Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Zeit der größten Aufregung, in der auch der Vater sich überwinden mußte, die Gestalt des Grafen Udo Treuenfels nicht nur in den Träumen und Phantasieen der Fieberkranken auftreten, sondern auch bei ihm persönlich anklopfen zu sehen und, mit der äußersten Dringlichkeit, mit wahrer Trauer und wenn die Nachrichten gut waren, mit unverstellter Freude nach dem Befinden des ihm so werthen Mädchens fragen, hatte bei Alledem die Vermählung mit Ada von Forbeck stattgefunden. Die Feier war im adligen Casino glänzend ausgefallen. Das junge Paar war sofort nach dem Süden abgereist und befand sich jetzt in Nizza. Es wollte, wenn es die Rückreise antrat, nach einem kurzen Aufenthalt in der Residenz sofort auf eines der Güter, wohin sich auch die verwittwete Gräfin und sogar (bei dieser Stelle der betreffenden Nachrichten pflegten gewöhnlich die Hörer ein langes Gesicht zu machen) die Frau Generalin zu begeben gedachte, letztere die Vierte in dem unter Blüthenbäumen, rauschenden Waldbächen und bei allem Comfort des Schlosses dann vereinigten Bunde. Als das fast komische Thema von Klopstock wieder aufgenommen worden war, sagte der Bildhauer mit neckender Miene zu seinem Gegenüber, dem Assessor Bucher: Haben Sie denn je die Messiade gelesen? Nee! war die ehrliche offene Antwort. Dieselbe Verneinung Zeit der größten Aufregung, in der auch der Vater sich überwinden mußte, die Gestalt des Grafen Udo Treuenfels nicht nur in den Träumen und Phantasieen der Fieberkranken auftreten, sondern auch bei ihm persönlich anklopfen zu sehen und, mit der äußersten Dringlichkeit, mit wahrer Trauer und wenn die Nachrichten gut waren, mit unverstellter Freude nach dem Befinden des ihm so werthen Mädchens fragen, hatte bei Alledem die Vermählung mit Ada von Forbeck stattgefunden. Die Feier war im adligen Casino glänzend ausgefallen. Das junge Paar war sofort nach dem Süden abgereist und befand sich jetzt in Nizza. Es wollte, wenn es die Rückreise antrat, nach einem kurzen Aufenthalt in der Residenz sofort auf eines der Güter, wohin sich auch die verwittwete Gräfin und sogar (bei dieser Stelle der betreffenden Nachrichten pflegten gewöhnlich die Hörer ein langes Gesicht zu machen) die Frau Generalin zu begeben gedachte, letztere die Vierte in dem unter Blüthenbäumen, rauschenden Waldbächen und bei allem Comfort des Schlosses dann vereinigten Bunde. Als das fast komische Thema von Klopstock wieder aufgenommen worden war, sagte der Bildhauer mit neckender Miene zu seinem Gegenüber, dem Assessor Bucher: Haben Sie denn je die Messiade gelesen? Nee! war die ehrliche offene Antwort. Dieselbe Verneinung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="46"/> Zeit der größten Aufregung, in der auch der Vater sich überwinden mußte, die Gestalt des Grafen Udo Treuenfels nicht nur in den Träumen und Phantasieen der Fieberkranken auftreten, sondern auch bei ihm persönlich anklopfen zu sehen und, mit der äußersten Dringlichkeit, mit wahrer Trauer und wenn die Nachrichten gut waren, mit unverstellter Freude nach dem Befinden des ihm so werthen Mädchens fragen, hatte bei Alledem die Vermählung mit Ada von Forbeck stattgefunden. Die Feier war im adligen Casino glänzend ausgefallen. Das junge Paar war sofort nach dem Süden abgereist und befand sich jetzt in Nizza. Es wollte, wenn es die Rückreise antrat, nach einem kurzen Aufenthalt in der Residenz sofort auf eines der Güter, wohin sich auch die verwittwete Gräfin und sogar (bei dieser Stelle der betreffenden Nachrichten pflegten gewöhnlich die Hörer ein langes Gesicht zu machen) die Frau Generalin zu begeben gedachte, letztere die Vierte in dem unter Blüthenbäumen, rauschenden Waldbächen und bei allem Comfort des Schlosses dann vereinigten Bunde.</p> <p>Als das fast komische Thema von Klopstock wieder aufgenommen worden war, sagte der Bildhauer mit neckender Miene zu seinem Gegenüber, dem Assessor Bucher: <ref xml:id="TEXTHabenSieBISgelesen" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLHabenSieBISgelesen">Haben Sie denn je die Messiade gelesen</ref>? Nee! war die ehrliche offene Antwort. Dieselbe Verneinung </p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0052]
Zeit der größten Aufregung, in der auch der Vater sich überwinden mußte, die Gestalt des Grafen Udo Treuenfels nicht nur in den Träumen und Phantasieen der Fieberkranken auftreten, sondern auch bei ihm persönlich anklopfen zu sehen und, mit der äußersten Dringlichkeit, mit wahrer Trauer und wenn die Nachrichten gut waren, mit unverstellter Freude nach dem Befinden des ihm so werthen Mädchens fragen, hatte bei Alledem die Vermählung mit Ada von Forbeck stattgefunden. Die Feier war im adligen Casino glänzend ausgefallen. Das junge Paar war sofort nach dem Süden abgereist und befand sich jetzt in Nizza. Es wollte, wenn es die Rückreise antrat, nach einem kurzen Aufenthalt in der Residenz sofort auf eines der Güter, wohin sich auch die verwittwete Gräfin und sogar (bei dieser Stelle der betreffenden Nachrichten pflegten gewöhnlich die Hörer ein langes Gesicht zu machen) die Frau Generalin zu begeben gedachte, letztere die Vierte in dem unter Blüthenbäumen, rauschenden Waldbächen und bei allem Comfort des Schlosses dann vereinigten Bunde.
Als das fast komische Thema von Klopstock wieder aufgenommen worden war, sagte der Bildhauer mit neckender Miene zu seinem Gegenüber, dem Assessor Bucher: Haben Sie denn je die Messiade gelesen? Nee! war die ehrliche offene Antwort. Dieselbe Verneinung
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/52>, abgerufen am 27.07.2024. |