Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.die ich hier gar nicht zu schildern vermag! Das liegt ja Alles längst hinter uns und Ihr citirt das immer noch! Merkus wählte die Form der christlichen Barmherzigkeit für sein Vorhaben, das ihm nicht im Mindesten aus dem Reiche Satans zu kommen schien. Was ihm sein Gewissen als Rache hätte benennen sollen, nannte er Züchtigung im Herrn, verdiente Strafe, auferlegte Buße. Eines Morgens ließ er sich bei der Gräfin melden. Die Herbstsonne schien freundlich. Im Kamin brannte ein kleines Feuer. Die Matrone nahm ihn an. Was haben Sie, lieber Herr Pfarrer! rief sie ihm wohlwollend entgegen. Es handelt sich um Ihr Portemonnaie, Durchlaucht! scherzte er und verbeugte sich tief. Es handelte sich um eine Reihe ständiger Wohlthaten und die Ortsarmen wurden durchgenommen. Es war selbstverständlich, daß dabei die Chronik des Tages, die Chronik der Personen mitunterlief. Und da ist immer noch in Weilheim die alte Person, sagte plötzlich der Grausamste der Grausamen, die doch damals das Kind an die Brust nahm, als die Marloff starb! Sie ist zwar lebenslänglich eingekauft mit einer Rente auf dem Weilheimer Amt - ihr Mann war doch Forstwart in Pfahleck -! Aber jetzt - das Kind ist die ich hier gar nicht zu schildern vermag! Das liegt ja Alles längst hinter uns und Ihr citirt das immer noch! Merkus wählte die Form der christlichen Barmherzigkeit für sein Vorhaben, das ihm nicht im Mindesten aus dem Reiche Satans zu kommen schien. Was ihm sein Gewissen als Rache hätte benennen sollen, nannte er Züchtigung im Herrn, verdiente Strafe, auferlegte Buße. Eines Morgens ließ er sich bei der Gräfin melden. Die Herbstsonne schien freundlich. Im Kamin brannte ein kleines Feuer. Die Matrone nahm ihn an. Was haben Sie, lieber Herr Pfarrer! rief sie ihm wohlwollend entgegen. Es handelt sich um Ihr Portemonnaie, Durchlaucht! scherzte er und verbeugte sich tief. Es handelte sich um eine Reihe ständiger Wohlthaten und die Ortsarmen wurden durchgenommen. Es war selbstverständlich, daß dabei die Chronik des Tages, die Chronik der Personen mitunterlief. Und da ist immer noch in Weilheim die alte Person, sagte plötzlich der Grausamste der Grausamen, die doch damals das Kind an die Brust nahm, als die Marloff starb! Sie ist zwar lebenslänglich eingekauft mit einer Rente auf dem Weilheimer Amt – ihr Mann war doch Forstwart in Pfahleck –! Aber jetzt – das Kind ist <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="100"/> die ich hier gar nicht zu schildern vermag! Das liegt ja Alles längst hinter uns und Ihr citirt das immer noch!</p> <p>Merkus wählte die Form der christlichen Barmherzigkeit für sein Vorhaben, das ihm nicht im Mindesten aus dem Reiche Satans zu kommen schien. Was ihm sein Gewissen als Rache hätte benennen sollen, nannte er Züchtigung im Herrn, verdiente Strafe, auferlegte Buße. Eines Morgens ließ er sich bei der Gräfin melden. Die Herbstsonne schien freundlich. Im Kamin brannte ein kleines Feuer. Die Matrone nahm ihn an.</p> <p>Was haben Sie, lieber Herr Pfarrer! rief sie ihm wohlwollend entgegen.</p> <p>Es handelt sich um Ihr Portemonnaie, Durchlaucht! scherzte er und verbeugte sich tief.</p> <p>Es handelte sich um eine Reihe ständiger Wohlthaten und die Ortsarmen wurden durchgenommen. Es war selbstverständlich, daß dabei die Chronik des Tages, die Chronik der Personen mitunterlief.</p> <p>Und da ist immer noch in Weilheim die alte Person, sagte plötzlich der Grausamste der Grausamen, die doch damals das Kind an die Brust nahm, als die Marloff starb! Sie ist zwar lebenslänglich eingekauft mit einer Rente auf dem Weilheimer Amt – ihr Mann war doch Forstwart in Pfahleck –! Aber jetzt – das Kind ist </p> </div> </body> </text> </TEI> [100/0106]
die ich hier gar nicht zu schildern vermag! Das liegt ja Alles längst hinter uns und Ihr citirt das immer noch!
Merkus wählte die Form der christlichen Barmherzigkeit für sein Vorhaben, das ihm nicht im Mindesten aus dem Reiche Satans zu kommen schien. Was ihm sein Gewissen als Rache hätte benennen sollen, nannte er Züchtigung im Herrn, verdiente Strafe, auferlegte Buße. Eines Morgens ließ er sich bei der Gräfin melden. Die Herbstsonne schien freundlich. Im Kamin brannte ein kleines Feuer. Die Matrone nahm ihn an.
Was haben Sie, lieber Herr Pfarrer! rief sie ihm wohlwollend entgegen.
Es handelt sich um Ihr Portemonnaie, Durchlaucht! scherzte er und verbeugte sich tief.
Es handelte sich um eine Reihe ständiger Wohlthaten und die Ortsarmen wurden durchgenommen. Es war selbstverständlich, daß dabei die Chronik des Tages, die Chronik der Personen mitunterlief.
Und da ist immer noch in Weilheim die alte Person, sagte plötzlich der Grausamste der Grausamen, die doch damals das Kind an die Brust nahm, als die Marloff starb! Sie ist zwar lebenslänglich eingekauft mit einer Rente auf dem Weilheimer Amt – ihr Mann war doch Forstwart in Pfahleck –! Aber jetzt – das Kind ist
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