schwachsinnig gewordenen Tante Constanze keinen Halt. Sein edelstes Bestreben, grade ihr die Verirrung ihres Gatten geheim zu halten, war zu Schanden geworden. Merkus zog andere Rathgeber in schwarzen und bunten Röcken bei ihr nach sich. Die Generalin verrieth ihr auch noch, daß ja auch Graf Udo um die Bildhauertochter geworben hatte. Das Alles erzeugte Staunen, Erkältung, Zurückziehen. Merkwürdig, daß das Gefühl für die eigene Vornehmheit und Fürstlichkeit immer mehr sich steigerte. Mit allerlei Wunderlichkeiten zog sie eine Schranke, die der Neffe durch unausgesetzte Aufmerksamkeiten nicht mehr niederzureißen vermochte.</p> <p>Ihm selbst war eine Welt zerstört. Wohl täglich sprach er ein Dutzend hervorragender Menschen der „Gesellschaft“ – aber ganz verstanden wurde er im nächsten Umgang nur von seinem La Rose. Die Besuche der Fadheit, die er zuweilen vom „versöhnten“ Prinzen Rauden erhielt, konnten ihn nicht aufrichten. Die Scheidung hatte ja auch er gewünscht. So oft er Ada gesehen, schon als Kind, war ihm ihre Wildheit antipathisch gewesen. Ich habe etwas vom Pedanten! hatte er wohl Diesem oder Jenem schon gesagt. Das liegt in den Nerven, im Blut, im Willen. Mein Wille ist schwächer, als die Betrachtung. Selbst die Treue, machte er sich wieder </p> </div> </body> </text> </TEI> [272/0278]
und Trevelyan auf dem Canapé, hatte natürlich an seiner halb schwachsinnig gewordenen Tante Constanze keinen Halt. Sein edelstes Bestreben, grade ihr die Verirrung ihres Gatten geheim zu halten, war zu Schanden geworden. Merkus zog andere Rathgeber in schwarzen und bunten Röcken bei ihr nach sich. Die Generalin verrieth ihr auch noch, daß ja auch Graf Udo um die Bildhauertochter geworben hatte. Das Alles erzeugte Staunen, Erkältung, Zurückziehen. Merkwürdig, daß das Gefühl für die eigene Vornehmheit und Fürstlichkeit immer mehr sich steigerte. Mit allerlei Wunderlichkeiten zog sie eine Schranke, die der Neffe durch unausgesetzte Aufmerksamkeiten nicht mehr niederzureißen vermochte.
Ihm selbst war eine Welt zerstört. Wohl täglich sprach er ein Dutzend hervorragender Menschen der „Gesellschaft“ – aber ganz verstanden wurde er im nächsten Umgang nur von seinem La Rose. Die Besuche der Fadheit, die er zuweilen vom „versöhnten“ Prinzen Rauden erhielt, konnten ihn nicht aufrichten. Die Scheidung hatte ja auch er gewünscht. So oft er Ada gesehen, schon als Kind, war ihm ihre Wildheit antipathisch gewesen. Ich habe etwas vom Pedanten! hatte er wohl Diesem oder Jenem schon gesagt. Das liegt in den Nerven, im Blut, im Willen. Mein Wille ist schwächer, als die Betrachtung. Selbst die Treue, machte er sich wieder
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/278>, abgerufen am 16.02.2025. |