Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Auf die Fürsten, die Intendanten und die ganze nur scheinliberale Richtung der Zeit ist dabei die meiste Schuld zu werfen! Ich bin überzeugt, fuhr der Mann fort, unsere höchsten Personen, denen das Theater so viel Geld kostet, könnten einen Preis ausstellen: "Fünfzig Mark zahle ich für jeden Brief, in welchem ein Intendant einen deutschen Dichter, wie etwa Iffland gethan, in freundlicher Weise und mit entgegenkommenden Bedingungen zur Thätigkeit für die Bühne auffordert." Ich bin überzeugt, der Mäcen würde für diese Autographensammlung nicht 150 Mark ausgeben! Es ist der Geist der Brutalität, fuhr, als sich das Lachen gelegt hatte, eine andere gewichtige Stimme, die des Gerichtsraths Eller fort, ein Geist, der auf fast allen Gebieten bei uns das Wort zu führen anfängt! Doch wir sprechen vom Theater. Das Theater ist der Tummelplatz der Emporkömmlinge ohne wahre innere Verantwortlichkeit! Der Geist der Decharge, die diesen Thespiskarrenführern entweder vom frivolen Sinn eines Monarchen oder dem bestochenen Urtheil einer gewissenlosen Kritik täglich ertheilt wird, führt allein das Scepter! Es ist dasselbe Thema, das unsre Nation dem Franzosen und Engländer, sogar dem Schweizer, so verächtlich erscheinen läßt. Unsre Siege erscheinen ihnen unverdient und nur als zufällig gewonnen -! Auf die Fürsten, die Intendanten und die ganze nur scheinliberale Richtung der Zeit ist dabei die meiste Schuld zu werfen! Ich bin überzeugt, fuhr der Mann fort, unsere höchsten Personen, denen das Theater so viel Geld kostet, könnten einen Preis ausstellen: „Fünfzig Mark zahle ich für jeden Brief, in welchem ein Intendant einen deutschen Dichter, wie etwa Iffland gethan, in freundlicher Weise und mit entgegenkommenden Bedingungen zur Thätigkeit für die Bühne auffordert.“ Ich bin überzeugt, der Mäcen würde für diese Autographensammlung nicht 150 Mark ausgeben! Es ist der Geist der Brutalität, fuhr, als sich das Lachen gelegt hatte, eine andere gewichtige Stimme, die des Gerichtsraths Eller fort, ein Geist, der auf fast allen Gebieten bei uns das Wort zu führen anfängt! Doch wir sprechen vom Theater. Das Theater ist der Tummelplatz der Emporkömmlinge ohne wahre innere Verantwortlichkeit! Der Geist der Decharge, die diesen Thespiskarrenführern entweder vom frivolen Sinn eines Monarchen oder dem bestochenen Urtheil einer gewissenlosen Kritik täglich ertheilt wird, führt allein das Scepter! Es ist dasselbe Thema, das unsre Nation dem Franzosen und Engländer, sogar dem Schweizer, so verächtlich erscheinen läßt. Unsre Siege erscheinen ihnen unverdient und nur als zufällig gewonnen –! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="48"/> Auf die Fürsten, die Intendanten und die ganze nur scheinliberale Richtung der Zeit ist dabei die meiste Schuld zu werfen! Ich bin überzeugt, fuhr der Mann fort, unsere höchsten Personen, denen das Theater so viel Geld kostet, könnten einen Preis ausstellen: „Fünfzig Mark zahle ich für jeden Brief, in welchem ein Intendant einen deutschen Dichter, wie etwa <ref xml:id="TEXTIffland" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLIffland">Iffland</ref> gethan, in freundlicher Weise und mit entgegenkommenden Bedingungen zur Thätigkeit für die Bühne auffordert.“ Ich bin überzeugt, der Mäcen würde für diese Autographensammlung nicht 150 Mark ausgeben!</p> <p>Es ist der Geist der Brutalität, fuhr, als sich das Lachen gelegt hatte, eine andere gewichtige Stimme, die des Gerichtsraths Eller fort, ein Geist, der auf fast allen Gebieten bei uns das Wort zu führen anfängt! Doch wir sprechen vom Theater. Das Theater ist der Tummelplatz der Emporkömmlinge ohne wahre innere Verantwortlichkeit! Der Geist der <ref xml:id="TEXTDecharge" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLDecharge">Decharge</ref>, die diesen <ref xml:id="TEXTThespiskarrenführern" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLThespiskarrenführern">Thespiskarrenführern</ref> entweder <ref xml:id="TEXTvomfrivolenBISMonarchen" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLvomfrivolenBISMonarchen">vom frivolen Sinn eines Monarchen</ref> oder dem bestochenen Urtheil einer gewissenlosen Kritik täglich ertheilt wird, führt allein das Scepter! Es ist dasselbe Thema, das unsre Nation dem Franzosen und Engländer, sogar dem Schweizer, so verächtlich erscheinen läßt. Unsre Siege erscheinen ihnen unverdient und nur als zufällig gewonnen –!</p> </div> </body> </text> </TEI> [48/0054]
Auf die Fürsten, die Intendanten und die ganze nur scheinliberale Richtung der Zeit ist dabei die meiste Schuld zu werfen! Ich bin überzeugt, fuhr der Mann fort, unsere höchsten Personen, denen das Theater so viel Geld kostet, könnten einen Preis ausstellen: „Fünfzig Mark zahle ich für jeden Brief, in welchem ein Intendant einen deutschen Dichter, wie etwa Iffland gethan, in freundlicher Weise und mit entgegenkommenden Bedingungen zur Thätigkeit für die Bühne auffordert.“ Ich bin überzeugt, der Mäcen würde für diese Autographensammlung nicht 150 Mark ausgeben!
Es ist der Geist der Brutalität, fuhr, als sich das Lachen gelegt hatte, eine andere gewichtige Stimme, die des Gerichtsraths Eller fort, ein Geist, der auf fast allen Gebieten bei uns das Wort zu führen anfängt! Doch wir sprechen vom Theater. Das Theater ist der Tummelplatz der Emporkömmlinge ohne wahre innere Verantwortlichkeit! Der Geist der Decharge, die diesen Thespiskarrenführern entweder vom frivolen Sinn eines Monarchen oder dem bestochenen Urtheil einer gewissenlosen Kritik täglich ertheilt wird, führt allein das Scepter! Es ist dasselbe Thema, das unsre Nation dem Franzosen und Engländer, sogar dem Schweizer, so verächtlich erscheinen läßt. Unsre Siege erscheinen ihnen unverdient und nur als zufällig gewonnen –!
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/54>, abgerufen am 16.02.2025. |