Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Raimund, trotzdem, daß er die grobe socialistische Agitation verlassen haben wollte und sich das Ansehen gab, als ließe er sich zu politischen Umtrieben verwenden, doch noch auf dem alten Standpunkte geblieben war, der wenigstens ihm gegenüber seine Inferiorität bestätigte. Gelernt hatte er seitdem Nichts. Nur das, was er schon wußte, hatte er in keckere Anwendung gebracht. Martha wird nun wohl jetzt in die Stadt ziehen -? lenkte Raimund in andre Bahnen. Oder denken Sie sich draußen eine Villa zuzulegen? Ist aber sehr theuer! meinte er gleichsam wohlmeinend. Zu Ostern ziehen wir in die Stadt -! war die kurze Antwort. Bis dahin sind die Actionäre noch nicht mürbe. Er wollte sagen: Du speculirst wieder auf das alte Rabe-Haus! Warum ist Martha denn eigentlich nicht bei der alten Gräfin Treuenfels geblieben? fing der Bruder zu forschen an. Erst war das ein Geschmeicheltwerden und eine Glückseligkeit -! Jetzt ist es rein aus damit. Freilich - lenkte er mit faunischem Lachen ein - habe ich dem Faß den Boden eingeschlagen! Polizeilicher Untersagung weiterer Belästigung folgte eine fürchterliche Prügelaffaire mit einem Verrückten in der Vorstadt, der mich durchhauen wollte, wenn ich seine Tochter zu weitern Raimund, trotzdem, daß er die grobe socialistische Agitation verlassen haben wollte und sich das Ansehen gab, als ließe er sich zu politischen Umtrieben verwenden, doch noch auf dem alten Standpunkte geblieben war, der wenigstens ihm gegenüber seine Inferiorität bestätigte. Gelernt hatte er seitdem Nichts. Nur das, was er schon wußte, hatte er in keckere Anwendung gebracht. Martha wird nun wohl jetzt in die Stadt ziehen –? lenkte Raimund in andre Bahnen. Oder denken Sie sich draußen eine Villa zuzulegen? Ist aber sehr theuer! meinte er gleichsam wohlmeinend. Zu Ostern ziehen wir in die Stadt –! war die kurze Antwort. Bis dahin sind die Actionäre noch nicht mürbe. Er wollte sagen: Du speculirst wieder auf das alte Rabe-Haus! Warum ist Martha denn eigentlich nicht bei der alten Gräfin Treuenfels geblieben? fing der Bruder zu forschen an. Erst war das ein Geschmeicheltwerden und eine Glückseligkeit –! Jetzt ist es rein aus damit. Freilich – lenkte er mit faunischem Lachen ein – habe ich dem Faß den Boden eingeschlagen! Polizeilicher Untersagung weiterer Belästigung folgte eine fürchterliche Prügelaffaire mit einem Verrückten in der Vorstadt, der mich durchhauen wollte, wenn ich seine Tochter zu weitern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0228" n="222"/> Raimund, trotzdem, daß er die grobe socialistische Agitation verlassen haben wollte und sich das Ansehen gab, als ließe er sich zu politischen Umtrieben verwenden, doch noch auf dem alten Standpunkte geblieben war, der wenigstens ihm gegenüber seine Inferiorität bestätigte. Gelernt hatte er seitdem Nichts. Nur das, was er schon wußte, hatte er in keckere Anwendung gebracht.</p> <p>Martha wird nun wohl jetzt in die Stadt ziehen –? lenkte Raimund in andre Bahnen. Oder denken Sie sich draußen eine Villa zuzulegen? Ist aber sehr theuer! meinte er gleichsam wohlmeinend.</p> <p>Zu Ostern ziehen wir in die Stadt –! war die kurze Antwort.</p> <p>Bis dahin sind die Actionäre noch nicht mürbe.</p> <p>Er wollte sagen: Du speculirst wieder auf das alte Rabe-Haus!</p> <p>Warum ist Martha denn eigentlich nicht bei der alten Gräfin Treuenfels geblieben? fing der Bruder zu forschen an. Erst war das ein Geschmeicheltwerden und eine Glückseligkeit –! Jetzt ist es rein aus damit. Freilich – lenkte er mit faunischem Lachen ein – habe ich dem Faß den Boden eingeschlagen! Polizeilicher Untersagung weiterer Belästigung folgte eine fürchterliche Prügelaffaire mit einem Verrückten in der Vorstadt, der mich durchhauen wollte, wenn ich seine Tochter zu weitern </p> </div> </body> </text> </TEI> [222/0228]
Raimund, trotzdem, daß er die grobe socialistische Agitation verlassen haben wollte und sich das Ansehen gab, als ließe er sich zu politischen Umtrieben verwenden, doch noch auf dem alten Standpunkte geblieben war, der wenigstens ihm gegenüber seine Inferiorität bestätigte. Gelernt hatte er seitdem Nichts. Nur das, was er schon wußte, hatte er in keckere Anwendung gebracht.
Martha wird nun wohl jetzt in die Stadt ziehen –? lenkte Raimund in andre Bahnen. Oder denken Sie sich draußen eine Villa zuzulegen? Ist aber sehr theuer! meinte er gleichsam wohlmeinend.
Zu Ostern ziehen wir in die Stadt –! war die kurze Antwort.
Bis dahin sind die Actionäre noch nicht mürbe.
Er wollte sagen: Du speculirst wieder auf das alte Rabe-Haus!
Warum ist Martha denn eigentlich nicht bei der alten Gräfin Treuenfels geblieben? fing der Bruder zu forschen an. Erst war das ein Geschmeicheltwerden und eine Glückseligkeit –! Jetzt ist es rein aus damit. Freilich – lenkte er mit faunischem Lachen ein – habe ich dem Faß den Boden eingeschlagen! Polizeilicher Untersagung weiterer Belästigung folgte eine fürchterliche Prügelaffaire mit einem Verrückten in der Vorstadt, der mich durchhauen wollte, wenn ich seine Tochter zu weitern
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/228>, abgerufen am 15.08.2024. |