Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.gesehen und gleich weggehabt. Es ist ein raffinirter Bursche, der Mittel und Wege kennt! Und wenn Sie ihn für Ihren Bedienten ausgeben, können Sie ihn ganz getrost noch bis mit nach Amerika nehmen. Warum nicht unter die Wilden? stöhnte Cohn tonlos. Er ersetzt Ihnen den praktischen Verstand! sagte der Unerbittliche, den Sie bei aller Papierkenntniß und bei all Ihren Witzen doch nicht haben! Eine unendlich treffende Wahrheit! Eine Wahrheit, die Cohn außerordentlich gern hörte! Es erinnerte ihn an seine in ihm schlummernde Poesie. Frau Veilchen Rebekka Cohn, geborne Hollander, hatte ihm das so oft gesagt, schon, als sie ihn noch auf den Schooß genommen. Eigentlich sollte er ja gradezu auf Genie studiren, aber sein Vater fallirte. Da lernte er das Geschäft. Er verstand Millionen zu machen. Er hatte sich den Adel von einem unserer deutschen Fürsten gekauft, den Commerzienrath durch demonstrative Wohlthätigkeitsacte errungen - aber wenn er eine Schweizerreise machen wollte, taumelte er "wie ein Kalb" über die Berge und bedurfte selbst in der Ebene eines Führers. Es war dies die stets auf's Geschäft ideal-speculative Richtung im Judenthum. Sie gab ihm das Ansehen eines Denkers. gesehen und gleich weggehabt. Es ist ein raffinirter Bursche, der Mittel und Wege kennt! Und wenn Sie ihn für Ihren Bedienten ausgeben, können Sie ihn ganz getrost noch bis mit nach Amerika nehmen. Warum nicht unter die Wilden? stöhnte Cohn tonlos. Er ersetzt Ihnen den praktischen Verstand! sagte der Unerbittliche, den Sie bei aller Papierkenntniß und bei all Ihren Witzen doch nicht haben! Eine unendlich treffende Wahrheit! Eine Wahrheit, die Cohn außerordentlich gern hörte! Es erinnerte ihn an seine in ihm schlummernde Poesie. Frau Veilchen Rebekka Cohn, geborne Hollander, hatte ihm das so oft gesagt, schon, als sie ihn noch auf den Schooß genommen. Eigentlich sollte er ja gradezu auf Genie studiren, aber sein Vater fallirte. Da lernte er das Geschäft. Er verstand Millionen zu machen. Er hatte sich den Adel von einem unserer deutschen Fürsten gekauft, den Commerzienrath durch demonstrative Wohlthätigkeitsacte errungen – aber wenn er eine Schweizerreise machen wollte, taumelte er „wie ein Kalb“ über die Berge und bedurfte selbst in der Ebene eines Führers. Es war dies die stets auf’s Geschäft ideal-speculative Richtung im Judenthum. Sie gab ihm das Ansehen eines Denkers. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0265" n="259"/> gesehen und gleich weggehabt. Es ist ein raffinirter Bursche, der Mittel und Wege kennt! Und wenn Sie ihn für Ihren Bedienten ausgeben, können Sie ihn ganz getrost noch bis mit nach Amerika nehmen.</p> <p>Warum nicht unter die Wilden? stöhnte Cohn tonlos.</p> <p>Er ersetzt Ihnen den praktischen Verstand! sagte der Unerbittliche, den Sie bei aller Papierkenntniß und bei all Ihren Witzen doch nicht haben!</p> <p>Eine unendlich treffende Wahrheit! Eine Wahrheit, die Cohn außerordentlich gern hörte! Es erinnerte ihn an seine in ihm schlummernde Poesie. Frau Veilchen Rebekka Cohn, geborne Hollander, hatte ihm das so oft gesagt, schon, als sie ihn noch auf den Schooß genommen. Eigentlich sollte er ja gradezu auf Genie studiren, aber sein Vater fallirte. Da lernte er das Geschäft. Er verstand Millionen zu machen. Er hatte sich den Adel von einem unserer deutschen Fürsten gekauft, den Commerzienrath durch demonstrative Wohlthätigkeitsacte errungen – aber wenn er eine Schweizerreise machen wollte, taumelte er „wie ein Kalb“ über die Berge und bedurfte selbst in der Ebene eines Führers. Es war dies die stets auf’s Geschäft ideal-speculative Richtung im Judenthum. Sie gab ihm das Ansehen eines Denkers.</p> </div> </body> </text> </TEI> [259/0265]
gesehen und gleich weggehabt. Es ist ein raffinirter Bursche, der Mittel und Wege kennt! Und wenn Sie ihn für Ihren Bedienten ausgeben, können Sie ihn ganz getrost noch bis mit nach Amerika nehmen.
Warum nicht unter die Wilden? stöhnte Cohn tonlos.
Er ersetzt Ihnen den praktischen Verstand! sagte der Unerbittliche, den Sie bei aller Papierkenntniß und bei all Ihren Witzen doch nicht haben!
Eine unendlich treffende Wahrheit! Eine Wahrheit, die Cohn außerordentlich gern hörte! Es erinnerte ihn an seine in ihm schlummernde Poesie. Frau Veilchen Rebekka Cohn, geborne Hollander, hatte ihm das so oft gesagt, schon, als sie ihn noch auf den Schooß genommen. Eigentlich sollte er ja gradezu auf Genie studiren, aber sein Vater fallirte. Da lernte er das Geschäft. Er verstand Millionen zu machen. Er hatte sich den Adel von einem unserer deutschen Fürsten gekauft, den Commerzienrath durch demonstrative Wohlthätigkeitsacte errungen – aber wenn er eine Schweizerreise machen wollte, taumelte er „wie ein Kalb“ über die Berge und bedurfte selbst in der Ebene eines Führers. Es war dies die stets auf’s Geschäft ideal-speculative Richtung im Judenthum. Sie gab ihm das Ansehen eines Denkers.
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