Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Aufgang der neuen Saat und für die neue Ernte ersehnt wurde - "nie schweigen seine Wünsche still!" kann man wohl vom Landmann sagen - stieg die Gesellschaft so getheilt ein, daß zur alten Gräfin sich Martha und Ottomar, die beiden Gäste, setzten, in den zweiten Wagen der Graf, Helene und Ada. Alles war angeregt. Die Mittheilung wurde die lebhafteste; selbst Ottomar wurde gesprächig. Naturumgebung regt ja an! So die muntern, krystallklaren Bächlein verfolgen, wie diese durch die grünen Wiesen rinnen und trotz ihrer Unscheinbarkeit doch irgendwo so abgeleitet und gesammelt sind, daß sie ein starkes Gefäll bilden und große Mühlräder in Schwung bringen können, da wird man ja angenehm zerstreut! Auch sieht man an einer schroffen Felsenwand dort ein leuchtendes Tempelchen! Graf Wilhelm hatte dort diese Gloriette, ähnlich dem Vestatempel in Tivoli bei Rom, hinstellen lassen zum - Nameneinkritzeln von hundert reisenden Schullehrern und Schulknaben! Das Holz an den Säulen wird an sich vielleicht nicht wurmstichig, sagte Ada, aber die hineingeschnittenen Unsterblichkeiten machen die Säulen allmälig wankend! O, wie viel Müller und Schulze, fuhr sie fort, sind da schon oben eingeschrieben! Der Graf wollte behaupten: Vielleicht auch inzwischen herangereifte Humboldts und Liebigs! Aufgang der neuen Saat und für die neue Ernte ersehnt wurde – „nie schweigen seine Wünsche still!“ kann man wohl vom Landmann sagen – stieg die Gesellschaft so getheilt ein, daß zur alten Gräfin sich Martha und Ottomar, die beiden Gäste, setzten, in den zweiten Wagen der Graf, Helene und Ada. Alles war angeregt. Die Mittheilung wurde die lebhafteste; selbst Ottomar wurde gesprächig. Naturumgebung regt ja an! So die muntern, krystallklaren Bächlein verfolgen, wie diese durch die grünen Wiesen rinnen und trotz ihrer Unscheinbarkeit doch irgendwo so abgeleitet und gesammelt sind, daß sie ein starkes Gefäll bilden und große Mühlräder in Schwung bringen können, da wird man ja angenehm zerstreut! Auch sieht man an einer schroffen Felsenwand dort ein leuchtendes Tempelchen! Graf Wilhelm hatte dort diese Gloriette, ähnlich dem Vestatempel in Tivoli bei Rom, hinstellen lassen zum – Nameneinkritzeln von hundert reisenden Schullehrern und Schulknaben! Das Holz an den Säulen wird an sich vielleicht nicht wurmstichig, sagte Ada, aber die hineingeschnittenen Unsterblichkeiten machen die Säulen allmälig wankend! O, wie viel Müller und Schulze, fuhr sie fort, sind da schon oben eingeschrieben! Der Graf wollte behaupten: Vielleicht auch inzwischen herangereifte Humboldts und Liebigs! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="4"/> Aufgang der neuen Saat und für die neue Ernte ersehnt wurde – „nie schweigen seine Wünsche still!“ kann man wohl vom Landmann sagen – stieg die Gesellschaft so getheilt ein, daß zur alten Gräfin sich Martha und Ottomar, die beiden Gäste, setzten, in den zweiten Wagen der Graf, Helene und Ada.</p> <p>Alles war angeregt. Die Mittheilung wurde die lebhafteste; selbst Ottomar wurde gesprächig. Naturumgebung regt ja an! So die muntern, krystallklaren Bächlein verfolgen, wie diese durch die grünen Wiesen rinnen und trotz ihrer Unscheinbarkeit doch irgendwo so abgeleitet und gesammelt sind, daß sie ein starkes Gefäll bilden und große Mühlräder in Schwung bringen können, da wird man ja angenehm zerstreut! Auch sieht man an einer schroffen Felsenwand dort ein leuchtendes Tempelchen! Graf Wilhelm hatte dort diese Gloriette, ähnlich dem Vestatempel in Tivoli bei Rom, hinstellen lassen zum – Nameneinkritzeln von hundert reisenden Schullehrern und Schulknaben! Das Holz an den Säulen wird an sich vielleicht nicht wurmstichig, sagte Ada, aber die hineingeschnittenen Unsterblichkeiten machen die Säulen allmälig wankend! O, wie viel Müller und Schulze, fuhr sie fort, sind da schon oben eingeschrieben! Der Graf wollte behaupten: Vielleicht auch inzwischen herangereifte Humboldts und Liebigs!</p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0010]
Aufgang der neuen Saat und für die neue Ernte ersehnt wurde – „nie schweigen seine Wünsche still!“ kann man wohl vom Landmann sagen – stieg die Gesellschaft so getheilt ein, daß zur alten Gräfin sich Martha und Ottomar, die beiden Gäste, setzten, in den zweiten Wagen der Graf, Helene und Ada.
Alles war angeregt. Die Mittheilung wurde die lebhafteste; selbst Ottomar wurde gesprächig. Naturumgebung regt ja an! So die muntern, krystallklaren Bächlein verfolgen, wie diese durch die grünen Wiesen rinnen und trotz ihrer Unscheinbarkeit doch irgendwo so abgeleitet und gesammelt sind, daß sie ein starkes Gefäll bilden und große Mühlräder in Schwung bringen können, da wird man ja angenehm zerstreut! Auch sieht man an einer schroffen Felsenwand dort ein leuchtendes Tempelchen! Graf Wilhelm hatte dort diese Gloriette, ähnlich dem Vestatempel in Tivoli bei Rom, hinstellen lassen zum – Nameneinkritzeln von hundert reisenden Schullehrern und Schulknaben! Das Holz an den Säulen wird an sich vielleicht nicht wurmstichig, sagte Ada, aber die hineingeschnittenen Unsterblichkeiten machen die Säulen allmälig wankend! O, wie viel Müller und Schulze, fuhr sie fort, sind da schon oben eingeschrieben! Der Graf wollte behaupten: Vielleicht auch inzwischen herangereifte Humboldts und Liebigs!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/10 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/10>, abgerufen am 16.02.2025. |