Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.ausschließlich in Anspruch genommen (waren doch kaum für die seit vier Monaten zur Ruhe bestattete Gabriele Wolny die Skizzen ihres ihm ebenfalls übertragenen Monumentes fertig), auch eine heftige Erkrankung seiner Tochter Helene hatte ihn in Anspruch genommen. Kurz vor Weihnachten stellte sich bei dem lieblichen Kinde ein Nervenfieber ein, der ausgesprochene Typhus. Die feuchte Luft des großen Parks, innere Aufregung, Sorge um die Lebensauffassungen des Bruders, die ihr zu leicht erschienen, die wirklich erfolgte Verheirathung des Grafen, der sogar gewagt hatte, ihr von Liebe zu sprechen, ohne daß sie mehr dagegen konnte, als sich den Schein zu geben, seine Worte überhört zu haben, alles das kam zusammen, sie dem Tode nahe zu bringen. Der Bruder, der Vater, die Mutter wachten abwechselnd an ihrem Lager. Eine sogenannte Diaconissin mochte Althing nicht im Hause haben. Er haßte das Ordenskleid bei jedem, selbst edlem Zwecke. Da war denn Martha Ehlerdt ein wahrer Engel in der Noth geworden! Die treue Seele übernahm es, alle Liebesdienste den Angehörigen der Kranken, die Tage lang bewußtlos lag und Phantasiespiele trieb, abzunehmen, schlug muthig ihr Bett neben der im ansteckenden Fieber Liegenden auf und gönnte sich nur am Tage einige Stunden der Ruhe, um nicht selbst zu erkranken. Nach einer langen ausschließlich in Anspruch genommen (waren doch kaum für die seit vier Monaten zur Ruhe bestattete Gabriele Wolny die Skizzen ihres ihm ebenfalls übertragenen Monumentes fertig), auch eine heftige Erkrankung seiner Tochter Helene hatte ihn in Anspruch genommen. Kurz vor Weihnachten stellte sich bei dem lieblichen Kinde ein Nervenfieber ein, der ausgesprochene Typhus. Die feuchte Luft des großen Parks, innere Aufregung, Sorge um die Lebensauffassungen des Bruders, die ihr zu leicht erschienen, die wirklich erfolgte Verheirathung des Grafen, der sogar gewagt hatte, ihr von Liebe zu sprechen, ohne daß sie mehr dagegen konnte, als sich den Schein zu geben, seine Worte überhört zu haben, alles das kam zusammen, sie dem Tode nahe zu bringen. Der Bruder, der Vater, die Mutter wachten abwechselnd an ihrem Lager. Eine sogenannte Diaconissin mochte Althing nicht im Hause haben. Er haßte das Ordenskleid bei jedem, selbst edlem Zwecke. Da war denn Martha Ehlerdt ein wahrer Engel in der Noth geworden! Die treue Seele übernahm es, alle Liebesdienste den Angehörigen der Kranken, die Tage lang bewußtlos lag und Phantasiespiele trieb, abzunehmen, schlug muthig ihr Bett neben der im ansteckenden Fieber Liegenden auf und gönnte sich nur am Tage einige Stunden der Ruhe, um nicht selbst zu erkranken. Nach einer langen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="45"/> ausschließlich in Anspruch genommen (waren doch kaum für die seit vier Monaten zur Ruhe bestattete Gabriele Wolny die Skizzen ihres ihm ebenfalls übertragenen Monumentes fertig), auch eine heftige Erkrankung seiner Tochter Helene hatte ihn in Anspruch genommen. Kurz vor Weihnachten stellte sich bei dem lieblichen Kinde <ref xml:id="TEXTeinNervenfieberBISTyphus" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLeinNervenfieberBISTyphus">ein Nervenfieber ein, der ausgesprochene Typhus</ref>. Die feuchte Luft des großen Parks, innere Aufregung, Sorge um die Lebensauffassungen des Bruders, die ihr zu leicht erschienen, die wirklich erfolgte Verheirathung des Grafen, der sogar gewagt hatte, ihr von Liebe zu sprechen, ohne daß sie mehr dagegen konnte, als sich den Schein zu geben, seine Worte überhört zu haben, alles das kam zusammen, sie dem Tode nahe zu bringen. Der Bruder, der Vater, die Mutter wachten abwechselnd an ihrem Lager. Eine sogenannte Diaconissin mochte Althing nicht im Hause haben. Er haßte das Ordenskleid bei jedem, selbst edlem Zwecke. Da war denn Martha Ehlerdt ein wahrer Engel in der Noth geworden! Die treue Seele übernahm es, alle Liebesdienste den Angehörigen der Kranken, die Tage lang bewußtlos lag und Phantasiespiele trieb, abzunehmen, schlug muthig ihr Bett neben der im ansteckenden Fieber Liegenden auf und gönnte sich nur am Tage einige Stunden der Ruhe, um nicht selbst zu erkranken. Nach einer langen </p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0051]
ausschließlich in Anspruch genommen (waren doch kaum für die seit vier Monaten zur Ruhe bestattete Gabriele Wolny die Skizzen ihres ihm ebenfalls übertragenen Monumentes fertig), auch eine heftige Erkrankung seiner Tochter Helene hatte ihn in Anspruch genommen. Kurz vor Weihnachten stellte sich bei dem lieblichen Kinde ein Nervenfieber ein, der ausgesprochene Typhus. Die feuchte Luft des großen Parks, innere Aufregung, Sorge um die Lebensauffassungen des Bruders, die ihr zu leicht erschienen, die wirklich erfolgte Verheirathung des Grafen, der sogar gewagt hatte, ihr von Liebe zu sprechen, ohne daß sie mehr dagegen konnte, als sich den Schein zu geben, seine Worte überhört zu haben, alles das kam zusammen, sie dem Tode nahe zu bringen. Der Bruder, der Vater, die Mutter wachten abwechselnd an ihrem Lager. Eine sogenannte Diaconissin mochte Althing nicht im Hause haben. Er haßte das Ordenskleid bei jedem, selbst edlem Zwecke. Da war denn Martha Ehlerdt ein wahrer Engel in der Noth geworden! Die treue Seele übernahm es, alle Liebesdienste den Angehörigen der Kranken, die Tage lang bewußtlos lag und Phantasiespiele trieb, abzunehmen, schlug muthig ihr Bett neben der im ansteckenden Fieber Liegenden auf und gönnte sich nur am Tage einige Stunden der Ruhe, um nicht selbst zu erkranken. Nach einer langen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/51>, abgerufen am 23.07.2024. |