Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Saumseligkeit, beim zurückgekehrten Freunde noch nicht angeklopft zu haben. Einen Berg von Arbeiten, der kaum zu bewältigen wäre, hätte ihm Staatsanwalt Stracks zugeschoben. Meine Pflicht war es ja, fiel der Graf ein, Dir zuvorzukommen, lieber Althing! Aber manche Wogen gehen zu hoch! Ich möchte Dich nicht wieder in Strudel ziehen, die nur mich angehen. Daß ich es früher that! Wie bereue ich es! Bleibe mir gut und vertraue auf mich! Jeder mußte da sagen: Der Graf ist doch ein edler lieber Mensch! Die hochgehenden Wogen errieth Niemand. Graf Udo meinte die nun doch an die alte Gräfin gelangte Nachricht von der Existenz Edwinens und die sonderbare Art, wie die sonst so sanfte, liebevolle Frau diese Thatsache aufnahm. Aus dem innigsten Verkehr mit der Tante war Spannung entstanden; denn seinen Onkel Wilhelm ließ Udo nicht fallen. Er hätte ihn gegen die ganze Welt vertheidigt. Helene sprach an diesem Abend nicht grade mehr, als was zur Beantwortung der an sie gerichteten Fragen nöthig war. Der alte Bildhauer war im Geist immer in Nordamerika. Wolny, Holl, Martha sorgten für die Conversation. Einige Tage darauf erhielt Helenens Mutter vom Grafen Udo einen Brief, worin dieser schrieb: Saumseligkeit, beim zurückgekehrten Freunde noch nicht angeklopft zu haben. Einen Berg von Arbeiten, der kaum zu bewältigen wäre, hätte ihm Staatsanwalt Stracks zugeschoben. Meine Pflicht war es ja, fiel der Graf ein, Dir zuvorzukommen, lieber Althing! Aber manche Wogen gehen zu hoch! Ich möchte Dich nicht wieder in Strudel ziehen, die nur mich angehen. Daß ich es früher that! Wie bereue ich es! Bleibe mir gut und vertraue auf mich! Jeder mußte da sagen: Der Graf ist doch ein edler lieber Mensch! Die hochgehenden Wogen errieth Niemand. Graf Udo meinte die nun doch an die alte Gräfin gelangte Nachricht von der Existenz Edwinens und die sonderbare Art, wie die sonst so sanfte, liebevolle Frau diese Thatsache aufnahm. Aus dem innigsten Verkehr mit der Tante war Spannung entstanden; denn seinen Onkel Wilhelm ließ Udo nicht fallen. Er hätte ihn gegen die ganze Welt vertheidigt. Helene sprach an diesem Abend nicht grade mehr, als was zur Beantwortung der an sie gerichteten Fragen nöthig war. Der alte Bildhauer war im Geist immer in Nordamerika. Wolny, Holl, Martha sorgten für die Conversation. Einige Tage darauf erhielt Helenens Mutter vom Grafen Udo einen Brief, worin dieser schrieb: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0129" n="123"/> Saumseligkeit, beim zurückgekehrten Freunde noch nicht angeklopft zu haben. Einen Berg von Arbeiten, der kaum zu bewältigen wäre, hätte ihm Staatsanwalt Stracks zugeschoben.</p> <p>Meine Pflicht war es ja, fiel der Graf ein, Dir zuvorzukommen, lieber Althing! Aber manche Wogen gehen zu hoch! Ich möchte Dich nicht wieder in Strudel ziehen, die nur mich angehen. Daß ich es früher that! Wie bereue ich es! Bleibe mir gut und vertraue auf mich!</p> <p>Jeder mußte da sagen: Der Graf ist doch ein edler lieber Mensch! Die hochgehenden Wogen errieth Niemand. Graf Udo meinte die nun doch an die alte Gräfin gelangte Nachricht von der Existenz Edwinens und die sonderbare Art, wie die sonst so sanfte, liebevolle Frau diese Thatsache aufnahm. Aus dem innigsten Verkehr mit der Tante war Spannung entstanden; denn seinen Onkel Wilhelm ließ Udo nicht fallen. Er hätte ihn gegen die ganze Welt vertheidigt.</p> <p>Helene sprach an diesem Abend nicht grade mehr, als was zur Beantwortung der an sie gerichteten Fragen nöthig war. Der alte Bildhauer war im Geist immer in Nordamerika. Wolny, Holl, Martha sorgten für die Conversation.</p> <p>Einige Tage darauf erhielt Helenens Mutter vom Grafen Udo einen Brief, worin dieser schrieb:</p> </div> </body> </text> </TEI> [123/0129]
Saumseligkeit, beim zurückgekehrten Freunde noch nicht angeklopft zu haben. Einen Berg von Arbeiten, der kaum zu bewältigen wäre, hätte ihm Staatsanwalt Stracks zugeschoben.
Meine Pflicht war es ja, fiel der Graf ein, Dir zuvorzukommen, lieber Althing! Aber manche Wogen gehen zu hoch! Ich möchte Dich nicht wieder in Strudel ziehen, die nur mich angehen. Daß ich es früher that! Wie bereue ich es! Bleibe mir gut und vertraue auf mich!
Jeder mußte da sagen: Der Graf ist doch ein edler lieber Mensch! Die hochgehenden Wogen errieth Niemand. Graf Udo meinte die nun doch an die alte Gräfin gelangte Nachricht von der Existenz Edwinens und die sonderbare Art, wie die sonst so sanfte, liebevolle Frau diese Thatsache aufnahm. Aus dem innigsten Verkehr mit der Tante war Spannung entstanden; denn seinen Onkel Wilhelm ließ Udo nicht fallen. Er hätte ihn gegen die ganze Welt vertheidigt.
Helene sprach an diesem Abend nicht grade mehr, als was zur Beantwortung der an sie gerichteten Fragen nöthig war. Der alte Bildhauer war im Geist immer in Nordamerika. Wolny, Holl, Martha sorgten für die Conversation.
Einige Tage darauf erhielt Helenens Mutter vom Grafen Udo einen Brief, worin dieser schrieb:
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/129>, abgerufen am 16.02.2025. |