Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.allein haben, aus sich allein sie schöpfen. Die Wiederkehr seiner Lebenskraft wird dann gewiß sein! Raimund streckte langsam die Hand dem künftigen Schwager entgegen und ergänzte Wolnys Worte mit einem überraschenden Ausdruck von Empfindung. Oder aus einem liebeseligen andachtsvollen Glauben an eine edle Persönlichkeit! sagte der ehemalige wüthende Gegner wie mit abbittendem Auge. Wolny war gerührt. Aber um Raimund nicht aufzuregen, nahm er scheinbar Anstand, diese Aeußerung auf sich zu beziehen und überhaupt das Gespräch fortzusetzen. Der Wagen stand vor der Thür. Raimund lehnte beim Niedersteigen auf der Treppe beschämt den Schein des Unwohlseins ab. Auf die nochmalige Anempfehlung einer mannhaften Reue drückte er Wolny die Hand. Es war, als fühlte er sein Ende nahe. Seine Gedanken waren in andern Sphären. Das Wort: "Hier im Hotel" und - die Spottreden auf die Ugarti saßen zu tief, zu schmerzhaft, zu lange als wahr und geahnt in seinem Herzen. Es waren Pfeile mit Widerhaken. Viel war ihm schon Schlimmes begegnet. Er hatte vom Schicksal eine Heilmethode erlernt. Gleichgültigkeit! Aber hier -? Nicht die frische Luft, nicht das Wagenrasseln, nicht der ihm sonst so unterhaltende Anblick der allein haben, aus sich allein sie schöpfen. Die Wiederkehr seiner Lebenskraft wird dann gewiß sein! Raimund streckte langsam die Hand dem künftigen Schwager entgegen und ergänzte Wolnys Worte mit einem überraschenden Ausdruck von Empfindung. Oder aus einem liebeseligen andachtsvollen Glauben an eine edle Persönlichkeit! sagte der ehemalige wüthende Gegner wie mit abbittendem Auge. Wolny war gerührt. Aber um Raimund nicht aufzuregen, nahm er scheinbar Anstand, diese Aeußerung auf sich zu beziehen und überhaupt das Gespräch fortzusetzen. Der Wagen stand vor der Thür. Raimund lehnte beim Niedersteigen auf der Treppe beschämt den Schein des Unwohlseins ab. Auf die nochmalige Anempfehlung einer mannhaften Reue drückte er Wolny die Hand. Es war, als fühlte er sein Ende nahe. Seine Gedanken waren in andern Sphären. Das Wort: „Hier im Hôtel“ und – die Spottreden auf die Ugarti saßen zu tief, zu schmerzhaft, zu lange als wahr und geahnt in seinem Herzen. Es waren Pfeile mit Widerhaken. Viel war ihm schon Schlimmes begegnet. Er hatte vom Schicksal eine Heilmethode erlernt. Gleichgültigkeit! Aber hier –? Nicht die frische Luft, nicht das Wagenrasseln, nicht der ihm sonst so unterhaltende Anblick der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0240" n="234"/> allein haben, aus sich allein sie schöpfen. Die Wiederkehr seiner Lebenskraft wird dann gewiß sein!</p> <p>Raimund streckte langsam die Hand dem künftigen Schwager entgegen und ergänzte Wolnys Worte mit einem überraschenden Ausdruck von Empfindung. Oder aus einem liebeseligen andachtsvollen Glauben an eine edle Persönlichkeit! sagte der ehemalige wüthende Gegner wie mit abbittendem Auge.</p> <p>Wolny war gerührt. Aber um Raimund nicht aufzuregen, nahm er scheinbar Anstand, diese Aeußerung auf sich zu beziehen und überhaupt das Gespräch fortzusetzen.</p> <p>Der Wagen stand vor der Thür. Raimund lehnte beim Niedersteigen auf der Treppe beschämt den Schein des Unwohlseins ab. Auf die nochmalige Anempfehlung einer mannhaften Reue drückte er Wolny die Hand. Es war, als fühlte er sein Ende nahe. Seine Gedanken waren in andern Sphären. Das Wort: „Hier im Hôtel“ und – die Spottreden auf die Ugarti saßen zu tief, zu schmerzhaft, zu lange als wahr und geahnt in seinem Herzen. Es waren Pfeile mit Widerhaken. Viel war ihm schon Schlimmes begegnet. Er hatte vom Schicksal eine Heilmethode erlernt. Gleichgültigkeit! Aber hier –? Nicht die frische Luft, nicht das Wagenrasseln, nicht der ihm sonst so unterhaltende Anblick der </p> </div> </body> </text> </TEI> [234/0240]
allein haben, aus sich allein sie schöpfen. Die Wiederkehr seiner Lebenskraft wird dann gewiß sein!
Raimund streckte langsam die Hand dem künftigen Schwager entgegen und ergänzte Wolnys Worte mit einem überraschenden Ausdruck von Empfindung. Oder aus einem liebeseligen andachtsvollen Glauben an eine edle Persönlichkeit! sagte der ehemalige wüthende Gegner wie mit abbittendem Auge.
Wolny war gerührt. Aber um Raimund nicht aufzuregen, nahm er scheinbar Anstand, diese Aeußerung auf sich zu beziehen und überhaupt das Gespräch fortzusetzen.
Der Wagen stand vor der Thür. Raimund lehnte beim Niedersteigen auf der Treppe beschämt den Schein des Unwohlseins ab. Auf die nochmalige Anempfehlung einer mannhaften Reue drückte er Wolny die Hand. Es war, als fühlte er sein Ende nahe. Seine Gedanken waren in andern Sphären. Das Wort: „Hier im Hôtel“ und – die Spottreden auf die Ugarti saßen zu tief, zu schmerzhaft, zu lange als wahr und geahnt in seinem Herzen. Es waren Pfeile mit Widerhaken. Viel war ihm schon Schlimmes begegnet. Er hatte vom Schicksal eine Heilmethode erlernt. Gleichgültigkeit! Aber hier –? Nicht die frische Luft, nicht das Wagenrasseln, nicht der ihm sonst so unterhaltende Anblick der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>)
(2014-02-19T11:57:26Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |