Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.beherrschen zu können! Inzwischen erforderte die Beschaffung jener Summe, zu der ich mich, um endlich Ruhe zu haben, verstehen mußte, alle Vorsicht und Verschwiegenheit. Die hiesige Rentnerei fand ich wohlgeordnet. Die Entsendung jener Summe an die Adresse, die mir gegeben ist: "Geometer Marloff" fand ich mit jenem geschäftlichen Mechanismus ausgeführt, als befände man sich in einem wohlgeregelten Bankinstitut. Nicht einmal gelächelt hatte der alte gräfliche Rentmeister, als ich von dem hohen Legate sprach. Und doch war Gelegenheit zu jenen Gesichtern, von denen Hamlet spricht! Denn wer anders kann das wunderliche Bild eines Kindes sein, das ich hier im Schlosse auf dem Schreibtisch meines Onkels vorgefunden habe, als Edwina? Es ist in Aquarell. In Medaillonform steht es auf einem kleinen Postament von Bronce dicht vor des Onkels noch aufgeschlagener Schreibmappe. Die Tante besuchte das Gut seltener, und die Abreise des Onkels nach seinem letzten Sommeraufenthalt, der gewöhnlich auf seine Badecur in Karlsbad folgte, war so schnell gewesen, daß er, wie der alte Schließer des grandiosen Schlosses, zu meiner Verwunderung, sagte, diesmal das Bildchen wegzuschließen vergaß. Warum wegzuschließen? fragte ich. Konnte es hier in dem Zimmer ohne winterlichen Ofendunst und Cigarrenqualm nicht ruhig stehen bleiben? beherrschen zu können! Inzwischen erforderte die Beschaffung jener Summe, zu der ich mich, um endlich Ruhe zu haben, verstehen mußte, alle Vorsicht und Verschwiegenheit. Die hiesige Rentnerei fand ich wohlgeordnet. Die Entsendung jener Summe an die Adresse, die mir gegeben ist: „Geometer Marloff“ fand ich mit jenem geschäftlichen Mechanismus ausgeführt, als befände man sich in einem wohlgeregelten Bankinstitut. Nicht einmal gelächelt hatte der alte gräfliche Rentmeister, als ich von dem hohen Legate sprach. Und doch war Gelegenheit zu jenen Gesichtern, von denen Hamlet spricht! Denn wer anders kann das wunderliche Bild eines Kindes sein, das ich hier im Schlosse auf dem Schreibtisch meines Onkels vorgefunden habe, als Edwina? Es ist in Aquarell. In Medaillonform steht es auf einem kleinen Postament von Bronce dicht vor des Onkels noch aufgeschlagener Schreibmappe. Die Tante besuchte das Gut seltener, und die Abreise des Onkels nach seinem letzten Sommeraufenthalt, der gewöhnlich auf seine Badecur in Karlsbad folgte, war so schnell gewesen, daß er, wie der alte Schließer des grandiosen Schlosses, zu meiner Verwunderung, sagte, diesmal das Bildchen wegzuschließen vergaß. Warum wegzuschließen? fragte ich. Konnte es hier in dem Zimmer ohne winterlichen Ofendunst und Cigarrenqualm nicht ruhig stehen bleiben? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="57"/> beherrschen zu können! Inzwischen erforderte die Beschaffung jener Summe, zu der ich mich, um endlich Ruhe zu haben, verstehen mußte, alle Vorsicht und Verschwiegenheit. Die hiesige Rentnerei fand ich wohlgeordnet. Die Entsendung jener Summe an die Adresse, die mir gegeben ist: „Geometer Marloff“ fand ich mit jenem geschäftlichen Mechanismus ausgeführt, als befände man sich in einem wohlgeregelten Bankinstitut. Nicht einmal gelächelt hatte der alte gräfliche Rentmeister, als ich von <ref xml:id="TEXTdemhohenLegate" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdemhohenLegate">dem hohen Legate</ref> sprach. Und doch war <ref xml:id="TEXTGelegenheitBISspricht" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLGelegenheitBISspricht">Gelegenheit zu jenen Gesichtern, von denen Hamlet spricht</ref>! Denn wer anders kann das wunderliche Bild eines Kindes sein, das ich hier im Schlosse auf dem Schreibtisch meines Onkels vorgefunden habe, als Edwina? Es ist in Aquarell. In Medaillonform steht es auf einem kleinen Postament von Bronce dicht vor des Onkels noch aufgeschlagener Schreibmappe. Die Tante besuchte das Gut seltener, und die Abreise des Onkels nach seinem letzten Sommeraufenthalt, der gewöhnlich auf seine Badecur in Karlsbad folgte, war so schnell gewesen, daß er, wie der alte Schließer des grandiosen Schlosses, zu meiner Verwunderung, sagte, diesmal das Bildchen wegzuschließen vergaß. Warum wegzuschließen? fragte ich. Konnte es hier in dem Zimmer ohne winterlichen Ofendunst und Cigarrenqualm nicht ruhig stehen bleiben? </p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0063]
beherrschen zu können! Inzwischen erforderte die Beschaffung jener Summe, zu der ich mich, um endlich Ruhe zu haben, verstehen mußte, alle Vorsicht und Verschwiegenheit. Die hiesige Rentnerei fand ich wohlgeordnet. Die Entsendung jener Summe an die Adresse, die mir gegeben ist: „Geometer Marloff“ fand ich mit jenem geschäftlichen Mechanismus ausgeführt, als befände man sich in einem wohlgeregelten Bankinstitut. Nicht einmal gelächelt hatte der alte gräfliche Rentmeister, als ich von dem hohen Legate sprach. Und doch war Gelegenheit zu jenen Gesichtern, von denen Hamlet spricht! Denn wer anders kann das wunderliche Bild eines Kindes sein, das ich hier im Schlosse auf dem Schreibtisch meines Onkels vorgefunden habe, als Edwina? Es ist in Aquarell. In Medaillonform steht es auf einem kleinen Postament von Bronce dicht vor des Onkels noch aufgeschlagener Schreibmappe. Die Tante besuchte das Gut seltener, und die Abreise des Onkels nach seinem letzten Sommeraufenthalt, der gewöhnlich auf seine Badecur in Karlsbad folgte, war so schnell gewesen, daß er, wie der alte Schließer des grandiosen Schlosses, zu meiner Verwunderung, sagte, diesmal das Bildchen wegzuschließen vergaß. Warum wegzuschließen? fragte ich. Konnte es hier in dem Zimmer ohne winterlichen Ofendunst und Cigarrenqualm nicht ruhig stehen bleiben?
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/63>, abgerufen am 16.02.2025. |