Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.singend aus dem Don Juan. Nach einigem Besinnen sagte sie: Du weißt ja, von Dir nehme ich Alles an, sogar Geld! Ottomar umarmte sie mit Entzücken. Er sah, daß nicht die Spur von Groll über das von ihm gebrauchte harte Worte "bettelhaft" zurückgeblieben war. Voll gläubigen Vertrauens ließ sie ihre großen blauen Augen wie einen Gegenspiegel der Augen des braunlockigen Freundes leuchten und sog förmlich sein Leben in das ihrige ein. Unser höchster Stolz, sagte Ottomar, muß sein, leben können durch uns selbst! Erwerben und nicht mehr besitzen, als was wir erworben haben! Finden kann man freilich etwas! Dann muß man abgeben! Nicht gleich theilen, wie die Socialisten wollen; man muß geben, wo Hülfe nöthig ist. Tausend Dinge in der Welt rufen um Hülfe, Thatsachen des Geistes vor Allem -! O was wollt' ich den Millionären für Steuern auferlegen - Und den Hagestolzen? sagte Ada und spielte dabei mit Ottomars Portemonnaie, das sie ihm entwand, um aus dem ihrigen eine Rolle Goldstücke hineinzuschmuggeln. Natürlich hinderte Ottomar den Streich. Aber sie hatte Gelegenheit zu sagen: Auf ein Jahr brauche ich Deine und Udos Hülfe nicht! Freilich müssen Mutter und Bruder für sich selbst sorgen -! singend aus dem Don Juan. Nach einigem Besinnen sagte sie: Du weißt ja, von Dir nehme ich Alles an, sogar Geld! Ottomar umarmte sie mit Entzücken. Er sah, daß nicht die Spur von Groll über das von ihm gebrauchte harte Worte „bettelhaft“ zurückgeblieben war. Voll gläubigen Vertrauens ließ sie ihre großen blauen Augen wie einen Gegenspiegel der Augen des braunlockigen Freundes leuchten und sog förmlich sein Leben in das ihrige ein. Unser höchster Stolz, sagte Ottomar, muß sein, leben können durch uns selbst! Erwerben und nicht mehr besitzen, als was wir erworben haben! Finden kann man freilich etwas! Dann muß man abgeben! Nicht gleich theilen, wie die Socialisten wollen; man muß geben, wo Hülfe nöthig ist. Tausend Dinge in der Welt rufen um Hülfe, Thatsachen des Geistes vor Allem –! O was wollt’ ich den Millionären für Steuern auferlegen – Und den Hagestolzen? sagte Ada und spielte dabei mit Ottomars Portemonnaie, das sie ihm entwand, um aus dem ihrigen eine Rolle Goldstücke hineinzuschmuggeln. Natürlich hinderte Ottomar den Streich. Aber sie hatte Gelegenheit zu sagen: Auf ein Jahr brauche ich Deine und Udos Hülfe nicht! Freilich müssen Mutter und Bruder für sich selbst sorgen –! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="189"/> singend aus dem Don Juan. Nach einigem Besinnen sagte sie: Du weißt ja, von Dir nehme ich Alles an, sogar Geld!</p> <p>Ottomar umarmte sie mit Entzücken. Er sah, daß nicht die Spur von Groll über das von ihm gebrauchte harte Worte „bettelhaft“ zurückgeblieben war. Voll gläubigen Vertrauens ließ sie ihre großen blauen Augen wie einen Gegenspiegel der Augen des braunlockigen Freundes leuchten und sog förmlich sein Leben in das ihrige ein.</p> <p>Unser höchster Stolz, sagte Ottomar, muß sein, leben können durch uns selbst! Erwerben und nicht mehr besitzen, als was wir erworben haben! Finden kann man freilich etwas! Dann muß man abgeben! Nicht gleich theilen, wie die Socialisten wollen; man muß geben, wo Hülfe nöthig ist. Tausend Dinge in der Welt rufen um Hülfe, Thatsachen des Geistes vor Allem –! O was wollt’ ich den Millionären für Steuern auferlegen –</p> <p>Und den Hagestolzen? sagte Ada und spielte dabei mit Ottomars Portemonnaie, das sie ihm entwand, um aus dem ihrigen eine Rolle Goldstücke hineinzuschmuggeln. </p> <p>Natürlich hinderte Ottomar den Streich. Aber sie hatte Gelegenheit zu sagen: Auf ein Jahr brauche ich Deine und Udos Hülfe nicht! Freilich müssen Mutter und Bruder für sich selbst sorgen –!</p> </div> </body> </text> </TEI> [189/0195]
singend aus dem Don Juan. Nach einigem Besinnen sagte sie: Du weißt ja, von Dir nehme ich Alles an, sogar Geld!
Ottomar umarmte sie mit Entzücken. Er sah, daß nicht die Spur von Groll über das von ihm gebrauchte harte Worte „bettelhaft“ zurückgeblieben war. Voll gläubigen Vertrauens ließ sie ihre großen blauen Augen wie einen Gegenspiegel der Augen des braunlockigen Freundes leuchten und sog förmlich sein Leben in das ihrige ein.
Unser höchster Stolz, sagte Ottomar, muß sein, leben können durch uns selbst! Erwerben und nicht mehr besitzen, als was wir erworben haben! Finden kann man freilich etwas! Dann muß man abgeben! Nicht gleich theilen, wie die Socialisten wollen; man muß geben, wo Hülfe nöthig ist. Tausend Dinge in der Welt rufen um Hülfe, Thatsachen des Geistes vor Allem –! O was wollt’ ich den Millionären für Steuern auferlegen –
Und den Hagestolzen? sagte Ada und spielte dabei mit Ottomars Portemonnaie, das sie ihm entwand, um aus dem ihrigen eine Rolle Goldstücke hineinzuschmuggeln.
Natürlich hinderte Ottomar den Streich. Aber sie hatte Gelegenheit zu sagen: Auf ein Jahr brauche ich Deine und Udos Hülfe nicht! Freilich müssen Mutter und Bruder für sich selbst sorgen –!
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/195>, abgerufen am 16.02.2025. |