Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.und in demselben zuweilen erlaubten Patois wiederholte sich nach links und rechts. Ich habe die Messiade gelesen! sagte Althing. Vom Anfang bis zu Ende! Aber ich brauchte drei Jahre! Doch ich unterbreche Ihr Gespräch! verbesserte er seine Rede. Es hielt Jemand das Erhabene für unsre Zeit, unsre Bildung, Erziehung für nothwendig, trotz Kladderadatsch, Wespen, Ulk, Offenbach u. s. w. Den Satz durchzuführen war nun doch eigentlich Niemand recht gerüstet. Die Kaiserkronen auf dem Tische winkten in's politische Gebiet. Es wurde hier nicht gern berührt, da es einige Mitglieder gab, die z. B. auch in dieser Frage das Erhabene mit dem Vornehmen oder mit dem Anspruchsvollen verwechselt haben würden. Die gewissenhafte Zeitungs-Angabe des Wildprets, das gewisse Fürstlichkeiten bei dieser oder jener Gelegenheit erlegt haben, gehörte nicht in die Schule zum Sinn für's Erhabene. Man blieb nun, theilweise aus einer Art Verlegenheit, bei der deutschen Bühne stehen. Man bemitleidete ihren niedrigen Stand. Sie wird doch geradezu, sagte der freisinnige Fabrikant, von der deutschen Nation mit Füßen getreten! Nirgends regt sich das ästhetische Gewissen! Die Herrschaft des Blödsinns, der Abhängigkeit von Frankreich treibt Keinem die Schamröthe in's Gesicht! und in demselben zuweilen erlaubten Patois wiederholte sich nach links und rechts. Ich habe die Messiade gelesen! sagte Althing. Vom Anfang bis zu Ende! Aber ich brauchte drei Jahre! Doch ich unterbreche Ihr Gespräch! verbesserte er seine Rede. Es hielt Jemand das Erhabene für unsre Zeit, unsre Bildung, Erziehung für nothwendig, trotz Kladderadatsch, Wespen, Ulk, Offenbach u. s. w. Den Satz durchzuführen war nun doch eigentlich Niemand recht gerüstet. Die Kaiserkronen auf dem Tische winkten in’s politische Gebiet. Es wurde hier nicht gern berührt, da es einige Mitglieder gab, die z. B. auch in dieser Frage das Erhabene mit dem Vornehmen oder mit dem Anspruchsvollen verwechselt haben würden. Die gewissenhafte Zeitungs-Angabe des Wildprets, das gewisse Fürstlichkeiten bei dieser oder jener Gelegenheit erlegt haben, gehörte nicht in die Schule zum Sinn für’s Erhabene. Man blieb nun, theilweise aus einer Art Verlegenheit, bei der deutschen Bühne stehen. Man bemitleidete ihren niedrigen Stand. Sie wird doch geradezu, sagte der freisinnige Fabrikant, von der deutschen Nation mit Füßen getreten! Nirgends regt sich das ästhetische Gewissen! Die Herrschaft des Blödsinns, der Abhängigkeit von Frankreich treibt Keinem die Schamröthe in’s Gesicht! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0053" n="47"/> und in demselben zuweilen erlaubten <ref xml:id="TEXTPatois" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLPatois">Patois</ref> wiederholte sich nach links und rechts. Ich habe die Messiade gelesen! sagte Althing. Vom Anfang bis zu Ende! Aber ich brauchte drei Jahre! Doch ich unterbreche Ihr Gespräch! verbesserte er seine Rede. Es hielt Jemand das Erhabene für unsre Zeit, unsre Bildung, Erziehung für nothwendig, trotz <ref xml:id="TEXTKLadderadatschBISOffenbach" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLKLadderadatschBISOffenbach">Kladderadatsch, Wespen, Ulk, Offenbach</ref> u. s. w. </p> <p>Den Satz durchzuführen war nun doch eigentlich Niemand recht gerüstet. Die Kaiserkronen auf dem Tische winkten in’s politische Gebiet. Es wurde hier nicht gern berührt, da es einige Mitglieder gab, die z. B. auch in dieser Frage das Erhabene mit dem Vornehmen oder mit dem Anspruchsvollen verwechselt haben würden. Die gewissenhafte Zeitungs-Angabe des Wildprets, das gewisse Fürstlichkeiten bei dieser oder jener Gelegenheit erlegt haben, gehörte nicht in die Schule zum Sinn für’s Erhabene. </p> <p>Man blieb nun, theilweise aus einer Art Verlegenheit, bei der deutschen Bühne stehen. Man bemitleidete ihren niedrigen Stand. Sie wird doch geradezu, sagte der freisinnige Fabrikant, von der deutschen Nation mit Füßen getreten! Nirgends regt sich das ästhetische Gewissen! Die Herrschaft des Blödsinns, der <ref xml:id="TEXTAbhaengigkeitvonFrankreich" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLAbhaengigkeitvonFrankreich">Abhängigkeit von Frankreich</ref> treibt Keinem die Schamröthe in’s Gesicht! </p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0053]
und in demselben zuweilen erlaubten Patois wiederholte sich nach links und rechts. Ich habe die Messiade gelesen! sagte Althing. Vom Anfang bis zu Ende! Aber ich brauchte drei Jahre! Doch ich unterbreche Ihr Gespräch! verbesserte er seine Rede. Es hielt Jemand das Erhabene für unsre Zeit, unsre Bildung, Erziehung für nothwendig, trotz Kladderadatsch, Wespen, Ulk, Offenbach u. s. w.
Den Satz durchzuführen war nun doch eigentlich Niemand recht gerüstet. Die Kaiserkronen auf dem Tische winkten in’s politische Gebiet. Es wurde hier nicht gern berührt, da es einige Mitglieder gab, die z. B. auch in dieser Frage das Erhabene mit dem Vornehmen oder mit dem Anspruchsvollen verwechselt haben würden. Die gewissenhafte Zeitungs-Angabe des Wildprets, das gewisse Fürstlichkeiten bei dieser oder jener Gelegenheit erlegt haben, gehörte nicht in die Schule zum Sinn für’s Erhabene.
Man blieb nun, theilweise aus einer Art Verlegenheit, bei der deutschen Bühne stehen. Man bemitleidete ihren niedrigen Stand. Sie wird doch geradezu, sagte der freisinnige Fabrikant, von der deutschen Nation mit Füßen getreten! Nirgends regt sich das ästhetische Gewissen! Die Herrschaft des Blödsinns, der Abhängigkeit von Frankreich treibt Keinem die Schamröthe in’s Gesicht!
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/53>, abgerufen am 16.02.2025. |